Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Ludwigshafen: Alten gerechtes Wohnen in der Pfingstweide

Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere - Modellvorhaben

Eckdaten
Stadt168.217 EW
Stadtquartier6.221 EW
QuartierstypGroßsiedlung
KreistypKernstadt
Lagerandstädtisch
präg. Baualter1970er Jahre
Sozialdaten>60-Jährige: 26,0%
Zuwanderer: 15,0%
Arbeitslose: 12,0%
Träger/EigentümerLUWOGE – Das Wohnungsunternehmen der BASF, 16% Eigentumswohnungen
Förderungkeine


Das Projekt

Kontext

Die Pfingstweide liegt im Norden der Stadt Ludwigshafen. Insgesamt befinden sich im Stadtteil 2.500 Geschosswohnungen überwiegend in Hochhäusern der 1970er Jahre und 300 Einfamilienhäuser. Ein Drittel der Geschosswohnungen befindet sich im Besitz der LUWOGE – dem Wohnungsunternehmen der BASF. Eine Befragung unter den Bewohnern im Jahr 2002 machte deutlich, dass neben der ursprünglichen Hauptzielgruppe "junge Familien" verstärkt auch die Bedürfnisse der alteingesessenen Bewohner in der Großsiedlung berücksichtigt werden müssen. Ein Großteil der Alteingesessenen ist über 65 Jahre und möchte auch im Alter in der angestammten Wohngegend bleiben. Hierbei spielen altersgerechte Wohnangebote, ein entsprechendes Wohnumfeld, Angebote an Serviceleitungen und sozialer Infrastruktur eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund initiierte die LUWOGE im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für das Wohngebiet das Projekt "Allengerechtes Wohnen in der Pfingstweide".

Konzept

In Zusammenarbeit mit der BauWohnberatung Karlsruhe (BWK) wurde das Konzept des Projektes "Allengerechtes Wohnen in der Pfingstweide" erarbeitet, dem zwei Schwerpunkte zu Grunde liegen: der Aufbau von Service-Einrichtungen im Quartier sowie die Realisierung von neuen Wohnformen. Ziel ist es, den Wohnungsbestand der 1970er Jahre, der zunehmend unter einem schlechten Image und damit steigendem Leerstand leidet, zielgruppenadäquat aufzuwerten.

Dazu wurden im Jahr 2008 barrierefreie, anpassungsfähige Wohnungen im Bestand geschaffen, sowie ein Pflegedienstleister in das Quartier eingebunden. Im Bereich der sozialen Infrastruktur sind somit professionelle Hilfeleistungen, Alltagshilfen und Beratungsangebote direkt vor Ort abrufbar, ergänzt um Infrastrukturangebote für Jung und Alt.

Für die Umsetzung des Konzeptes ist die Kommunikation und Kooperation mit den Bewohnern und lokalen Akteuren von großer Bedeutung. Aber auch die Kommunikation nach außen in die Stadt bzw. die Region spielte hier in Bezug auf eine Imageverbesserung eine Rolle.

Die Aktivierung der Bewohner und die Kommunikation im Stadtviertel wird durch den Aufbau eines Bewohnertreffs mit LUWOGE- Netzwerkerin, Concierge und Netzwerkerbüro sowie mit der Internetplattform www.pfingstweide.de verstärkt und gefördert. Um alle Quartiersvertreter zu erreichen, wurden bereits in der Konzeptphase Workshops und Veranstaltungen durchgeführt. Auch der 2009 in Gang gesetzte Vereinsgründungsprozess für das "Pfingstweide-Netz – Ein Netzwerk von und für Bewohner" wird von der LUWOGE durch regelmäßige Veranstaltungen und Moderation begleitet.

