Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Modellvorhaben "Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere"

Fallstudie "Nachbarschaftszentrum Grone-Süd"
Göttingen – Grone (Niedersachsen)

Eckdaten
Stadt124.000 EW
Stadtquartier4.500 EW
QuartierstypGroßsiedlung
KreistypVerdichteter Kreis
LageStadtrand
präg. Baualter60er/70er Jahre
SozialdatenAlte: 14%
Zuwanderer: 23%
Arbeitslose: 31%
Träger/EigentümerGemeinnütziger Trägerverein
FörderungSoziale Stadt

1. Kontext

Das Quartier "Grone-Süd" ist eine typische Neubausiedlung der 60er und 70er Jahre. 4.500 EinwohnerInnen und damit ca. 40 % der Bevölkerung des Ortsteils Grone wohnen in Grone-Süd, das in der Stadt Göttingen zu den benachteiligten Stadtquartieren zählt. Die Indikatoren hierfür sind eine im Vergleich zur Gesamtstadt überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit, ein überdurchschnittlicher Anteil nichtdeutscher Haushalte sowie ein erheblicher Anteil von Kindern im Sozialhilfebezug. Steigender Wohnungsleerstand, Vandalismus und Verwahrlosung des öffentlichen Raumes sowie Mängel im Wohnumfeld prägten über Jahre das Bild des Stadtteils. Das Angebot an sozialer Infrastruktur blieb hinter dem Bedarf zurück. 1999 wurde Grone-Süd auf Antrag der Stadt Göttingen in das Programm Soziale Stadt aufgenommen. Auf der Basis eines Integrierten Handlungskonzeptes zur Stadtteilerneuerung wurden seitdem zahlreiche Maßnahmen zur Aufwertung des Stadtteils umgesetzt.

2. Konzept (Generationen, Quartier)

Als Antwort auf die sozialen Probleme und nachbarschaftlichen Konflikte im Quartier wurde 1999 auf Initiative der Stadt Göttingen das Nachbarschaftszentrum Grone in fünf leer stehenden Erdgeschosswohnungen eines 10-geschossigen Hochhauses eingerichtet. Um eine breite Verankerung im Stadtteil zu gewährleisten, wurde für die Übernahme der Trägerschaft ein Verein aus den bereits im Stadtteil aktiven Wohlfahrtsverbänden und den drei Groner Kirchengemeinden gegründet. Das Nachbarschaftszentrum hat sich seitdem zu einer wichtigen Anlaufstelle im Stadtteil entwickelt. Das Angebot umfasst Beratungsangebote, wie beispielsweise einen stadtteilbezogenen Job-Markt, Bildungsangebote, wie Sprach- und Computerkurse, sowie Freizeit- und Begegnungsangebote in Form von größtenteils ehrenamtlichen organisierten Kursen. Mit der Aufnahme Grone-Süds in das Programm Soziale Stadt eröffnete sich die Möglichkeit, ein neues Gebäude für das Nachbarschaftszentrum zu errichten, das durch eine zentralere stadträumliche Lage und ein auf das Nutzungskonzept abgestimmtes Raumprogramm neue Nutzungsqualitäten und Nutzergruppen erschließen soll. Mit dem Umzug in das neue Gebäude ist eine stärkere Orientierung auf den Mehrgenerationenansatz geplant. Eine große Diele als Empfangsbereich soll Möglichkeiten für offene Begegnung bieten. Drei Gruppenräume lassen sich zu einem großen Veranstaltungsraum zusammenlegen, um das Nachbarschaftszentrum zukünftig auch für kulturelle Veranstaltungen nutzen zu können.

3. Innovationen

Um die Identifikation der BürgerInnen mit dem neuen Nachbarschaftszentrum zu fördern und neue Zielgruppen zu erschließen, wurde das Konzept für den Neubau in einem partizipativen Planungsprozess entwickelt. Der Neubau in zentraler Lage im Stadtteil ist ein wichtiger Baustein zur Stärkung des Quartierszentrums. Das Grundrisskonzept wurde an die Anforderungen des Mehrgenerationenansatzes angepasst. Die Kooperation zwischen Kommune und einem freien, lokalen Träger sichert die Verankerung der Gemeinschaftseinrichtung im Stadtteil und trägt ebenfalls zur Identitätsbildung im Quartier bei.

