Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Modellvorhaben "Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere"

Sondergutachten

Ausgangssituation und Ziel

Das Stadtquartier hat eine entscheidende Rolle für die Zukunft der Städte. Dort werden im alltäglichen Leben die Auswirkungen des demographischen Wandels besonders spürbar. Im Interesse einer nachhaltigen Stadtentwicklung liegt es, das Zusammenleben aller Generationen in den städtischen Milieus zu unterstützen. Die Stadtquartiere sind für Kinder und Jugendliche, Familien und ältere Menschen als attraktiver Lebensraum zu sichern und weiterzuentwickeln.

Sondergutachten "Europäische Fallstudien für familien- und altengerechte Stadtquartiere"

Mit dem Sondergutachten "Europäische Fallstudien für familien- und altengerechte Stadtquartiere" soll aufgezeigt werden, welche quartierbezogenen Ansätze bereits im europäischen Ausland verfolgt werden, um diese Ziele zu erreichen. Es geht dabei nicht um einen allgemeinen stadtentwicklungspolitischen Diskurs, sondern um realisierte Projekte mit Quartiersbezug. Ziel ist es, übertragbare Lösungen für die drei Themenfelder "Gemeinschaftseinrichtungen im Quartier", "Gestaltung urbaner Freiräume" und "Attraktives Wohnen im Quartier" zu finden. Dabei dienen die jeweiligen landesspezifischen Rahmenbedingungen als Erklärungshintergrund. Vorzugsweise sollen themenfeldübergreifende Ansätze der Quartiersentwicklung identifiziert und ausgewertet werden.

Die zu recherchierenden konkreten Projekte und Maßnahmen sollen entsprechend dem Profil des Forschungsfeldes die vier zentralen Kriterien erfüllen:

  • Handlungsebene Stadtquartier
  • Nachbarschaft stärkender und Generationen zusammenführender Ansatz
  • interdisziplinäre, integrierende und Fachpolitiken übergreifende Umsetzung
  • innovativer Charakter

Methodischer Ansatz

Mit dem Gutachten wurde das Städtebau-Institut, Universität Stuttgart beauftragt. Die Gutachtertätigkeit umfasst folgende Arbeitsschritte:

  • Im ersten1 Schritt werden über europäische Länderexperten für die drei Themenschwerpunkte Projektvorschläge sondiert. Dabei werden Länder berücksichtigt, die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen im Bereich der Nachbarschaftsentwicklung als Vorreiter gelten. Darüber hinaus ist eine Ergänzung um inspirierende Projekte aus weiteren Ländern vorgesehen.
  • Im zweiten Schritt werden rund 12 Fallstudien ausgewählt, die durch Vor-Ort-Recherchen (Begehungen, Befragungen von Nutzern/Bewohnern, Expertengespräche, etc.) detailliert analysiert werden.
  • In der dritten Phase werden die ausgewählten Fallstudien und ersten Ergebnisse in einem Workshop mit Länderexperten aus den Bereichen Stadtplanung und Stadtentwicklung, Freiraumplanung, Verwaltungsorganisation, soziale, kulturelle Infrastruktur, etc. rückgekoppelt und diskutiert.
  • Abschließend folgt eine vertiefende Analyse, die insbesondere die Übertragbarkeit von Vorgehensweisen und Ergebnissen im Fokus hat.

Im Herbst 2008 werden die Ergebnisse des Sondergutachtens im Rahmen der Bilanzveranstaltung zum Forschungsfeld der interessierten Fachwelt präsentiert.

Sondergutachten "Quartiersentwicklung und neue Technologien"

Nachbarschaftliches Zusammenleben aller Generationen entwickelt sich in den Städten in ihren Quartieren. Dort entfalten sich die Qualitäten des Wohnumfeldes und des öffentlichen Raumes. Viele öffentliche und private Angebote, die der Kommunikation und der Schaffung nachbarschaftlicher und soziokultureller Qualitäten dienen, sind auf das Stadtquartier orientiert. So spiegelt das alltägliche Leben im Stadtquartier ganz besonders die Auswirkungen des wirtschaftlichen und demographischen Wandels.

Damit kommt den Stadtquartieren in mehrfacher Hinsicht eine besondere Aufgabe bei der Entwicklung der Städte und Gemeinden zu. Als attraktiver Lebensraum für Kinder, Familien und Ältere müssen sie erhalten und weiterentwickelt werden. Dies kann aber nur gelingen, wenn ihre Stärken und Schwächen ergründet und die räumlichen Bedingungen den sich wandelnden Interessen angepasst werden.

Können neue Technologien auf Quartiersebene dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen? Die vielfältigen Möglichkeiten in der Quartiersentwicklung werden seit Herbst 2007 im Rahmen des Forschungsfeldes in verschiedenen Modellvorhaben und Fallstudien experimentell umgesetzt und erprobt.

Dabei stehen solche Technologien im Fokus, die

  • räumlich relevant sind für den Einsatz auf Quartiersebene; dies umfasst das Spektrum von Stadtteil, Wohnumfeld, Nachbarschaft und Gebäude;
  • für die alltägliche Nutzung durch die Bewohner angemessen und geeignet sind; dies verlangt nach technischer Reife und allgemeiner Verfügbarkeit;
  • einen innovativen Gehalt für den alltäglichen Gebrauch haben; dies schließt bereits selbstverständliche bzw. sehr verbreitete Maßnahmen aus.

