Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Modellvorhaben "Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere"

Fallstudie "Urbane Freiräume in der Werkbundsiedlung Wiesenfeld"
München (Bayern)

Eckdaten
Stadt1.317.933 EW
Stadtquartier55.231 EW
QuartierstypBlockrand, Zeile
Planung: Punkthaus
KreistypKernstadt
LageInnenstadtrand
präg. BaualterEnde 19. Jahrhundert teils 50er Jahre
Sozialdaten>65-Jährige: 20,3%
<15-Jährige: 4,43%
Zuwanderer: 21,7%
Sozialhilfeempfänger: k. A.
Träger/EigentümerStadt München, Einzelmitglieder der AG Werkbundsiedlung, München als Erwerber und Entwickler
FörderungKeine Sonderförderung

1. Kontext

Anlässlich des 100-Jährigen Bestehens des Deutschen Werkbundes hat sich der Deutsche Werkbund Bayern e.V. zum Ziel gesetzt, in München eine Werkbundsiedlung zu errichten. Das Projekt der Werkbundsiedlung Wiesenfeld sucht Antworten auf die Frage nach dem Wohnen der Zukunft in der Stadt. Unter dem Eindruck der zunehmenden Auflösung der traditionellen Trennung von Berufs- und Privatleben und der Verbreitung neuer Medien wird nach wegweisenden baulichen Lösungen im Kontext eines neuen Stadtquartiers gesucht. Der Werkbund Bayern e.V. hat zusammen mit gemeinnützigen, genossenschaftlichen und freien Unternehmen der Münchner Wohnungswirtschaft sowie einem Gewerbeinvestor die "AG Werkbundsiedlung
München" als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Aus einem 2005/2006 durchgeführten Wettbewerbsverfahren ging der Entwurf des Büros Sakamoto (Tokio) als Gewinner hervor. Das zukünftige Areal der Werkbundsiedlung Wiesenfeld befindet sich im Münchner Stadtbezirk Schwabing-West südlich des Olympiaparks und umfasst eine Fläche von circa 5,5 ha. Bei der Fläche handelt es sich um die ehemalige Luitpold-Kaserne, deren Bestandsgebäude in Teilen erhalten werden. Im Stadtteil überwiegt die Altersgruppe der 18- bis 65jährigen. Familien mit Kindern sind eher unterrepräsentiert. Der Typus des Ein- oder Zweipersonenhaushaltes jüngeren und mittleren Alters tritt dagegen bislang besonders häufig auf.

2. Konzept (Generationen, Quartier)

Der städtebauliche Entwurf stellt ein neues Modell für einen stadttypisch gemeinschaftlichen Wohnbau dar. Er basiert auf der flexiblen Figur eines "Inselplans" und sieht Wohnbauten mit verschiedenen Höfen und Volumina vor. Es wird eine Stadtlandschaft mit reichlich Grün und differenzierten Gebäuden geschaffen. Damit entstehen besondere Anforderungen an eine
innovative Gestaltung der Freiräume. Nach dem Leitmotiv "Designing the Distance" (Bauwelt 06/06) soll deshalb ein Modell entwickelt werden, das den Schwerpunkt auf den Raum zwischen den Gebäuden legt.

3. Innovationen

Neue Schnittstellen im Wohnumfeld

Konzeptionelle Einführung sozialräumlich differenzierter Freiflächenangebote als private Hausgärten, Gemeinschaftsgärten und öffentliches Grün in einer an die Moderne angelehnten städtebaulichen Struktur mit hoher Dichte und fließenden Räumen. Programmatischer Gegenentwurf zum Raumgefüge "Straße-Blockrand-Hof-Platz" der "klassischen" europäischen Stadt. Überwiegende Belegung der Erdgeschosse mit gewerblichen und öffentlichen Nutzungen.

4. Ziele

"Förderung einer integrierenden Qualität dichten urbanen Lebens" (Hannes Rössler, 1. Vorsitzender des Deutschen Werkb. Bayern e.V.) sowie die Aufgabe "der absehbaren Veränderungen im Wohnen der Menschen planerisch zu berücksichtigen und Ideen in realen Bauten zu sammeln und zu erproben….. und das nachbarschaftliche Miteinander als Ersatz für die abnehmende Familienbande zu fördern." (Prof. Christiane Thalgott, Stadtbaurätin der Stadt München). Verschiedene soziale Schichten sollen wieder zusammen leben - integriert, nicht segregiert, alt und jung vernetzt und wieder voneinander lernend.

5. Maßnahmen/Verfahren

Beschränkter Realsierungswettbewerb mit vorgeschaltetem internationalem Bewerbungsverfahren (35 Teilnehmer). Qualitätssicherung durch Moderation des Entwurfs- und Bauprozesses
bis zur Fertigstellung durch Werkbund und Gestaltungsbeirat. In der Veranstaltung Werkbundtage sollen Architekten, Städteplaner, Soziologen und Ökologen Aspekte zeitgenössischen, innerstädtischen Wohnens diskutieren.

