Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Stadtentwicklungsfonds in Deutschland

Veranstaltungen

1. Projektwerkstatt in Potsdam am 10. Februar 2009

Die erste Projektwerkstatt im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfelds "Stadtentwicklungsfonds in Deutschland" fand am 10. Februar 2009 bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) in Potsdam statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Auswahl von Pilotprojekten für die Umsetzung von Stadtentwicklungsfonds in den verschiedenen Modellvorhaben.

Im bisherigen Entwicklungsprozess ist deutlich geworden, dass die Auswahl von geeigneten Projekten einen entscheidenden Schritt für die Umsetzung eines Stadtentwicklungsfonds darstellt, da erst anhand der ausgewählten Projekte die Rahmenbedingungen für die Fondskonstruktion abgeleitet werden können. Dementsprechend haben die Modellvorhaben mit besonderem Aufwand die Suche und Auswahl von Pilotprojekten verfolgt.

Einführung in die Projektwerkstatt

Nach der Begrüßung durch den Gastgeber Herrn Stenger (ILB) gab Herr Dr. Jakubowski (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, BBR) eine kleine inhaltliche Einführung in die Thematik. Er verdeutlichte, dass die zur Aufnahme in die einzelnen Stadtentwicklungsfonds vorgeschlagenen Projekte im Mittelpunkt der Veranstaltung stünden und die durch den Erfahrungsaustausch gewonnenen Erkenntnisse zu den unterschiedlichen Ansätzen in den Modellvorhaben den Umsetzungsprozess der Stadtentwicklungsfonds beschleunigen würden. Die Europäische Investitionsbank (EIB) unterstütze ebenfalls diese Bemühungen.

Anschließend stellte Herr Prof. Dr. Nadler die Rahmenbedingungen des Auswahlprozesses und der Projektanforderungen aus Sicht der Forschungsassistenz vor. Es gebe zwei verschiedenen Herangehensweisen an die Umsetzung von Stadtentwicklungsfonds: im top-down-Ansatz werden Fondsstruktur, -tätigkeit und -ausstattung vorab festgelegt und dazu passende Projekte gesucht. Im bottom-up-Ansatz werde die Fondsstruktur aus einem Portfolio an entwicklungspolitisch relevanten Projekten abgeleitet. Neuralgischer Punkt bei beiden Ansätzen sei aber immer die Auswahl an geeigneten Projekten, da die genaue Ausgestaltung der ausgewählten Projekte (Projektportfolio) immer auch Auswirkungen auf die Fondsgestaltung habe (s. Abbildung). Für die Erstellung des Projektportfolios müssten eine Reihe unterschiedlicher Vorgaben berücksichtigt werden: inhaltlich müssten die Projekte dem Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung entsprechen, formal müssten sie in integrierte Stadtentwicklungspläne eingebunden sein und Rückflüsse erwirtschaften. Für die finanzwirtschaftliche Betrachtungsweise seien darüber hinaus auch der Kapitalbedarf und die mögliche Wirkung der eingesetzten Instrumente (Garantien, Darlehen, Eigenkapital) von großer Bedeutung für die Projektauswahl. Entsprechend der immobilienwirtschaftlichen Systematik von A-, B- und C-Projekten eignet sich für eine Förderung durch einen Stadtentwicklungsfonds die Gruppe der B-Projekte.

Modellvorhaben Nordrhein-Westfalen

Als erstes der Modellvorhaben stellten Herr Dr. Heyer und Herr Wucherpfennig den derzeitigen Sachstand des Modellvorhabens Nordrhein-Westfalen vor. Bei der Projektsuche wurden zur Erfassung der Nachfrageseite Projekttypen in Flächenentwicklungen, Zwischenerwerbfinanzierungen (Grundstück oder Gebäude) und Hochbaumaßnahmen (Sanierung/Neubau oder impulsgebende Einzelmaßnahme) unterschieden. Es wurde ebenfalls nach abgeschlossenen und laufenden Projekten getrennt, die Gebietskulisse für den EFRE-Mitteleinsatz geprüft, Rentierlichkeitsberechnungen durchgeführt, die verschiedenen Risiken geschätzt und bewertet und dagegen die stadtentwicklungspolitische Bedeutung gesetzt. Nordrhein-Westfalen habe sich nun für je ein Projekt pro unterschiedenem Projekttyp festgelegt und ein weiteres zur ex-post-Analyse aufgenommen. In einem Workshop mit den kommunalen Vertretern der bestimmten Projekte seien die Rahmenbedingungen für die Fondskonstruktion (schlankes Fondsmanagement, Kombinationsmöglichkeit mit anderen Fördermitteln, geringer Verwaltungsaufwand, etc.) diskutiert worden. Zur Analyse der Angebotsseite wurde die Risikobewertung durch Kreditinstitute in den Vordergrund gerückt, die häufig über Sicherheiten, Bonitäten und Cashflows abgewickelt werden. Eine Klärung der Risikoverteilung auch im direkten Bezug zu den Projekten werde mittels eines weiteren Workshops mit auf der örtlichen Ebene einzubindenden Kreditinstituten verfolgt.