Haus Noah

Das Schlüsselprojekt im Modellvorhaben ist das "Haus Noah". Das Konzept sieht verschiedene Wohnformen für Jung und Alt in einem Hochhaus der 1970er Jahre vor. Ziel ist es, alle Generationen über differenzierte Stockwerkkonzepte zusammenzuführen, die gegenseitige nachbarschaftliche Hilfe zu fördern und die Bewohner gleichzeitig in den Stadtteil zu integrieren. Dienstleistungs- und Freizeitangebote ergänzen die Idee. Selbstständiges Wohnen bis ins hohe Alter macht das Betreuungskonzept durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Kreisverband Vorderpfalz e.V., möglich. Das DRK bietet eine umfangreiche Auswahl an Leistungen, welche die Bewohner von Haus Noah nach Bedarf in Anspruch nehmen können.

Betreute Stockwerksgemeinschaften für Pflegebedürftige

Der barrierefreie Umbau der ersten beiden Stockwerke und die Betreuungsangebote vor Ort ermöglichen älteren Menschen auch bei zunehmender Immobilität und Pflegebedarf in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben zu können und bieten damit eine Alternative zum frühzeitigen Heimaufenthalt. Insgesamt stehen in dieser betreuten Stockwerksgemeinschaft ca.630 m² zur Verfügung: 12 eigenständige Wohneinheiten für Alleinstehende oder Paare (1-3 ZKB-Varianten, 22-85 m²) und zahlreiche Gemeinschaftsflächen mit insgesamt über 100 m². Jeder Bewohner verfügt über eine eigene Wohnung mit barrierefreiem Bad, Wohnbereich und Küche oder Pantryküche. Für die täglichen, über das DRK organisierten Zusammenkünfte, werden auch die Gemeinschaftsbereiche mit angegliederter Küche genutzt. Das Deutsche Rote Kreuz begleitet die Stockwerksgemeinschaft wochentäglich drei Stunden. Angeboten werden zum Beispiel gemeinsames Frühstück, Sitzgymnastik, Kaffee- und Kuchen- oder Spielnachmittage. Dieses DRK-Betreuungskonzept wird wie im Betreuten Wohnen üblich über einen an den Mietvertrag gekoppelten Dienstleistungsvertrag mit dem Seniorendienstleister DRK sichergestellt.

Durch die verschiedenen räumlichen sowie auch inhaltlich organisierten Angebote haben die Bewohner jederzeit die Möglichkeit, Zeit gemeinsam zu verbringen oder sich in den eigenen privaten Bereich zurückzuziehen.

Stockwerksgemeinschaft als "Wahlverwandtschaft"

Speziell für Familien, junge Alte (Generation 50plus) oder Alleinstehende, die gegenseitige nachbarschaftliche Hilfe schätzen, wurde im Haus Noah eine weitere Stockwerkgemeinschaft im neunten und zehnten Obergeschoss konzipiert. Insgesamt zehn Wohneinheiten ermöglichen ein barrierefreies Wohnen in der eigenen Wohnung (1-3 ZKB-Varianten, 40-85 m2) mit Kochnische/Küche. Zusätzlich existiert ein großzügiger Gemeinschaftsraum mit Gemeinschaftsküche, die von allen Bewohnern genutzt werden können. Durch die "neue Wahlverwandtschaft" kann hier das notwendige Netzwerk des Miteinanders entstehen, auf dem basierend ein gemeinschaftliches Leben im Alter funktionieren soll. Bei Bedarf an nachbarschaftlichen, hauswirtschaftlichen oder pflegerischen Leistungen können die Dienstleister, die im Erdgeschoss für das gesamte Haus zur Verfügung stehen, einbezogen werden.

Professionelle Unterstützung durch Netzwerkerin

Um das Miteinander im Stadtteil zu fördern, werden so genannte Kümmerer vor Ort eingesetzt. Die Entwicklung von Netzwerken, der Aufbau von Strukturen nachbarschaftlichen Engagements und die Initiierung nachbarschaftlicher Kommunikation werden von einer Sozialarbeiterin, der Pfingstweide-Netzwerkerin und der Concierge im "Haus Noah" übernommen.