6. Finanzierung/Förderung/Kosten

Die Arbeitsgemeinschaft Werkbundsiedlung München tritt bei der Stadt München als Verhandlungs- und Verfahrenspartner auf. Sie erwirbt weder Baugrundstücke noch tritt sie als Bauherr auf. Es ist vorgesehen, dass die Baugrundstücke durch die einzelnen Mitglieder der AG direkt von der Stadt erworben werden. Die Realisierung der Gebäude und Freianlagen soll durch die einzelnen Bauherren erfolgen. Das Vorhaben soll unter ‚Normalbedingungen’, also abgesehen vom staatlich geförderten Wohnungsbau, ohne finanzielle Sonderfördermittel realisiert werden. Die Einhaltung dieses Förderrahmens wir seitens des Werkbunds als Voraussetzung gesehen, dass die neue Siedlung für die Kultur des Bauens und Wohnens in der Stadt auch über München hinaus ein vorbildliches Zeichen setzt. Die Kosten des Wettbewerbs wurden durch die Bauherren getragen.

7. Projektstand

Nach einer ersten Überarbeitung des 1. Preisträgers des städtebaulichen Entwurfs durch das prämierte Büro Sakamoto, erarbeiten die zwölf Gewinner der Wettbewerbskategorie "Exemplarisches Wohnhaus" Testentwürfe für einzelne Baufelder. Auf dieser Grundlage wird der städtebauliche Entwurf nochmals überprüft. Parallel hierzu schafft die Stadt München Baurecht. Ziel der derzeitigen Planungsphase ist die Bildungen von Gemeinschaften und Architekten mit Zuordnung der konkretisierten Entwürfe auf zugehörige Baufelder. Der Werkbund hat Verträge mit den Wohnungsbaugesellschaften geschlossen, in denen auch städtebauliche und architektonische Kriterien festgelegt sind. Wenn die formulierten Ansprüche erreicht werden,
bekommt die Siedlung das Gütesiegel Werkbundsiedlung.

Beginn der Vorarbeiten: Frühjahr 2007
Baubeginn: Ende 2007
Fertigstellung: 2009/10.

8. Akteure/Beteiligte

Stadt München, Gestaltungsbeirat, Arbeitsgemeinschaft Werkbundsiedlung München GbR: "Deutscher" Werkbund Bayern e.V., München
Bauhaus München GmbH & Co.KG
Concept Bau, Projektentwicklung und Wohnungsbau GmbH
GBWAG, Bayerische Wohnungs-Aktiengesellschaft
GEWOFAG, GWG Gemeinnützige Wohnstätten- und Siedlungsgesellschaft mbH
Südhausbau Verkaufsgesellschaft mbH, WOGENO München eG, Christoph Fisser

Ansprechpartner:

Herr Böhm
Geschäftsstelle Arbeitsgemeinschaft Werkbundsiedlung
München
Tel.: 089-4477123

9. Gender-Relevanz

Das Thema "Sicherheit im öffentlichen Raum" soll in besonderem Maße berücksichtigt werden.

10. Wechselbeziehungen Wohnen : Freiflächen : Gemeinschaftseinrichtungen

Enge Verzahnung von Wohnfunktionen, Gemeinschaftseinrichtungen und Freiflächenpotenzialen. Schwerpunktbelegung von Erdgeschosszonen mit gebäudebezogenen öffentlichen und gemeinschaftlichen Einrichtungen."Designing the Distance" mit dem Anspruch eines offenen, aber differenzierten Konzepts für den öffentlichen Raum.

11. Besonderheiten/Anmerkungen

Der städtebauliche Entwicklungsansatz wird in der Fachwelt kontrovers diskutiert. Im Zentrum der Diskussion steht die Frage, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um die innovativen Kräfte des Entwurfs zur Entfaltung zu bringen und der Gefahr zu entgehen, mit der vorgeschlagenen Grundstruktur assoziierte Fehler der Moderne zu wiederholen. Im Rahmen des Forschungszeitraum (2007-2008) wird die Beobachtung des Planungs- und baulichen Umsetzungsstadiums im Mittelpunkt stehen. Die Projektstruktur und die Wirksamkeit von Entscheidungen zur Qualifizierung des Entwurfs und Sicherung der Projektziele sollen Hinweise auf die Übertragbarkeit inhaltlicher Standpunkte und struktureller Rahmenbedingungen geben.

12. Weiterführende Informationen

  • Ergebnisdokumentation: Wettbewerb Werkbundsiedlung Wiesenfeld, Sonderheft Wettbewerbe aktuell.
  • Deutsche Bauzeitung 06/06, Kommentar: Heitere Baukunst für urbanes Leben
  • Bauwelt 06/06, Wettbewerbe.
  • Detail Heft 6: Poetisches Experiment, Werkbundsiedlung Wiesenfeld.

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