Modellvorhaben Hamburg-Wilhelmsburg

Frau Aval stellte fünf Hamburger Projekte vor, die derzeit als mögliche Projekte für den Stadtentwicklungsfonds Hamburg-Wilhelmsburg in Betracht gezogen werden. Es handele sich dabei zum einen um die Umnnutzung einer nicht genutzten Bunkeranlage in ein Kraftwerk, in dem mittels nachhaltiger Technik (Solaranlage, Blockheizkraftwerk) Strom und Wärme erzeugt werde, die zur Versorgung des benachbarten Quartiers dienen sollen. In diesem sogenannten "Weltquartier" sollen außerdem über 800 Wohnungen modernisiert, umgestaltet und den heutigen Bedürfnissen angepasst werden. Am Rande dieses Quartiers solle darüber hinaus ein ungeordnetes Gebiet mit Kleinstgewerbebetrieben und Garagen einer geordneten Nutzung durch lokale ethnische Ökonomien zugeführt werden (Weltgewerbehof), wobei auch auf die Bewältigung von Nutzungskonflikten zwischen Wohnen und Gewerbe geachtet werde. Zum anderen stünden auch verstärkt Bildungseinrichtungen im Blickpunkt einer möglichen Förderung. Ein Zentrum für lokale Ökonomie, Beratung und Qualifizierung solle nach Beseitung der Altlasten und Revitalisierung einer Brachfläche Raum für Aus- und Weiterbildung, Unternehmensgründungen und Produktion bieten. Im Bildungszentrum "Tor zur Welt" würden Schulen und weitere soziale Einrichtungen unter einem Dach vereint.

Modellvorhaben Brandenburg

Herr Hermannek erläuterte das Vorgehen im Modellvorhaben Brandenburg, bei dem Stadtentwicklungsprojekte, die im Rahmen von Integrierten Stadtentwicklungskonzepten identifiziert wurden, mittels Kommunaldarlehen gefördert werden sollen. Diese Projekte müssen auch nach der Richtlinie zur nachhaltigen Stadtentwicklung förderfähig sein, eine ausreichende Wirtschaftlichkeit (v.a. hinsichtlich der maßnahmenbezogenen Nettoeinnahmen) aufweisen und von einer leistungsfähigen Kommune verfolgt werden. Es seien bereits drei für eine Förderung durch den Stadtentwicklungsfonds Brandenburg in Frage kommende Projekte identifiziert worden: Potsdam-Speicherstadt (Entwicklung einer innenstadtnahen Brachfläche mit Wasserlage), Hauptbahnhof in Brandenburg/Havel (Gebäudeaufwertung mit neuen Nutzungen inkl. Umfeldgestaltung) und Keksfabrik Neuruppin (Brachenreaktivierung innerhalb einer städtischen Blockstruktur).

Modellvorhaben Rheinland-Pfalz

Herr Prof. Hiller präsentierte den Entwicklungsstand des Stadt- und Strukturentwicklungsfonds Rheinland-Pfalz anhand der in Frage kommenden Projekte und der Langfristperspektive eines offenen Publikumsfonds. Der Fonds ergänze die "klassischen" Werkzeuge der Stadt- und Regionalentwicklung und sorge für eine effektivere und dauerhafte Finanzierungsmöglichkeit für Stadtentwicklungsmaßnahmen. Die zehn in Betracht gezogenen Projekte ließen sich einerseits thematisch (Konversionsprojekte, Technologieentwicklung) und andererseits räumlich (regionale Strategien, innerstädtische Entwicklung) unterscheiden, private Projektpartner seien bereits für alle Projekte identifiziert. Für die weitere Entwicklung müsse die Fondslösung auf die rheinland-pfälzischen Verhältnisse eingestellt werden, v.a. hinsichtlich der Bedingungen des privaten Kapitaleinsatzes und der Etablierung des revolvierenden Systems.

Modellvorhaben Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)

Herr Spiekermann erläuterte die Grundzüge des KfW-Stadtentwicklungsfonds und den aktuellen Entwurf des für die Projektidentifikation entwickelten Scoringmodells. Das Modell solle nach Fertigstellung per Internet für die Projektantragsteller zur Verfügung gestellt werden. Es basiere auf der Bewertung des Projektes/der Immobilie selbst (20 %), dessen/deren Lagequalität (50 %) und dem Projektentwicklungsstand (30 %) und basiere auf der Einschätzung von mehreren einzelnen Indikatoren. Der KfW-Stadtentwicklungsfonds könne die anderen Modellvorhaben bei der Umsetzung ihrer Fonds unterstützen und dessen ausgereichte Mittel dabei sogar als Kofinanzierung der Länderprojekte dienen.

Diskussion

In einer von Herrn Dr. Jakubowski geleiteten abschließenden Diskussion wurden die von den Modellvorhaben vorgestellten Projekttypen, -träger und -laufzeiten vor dem Hintergrund des Zusammenspiels von städtebaulichen und finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen diskutiert. Dabei nahmen die Vertreterinnen und Vertreter der Modellvorhaben die Möglichkeit wahr, sich detaillierter über die Ansätze und Entwicklungen in den anderen Modellvorhaben zu informieren, aus der eigenen Sicht Entwicklungsvorschläge zu machen und Hinweise zu geben und sich über das weitere Vorgehen abzustimmen (v.a. im Hinblick auf die nötige Klärung von Rechtsfragen).

Zugehörige Projekte

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