Neben dem Netzwerker-Büro mit angegliedertem Concierge-Bereich im Eingangsbereich des Haus Noah ist ein generationenübergreifender Nachbarschaftstreff als Anlaufstelle von Bewohnern für Bewohner entstanden, der als Plattform für bürgerschaftlich organisiertes Miteinander dient. Die Schwerpunkte des Bewohnertreffs liegen beim Austausch von Informationen, generationenübergreifender Nachbarschaftshilfe, Seniorenarbeit sowie interkultureller Zusammenarbeit. Mit dem Bewohnertreff und dem Netzwerker-Büro mit Concierge wurde ein wichtiger Baustein für eine künftige aktive Quartierskommunikation gelegt.

Prozesssteuerung

Der Träger des Projektes ist das BASF-Wohnungsunternehmen LUWOGE. Die Projektbegleitung, der Umbau des Mehrfamilienhauses, sowie die Arbeit der Netzwerkerin und der Concierge werden durch das Wohnungsunternehmen finanziert. Inklusive der ExWoSt-Fördersumme vom Bund investiert die LUWOGE in den Jahren 2007 bis 2009 rund 3 Millionen Euro in das Projekt.

Wohnungsinteressenten können bei der LUWOGE im Stadtteil Pfingstweide als auch im Haus Noah sowohl mieten als auch kaufen. Jedoch werden die neuen Wohnformen in den beiden Stockwerkskonzepten (Betreute Wohngruppe und 50plus-Gruppe) nur zur Miete angeboten, um die Belegung steuern zu können. Der Findungsprozess von "passenden" Mietern wird durch eine professionelle Moderatorin unterstützt. Nur Interessenten, die von ihrer Einstellung für das Wohnprojekt geeignet erscheinen, werden der bisherigen Gruppe von Mietern vorgestellt. Ein sensibler Umgang bei der Belegung der Stockwerksgemeinschaften ist für die Gemeinschaft und Nachhaltigkeit des Projektes von großer Bedeutung. Die Belegung der betreuten Wohngemeinschaft im ersten und zweiten Obergeschoss erfolgt darüber hinaus in Abstimmung mit dem Pflegedienstanbieter DRK.

Erfahrungen und Übertragbarkeit

In dem Modellvorhaben Ludwigshafen wird deutlich, dass Wohnungsunternehmen durch innovative Ansätze Bestände, die bereits Vermarktungsprobleme hatten, mit zielgruppenspezifischen Angeboten aufwerten und Leerstände vermeiden können. Hierzu ist nicht nur die bauliche Aufwertung entsprechend der Bedarfe der Nachfrager notwendig, hierzu müssen auch soziale Belange berücksichtigt werden. Die Einstellung einer Netzwerkerin, die die Vernetzung von Akteuren und Bewohnern und das gemeinschaftliche Miteinander stärkt, bietet Sicherheit für das Quartier und eine Aufwertung für das Projekt Haus Noah.

Gute Erfahrungen wurden zudem mit dem Wohnansatz "Stockwerksgemeinschaften" gemacht. Auch wenn dieses Konzept überwiegend ältere Menschen anspricht, entstehen stabile Gruppen und Gemeinschaften im Haus, die den einzelnen Bewohnern Sicherheit im Alter bieten. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die Belegung der neuen Wohnformen in der Anfangsphase sehr sensibel zu steuern. Wenn für die einzelnen Stockwerksgemeinschaften ein "gemeinschaftliches Wohnen" und nicht nur ein "Nebeneinanderwohnen" erreicht werden soll, ist zu Beginn des Prozesses die Unterstützung durch eine Moderation ratsam.

Kontakt

LUWOGE GmbH
Tanja Hahn
Brunckstraße 49
67063 Ludwigshafen
Telefon: +49 621 60-52104
tanja.hahn@basf-ag.de

Alle Modellvorhaben des Projekts

Liste der Modellvorhaben

Zugehörige Projekte

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