4. Ziele

  • Förderung von Nachbarschaft und sozialer Integration
  • Öffnung des Nachbarschaftszentrums für alle Generationen
  • Stärkung des Quartierszentrums

5. Maßnahmen/Verfahren

Als Basis für die Projektplanung wurden in einem projektbezogenen Arbeitskreis aus VertreterInnen der Stadt, des Trägervereins und des Quartiersmanagements die unterschiedlichen Möglichkeiten der räumlichen Unterbringung des Nachbarschaftszentrums - von Erhalt des Status Quo über Umnutzung vorhandener Räumlichkeiten bis zum Neubau eines Nachbarschaftszentrums - vor dem Hintergrund der konzeptionellen Zukunftsperspektiven diskutiert. Die Neubauvariante wurde von allen beteiligten Akteuren im Konsens ausgewählt. Auf der Basis einer städtebaulichen Expertise wurden verschiedene Standortvarianten erörtert. Anforderungen an das Raumprogramm wurden ebenfalls gemeinsam mit allen Projektbeteiligten formuliert. In einem ersten Bürgerworkshop wurden die Vorstellungen und Wünsche, die vor Ort mit einem neuen Nachbarschaftszentrum verbunden werden, zusammengetragen. In einem zweiten Workshop wurde das künftige Betriebskonzept des neuen Nachbarschaftszentrums diskutiert. Ziel beider Workshops war es, die Basis für eine breite Akzeptanz des neuen Nachbarschaftszentrums als Ort der Begegnung und Integration im Stadtteil zu erwirken.Darüberhinaus sollten Anregungen und Anstöße für Bürgerengagement im Rahmen des Betriebes des neuen Stadtteilzentrums gegeben werden. In einem von der Stadt Göttingen organisierten "kooperativen Gutachterverfahren" wurden Ideen und Entwürfe für ein neues Gebäude entwickelt. Die Entwürfe wurden auf einem Planungsworkshop im Stadtteil der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Jury aus Vertreterinnen und Vertretern des Stadtteils, des Vereins Nachbarschaftszentrum, der Stadtverwaltung und des Quartiersmanagements wählte schließlich den besten Entwurf aus und formulierte inhaltliche Anregungen für die weitere Umsetzung.

6. Finanzierung/Förderung/Kosten

Die Gesamtkosten für den Bau des Nachbarschaftszentrums belaufen sich auf 1,54 Millionen Euro (inclusive Grunderwerb und Gestaltung der Freibereiche) und werden aus Städtebauförderungsmitteln sowie mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Die Einrichtung wird von einer hauptamtlichen Leiterin geführt, die durch weitere projektbezogen engagierte Honorarkräfte sowie ehrenamtliche Kräfte unterstützt wird. Die Kosten des Betriebes werden aus kommunalen Mitteln und über unterschiedliche Projektförderungen finanziert.

7. Neue Technologien

Die Nutzung von Kommunikations- und Informationstechnologien im Rahmen der Nachbarschaftsarbeit soll ausgebaut werden.

8. Projektstand

Die Grundsteinlegung für das neue Nachbarschaftszentrum wurde Ende März im Stadtteil gefeiert. Die Fertigstellung ist für Februar 2007 eplant.

9. Akteure/Beteiligte

Im Prozess der Planung waren beteiligt: Stadt Göttingen mit Fachbereich Soziales/ Sozialplanung, Fachdienst Stadt- und Verkehrsplanung, Fachdienst Stadtgrün sowie der Verein Nachbarschaftszentrum Grone e.V. (Caritas, AWO, Diakonieverband und Paritätischer Göttingen, die drei Groner Kirchengemeinden), Quartiersmanagement sowie Bürgerinnen und Bürger

Ansprechpartnerin:
Renate Kornhardt
Stadt Göttingen
Sozialplanung
Telefon: 0551 / 400-2938

10. Gender-Relevanz

Bei dem Projekt gibt es keine besonders hervorzuhebenden Gender-Aspekte.

11. Wechselbeziehungen Wohnen : Freiflächen : Gemeinschaftseinrichtungen

Im Zusammenhang mit dem Bau des Nachbarschaftszentrums werden die angrenzenden Freiflächen zu einem "Bürgerpark" umgestaltet, der auch für Stadtteilfeste nutzbar sein soll. Zusammen mit dem ebenfalls benachbarten, neu gestalteten zentralen Quartiersplatz wird die Mitte des Quartiers akzentuiert und erheblich aufgewertet.

12. Besonderheiten /Anmerkungen

Fallstudie.
Projekttyp Konzeptionelle Weiterentwicklung.

Das Projekt ermöglicht mit dem Umzug in ein neues Gebäude den direkten Vergleich der Vor- und Nachteile beziehungsweise der Auswirkung unterschiedlicher baulich-räumlicher Voraussetzungen auf die inhaltliche Ausrichtung und tatsächliche Benutzung.

13. Weiterführende Informationen

Keine.

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