Grundsätzlich umfassen die Maßnahmen auf Quartiersebene folgende Bereiche:

  1. Kommunikation im Quartier: Vernetzung und Kommunikation spielen auch auf Quartiersebene eine immer wichtigere Rolle und können durch neue Technologien befördert werden. Der sinnvolle Einsatz neuer Technologien kann die Bildung von Nachbarschaften befördern.
  2. Sicherheit in der Nachbarschaft: Stadtquartiere für Bewohner aller Altersgruppen und Lebensphasen durch Sicherheits- und Nachbarschaftsdienste attraktiver zu gestalten, kann die Lebensqualität und die "Verweildauer" im Quartier maßgeblich steigern.
  3. Technologie im Freiraum: Der Freiraum kann durch Informations- und Kommunikationsangebote für die Bewohner zu einem attraktiveren Ort der zwischenmenschlichen und nachbarschaftlichen Begegnung werden.
  4. Ressourceneffizienz: Aus Gründen des Umweltschutzes und angesichts der gestiegenen Energiekosten spielt die Ressourceneffizienz besonders in öffentlich nutzbaren Bereichen eine wichtige Rolle. Die selbstverantwortliche Nutzung öffentlicher Flächen und Gebäude durch die Bürger kann durch die intelligente Verknüpfung neuer Technologien erleichtert werden.

Zu dem letzten Thema sind die ExWoSt-Informationen 32/2 erschienen (siehe Rubrik "Veröffentlichungen" in der Marginalspalte).

Stadtquartiere der Zukunft - Studenten entwerfen ihr Stadtquartier

Was macht ein Stadtquartier attraktiv und vor allem für wen? Zwei naiv erscheinende wie ebenso zeitlose Fragen. Zeitlos, weil sich alle Planergenerationen mit den Antworten quälen. Naiv, weil die Fragestellung erwarten lässt, dass es eine einzige richtige Antwort gibt.

Wessen Zukunft ist gemeint – angesichts der vielen Wandlungsprozesse in Gesellschaft, Wirtschaft und Klima? Welche Rolle spielt dabei noch Planung? Was ist überhaupt noch planbar oder wenigstens kalkulierbar? Wie können wir die Stadtquartiere fit für die Zukunft machen? Wie viel Festigkeit und wie viel Offenheit sind zukunftsfähig?

Fragen über Fragen, deren Beantwortung wir nicht den erfahrenen oder selbst ernannten Experten überlassen dürfen. Eingespielte Routinen und eingefahrenes Wissen verstellen häufig den Blick auf das Mögliche und vermeiden Träume über das Wünschenswerte. Hier ist gerade die junge Generation gefordert. Sie wird aushalten müssen, was heute vorgeprägt wird.

Vor allem der fachliche Nachwuchs der planerischen Zunft hat eine hohe moralische Verpflichtung, auch wenn sie noch nicht in Positionen mit fachlicher Verantwortung stehen. Hier liegen das Potenzial für innovative Impulse und die Chance, es besser zu machen – zumindest in kritischen Auseinandersetzungen aus den Fehlern der Älteren zu lernen.

Wo, wenn nicht im Experimentellen Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt) sind Versuche und Versuchungen erwünscht, sogar gefordert. Umso dringender die Hoffnung, dass die frische Energie des fachlichen Nachwuchses Anstöße gibt, wie denn die Stadtquartiere der Zukunft aussehen sollen.

30 Studierende aus acht Universitäten haben sich zusammengefunden, um auf zwei Zukunftswerkstätten und einer Exkursion kritisch Bilanz zu ziehen und konkrete Utopien zu entwickeln.Als begleitender "Resonanzboden" wirkten die Hochschullehrer der kooperierenden Lehrstühle ebenso mit wie Experten aus der kommunalen Praxis der Modellvorhaben und des BMVBS/BBSR. Die fachöffentliche Präsentation vor über 200 Teilnehmern im BMVBS stellte den Höhepunkt des studentischen Beitrages für unkonventionelle Ideen zum Thema "Stadtquartiere der Zukunft" dar. Die Ergebnisse der studentischen Arbeiten machen Mut.

Schon im Entwurfsprozess hat sich herausgestellt, dass die jungen Kräfte unvoreingenommener und unkonventionell ans Werk gehen. Diese "Frischzellenkur" hat uns als routinierte Akteure der wissenschaftlichen Politikberatung gut getan. Zuweilen rief die kompromisslose Kreativität verschüttete Sehnsüchte wach. Erinnerungen an den Spontispruch "wer keine Lust am Träumen hat, hat keine Kraft zum Kämpfen" klangen an. Aber auch für die Studierenden erwies es sich erkennbar als lehrreich, ihre "konkreten Utopien" mit der spröden Wirklichkeit in ausgewählten Modellvorhaben zu erden.

So haben alle gewonnen: die in Routine versunkenen alten Experten in Büros und Behörden und die jungen Experten an den Hochschulen. Damit ist im Prozess der kollegialen Zusammenarbeit genau das eingetreten, was wir für das Forschungsfeld "Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere" intendieren, nämlich das fruchtbare Zusammenspiel von Jung und Alt im Interesse einer gemeinsamen Zukunft. Auch in der städtebaulichen Praxis sind Projekte von Jung und Alt wichtige Ressourcen der Stadtentwicklung.

Der Schlüssel für eine Rückbesinnung auf städtische Lebensweisen liegt in attraktiven Stadtquartieren, lebenswert für alle Menschen. Letztlich entscheidet sich in ihnen die Zukunftsfähigkeit unserer Städte. Die Studierenden des Projektes "Innovationen für Stadtquartiere der Zukunft" haben interessante Lösungswege aufgezeigt. Ihre optimistisch stimmenden Arbeiten sind Anlass zur Freude darüber, dass die Zukunft in unseren Städten und Stadtteilen lebenswert sein wird.

Zugehörige Projekte

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