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Jugendliche erforschten und gestalteten ihr Quartier über verschiedene Workshops und setzten kleine Projekte mit Hilfe eines "Jugendfonds" um. Ein leer stehendes Ladenlokal im Quartier wurde zur Arbeit vor Ort genutzt und im Laufe des Projekts zum soziokulturellen Kristallisationspunkt der jungen Bevölkerung im Quartier. Basis der Projektarbeit war ein Empowerment-Ansatz, der langfristige Strukturen zur jugendlichen Selbsthilfe aufbaute: Jugendliche gaben einander Unterstützung in der Verwirklichung ihrer Ideen.
Angaben zu Projekt und Ort
Stadt
Erfurt (203.000 Einwohner), Thüringen
Ort
verschiedene Stadtteile
Projektebene
Quartier
Träger
Plattform e.V.
Kooperationspartner/
Akteure
Klanggerüst e.V.
Zielgruppe(n)
Jugendliche von 14 bis 18 Jahren; Jugendliche mit Migrationshintergrund
Methoden
Jugendfonds, Workshops, Raumaneignung von Ladenlokalen, Audioguide, Foto- und Videodokumentation, Stadtteilzeitung
Bezugspunkte
Zwischennutzung, Leerstand, Selbstorganisation
Konzept
Junge Menschen wurden in der Erfurter Stadtentwicklung bisher kaum gehört und stellten auch im Rest der Stadt eher eine Randgruppe unter Rechtfertigungsdruck dar. Das Projekt zielte im Jahr 2009 durch seine verschiedenen Bausteine auf die nachhaltige Aktivierung Jugendlicher und junger Erwachsener, sich in den Quartieren Johannesvorstadt, Andreasvorstadt und Ilversgehofen zu engagieren und damit ein Bewusstsein für diese zu schaffen. Weiterhin sollten Impulse für ein dauerhaftes Umdenken in Hinblick auf Jugendbeteiligung in Erfurt gegeben werden. Der Schwerpunkt des Modellvorhabens lag in 2010 auf der Verstetigung dieses programmatischen Ansatzes. Das Projekt sollte mit seinen Akteuren besser im Netzwerk des Stadtteils eingebunden werden und der erfolgreiche Ansatz des lokalen Fonds für kleine Jugendprojekte inhaltlich sowie vom Umfang her ausgeweitet werden. Die Nutzung leer stehender Ladenlokale sollte weiter verfolgt und die Bespielung und Nutzung von Frei- und Brachflächen angeregt werden. Die beteiligten Jugendlichen sollten im Sinne eines Empowerment-Ansatzes befähigt werden, zukünftig ihre Projekte selbst zu organisieren und anderen Jugendlichen Hilfestellung bei der Verwirklichung ihrer Ideen zu geben. Hierdurch sollte die Fortführung des Ansatzes auch über die Förderung als Modellvorhaben sichergestellt werden. Metaziel war die Realisierung eines kommunal getragenen Jugendfonds ab dem Jahr 2011.
Eine alte Villa wird von Jugendlichen zum Tonstudio und zu Proberäumen für Bands umgestaltetQuelle: Florian Müller
Die Aktivierung der Jugendlichen erfolgte durch die Einrichtung eines Jugendfonds. Mit diesem hatten junge Bewohner des Quartiers die Möglichkeit, unkompliziert Ressourcen für die Umsetzung ihrer eigenen Ideen zu erhalten. Der installierte Jugendfonds wurde fast vollständig ausgeschöpft. Die Mikroprojekte reichten von kulturellen Veranstaltungen über Selbsthilfewerkstätten bis hin zur baulichen Unterstützung eines selbstverwalteten Jugendmusikzentrums oder der Aktivierung einer Brachfläche als Ort eines Kulturfestivals.
Das "offene Wohnzimmer", ein leer stehendes Ladenlokal, stellte den räumlichen Rahmen für die Projektarbeit, die Vernetzung der Akteure und für die Entwicklung kreativer Projekte vor Ort dar. Mit Hilfe der Ausschreibung von Fördermitteln zu den Themenbereichen temporärer Nutzung von Freiflächen und leer stehenden Ladenlokalen – parallel zum bestehenden Jugendfonds – wurde die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema Stadtentwicklung sowohl der Jugendlichen als auch der außen stehenden Bürger und Entscheidungsträger im Erfurter Norden angeregt. Durch verschiedene von Jugendlichen initiierte Projekte, z.B. einem Musik- und Kunstfestival auf einer Brachfläche, mehreren Kurzfilmwanderungen durch den Stadtteil, der Gestaltung zum Abriss freigegebener Hausfassaden, der Freigabe von Mauern für legale Graffiti-Kunst oder der Nutzung eines leer stehenden Ladenlokals für ehrenamtlich organisierte Kurse jeglicher Couleur zeigten die Jugendlichen, dass eine kreative (Um-)Nutzung der Stadt möglich und weniger aufwendig ist als vielleicht erwartet.
Durch die Einbindung des Projektes in das bestehende Netzwerk von Institutionen, Vereinen, Interessenverbänden und anderen wichtigen Akteuren wurden die Wahrnehmung und die Anerkennung des Projekts gesteigert. Die Bildung und Qualifizierung einer peer-to-peer Unterstützungsstruktur, die Einbindung bestehender und im Zielgebiet aktiver Organisationen und nicht zuletzt eine engere Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Erfurt stellen wichtige Markierungspunkte auf dem Weg zu einer integrierten, auf die soziokulturellen Stärken eines Stadtteils ausgerichteten Beteiligungsstrategie der Stadt dar. Eine strategische und vor allem verbindliche Jugendbeteiligung in der Stadt Erfurt ist im Jahr 2010 jedoch noch nicht gelungen.
Umgestaltete leerstehende Läden als offene Wohnzimmer für alleQuelle: Florian Müller
Das Modellvorhaben zeigte auf beeindruckende Weise die Impulswirkung von Fondsmodellen auf der Quartiersebene. Weiterhin machte es deutlich, welche Rolle eine lokalräumliche Basis – in diesem Fall das Ladenlokal – für die Aktivierung der jugendlichen Akteure im Quartier hat. Interessant ist die Ausweitung des Ansatzes auf Freiflächen, die aufgrund des kurzen Zeitraumes und des höheren Aufwandes nur wenige Male von den Jugendlichen in Anspruch genommen wurde, hier aber mit großem Erfolg. Vorbildfunktion hat die Empowerment-Strategie mit dem Ziel, Jugendliche zu selbstständigen Akteuren bei Formulierung und Umsetzung von Projektideen werden zu lassen. Die Festivals und Ereignisse haben die Stadtteilkultur öffentlich gemacht und ein Netzwerk junger engagierter Menschen entstehen lassen.