Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Jugendliche im Stadtquartier

Veranstaltungsdokumentation

Tagung - "Jugend macht Stadt" am 26.10.2010 in Berlin

Mit der Tagung "Jugend macht Stadt" wurden das ExWoSt-Forschungsfeld "Jugendliche im Stadtquartier" und der Jugendfonds "Jugend bewegt Stadt" am 26.10.2010 einer breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt. Dabei kamen nicht nur (erwachsene) Fachleute, Entscheidungsträger und Projektleute zu Wort, sondern auch Jugendbotschafter aus den Modellvorhaben. Den Rahmen bildete das beeindruckende Ambiente des Kraftwerks Mitte in Berlin und der dortigen Ausstellung "REALSTADT – Wünsche als Wirklichkeit".

Nach der Begrüßung durch Manfred Hilgen, Leiter des Referats SW 23 Stadtumbau Ost und West des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), gaben Stephanie Haury und Stephan Willinger als Projektleiter im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) eine Einführung in das Forschungsfeld "Jugendliche im Stadtquartier" sowie in den Jugendfonds "Jugend bewegt Stadt" und skizzierten die bisherigen Ergebnisse. In ihrem Beitrag wurde die Vielfalt und Intensität der bundesweiten Modellvorhaben deutlich. Ob temporäre Bauten und Interventionen, Beteiligung an städtischen Planungen, Eroberung von Brachen und Ladenlokalen – die Beteiligungsmöglichkeiten von Jugendlichen in der Stadtentwicklung sind vielfältig und können den Städten neue Impulse geben. Ein Zusammenschnitt von Filmen aus den Modellvorhaben vermittelte anschließend lebendige Impressionen über die Themen- und Methodenvielfalt der einzelnen Projekte.

Wie solch ein Projekt konkret aussehen kann, zeigten Marco Clausen und Robert Shaw als Projektleiter des Modellvorhabens "Stadtsafari 2.0" in Berlin anschließend in ihrer multimedialen Performance gemeinsam mit Jonathan und Mary zwei im Projekt beteiligte "Junior Guides". Zur Stadtsafari 2.0 waren Jugendliche in Kreuzberg im Jahr 2009 eingeladen worden, um ihren Stadtteil zu erkunden, Ideen zu entwickeln und temporäre Projekte zu installieren. Besonders erfolgreich war dabei der Einsatz älterer Jugendlicher als Projektleiter, die als "Junior Guides" zu den jüngeren Jugendlichen einen besseren Zugang fanden. Mit ihrem zur Tagung erstellten Film und Song machten die Projektteilnehmer der Stadtsafari deutlich: "Hebe Deine Hände - und mach was in Deiner Stadt!"

In seinem Vortrag "Jugendliche Aktivitäten und Realitäten der Stadtplanung - Auf dem Weg vom Modellprojekt zum Alltag?" setzte sich Prof. Dr. Klaus Selle von der RWTH Aachen anschließend mit Chancen, Grenzen und Stolpersteinen der Jugendbeteiligung auseinander. In seinem Vortrag stellte er die Frage, wie die unterschiedlichen Realitäten von Jugendlichen und Stadtplanung zusammenpassen – das Konkrete und das Abstrakte, das Machen und das Abwägen, das Spontane und das Langwierige. Sein Resümee: Konkrete Projekte in überschaubaren Zeiträumen sind besonders für die Mitarbeit von Jugendlichen in der Stadtplanung geeignet – vorausgesetzt, dass das Teilhabeangebot die Interessen der Jugendlichen trifft und Spaß macht, und dass die Beteiligung seitens Politik und Verwaltung wirklich ernst gemeint ist. In einer Checkliste nannte er abschließend die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Jugendbeteiligung: Jugendliche müssen Ernst genommen werden, man muss ihnen auf Augenhöhe begegnen und verlässliche, attraktive Angebote machen. Dafür braucht es, so Klaus Selle, Wegbereiter mit "Feuerseele", die dafür brennen, Beteiligung möglich zu machen.

Im Anschluss kamen Jugendbotschafter und -botschafterinnen aus den bundesweiten Modellvorhaben selbst zu Wort. Souverän holten Momo Streim, Jacqueline Meinrenken, Helen Georg und Madina Ataya zu Fragen, die sie zuvor gemeinsam in einem Workshop erarbeitet hatten, ein Meinungsbild aus dem Publikum ein. Fragen nach mehr Eigenverantwortung, Unterstützung und Hindernissen bei ihrem Engagement in der Stadt zeigten die Themen auf, die den Jugendlichen auf dem Herzen liegen. Ihr Statement: "Wenn kein Interesse der Stadt an der Jugend besteht, kann es keine lebenswerte Zukunft geben!" brachte eine rege Diskussion unter den Tagungsteilnehmern in Gang.

Der Einstieg in den Nachmittag erfolgte mit der Vorstellung eines zweiten Modellvorhabens, Neben dem Tagungsraum hatte das Team des Projektes "Mellowpark" in Berlin drei Stationen aufgebaut, die den Werdegang des Projektes verdeutlichten. Jens Werner, Projektleiter des Mellowparks, Klaus Overmeyer vom Studio UC als Moderator sowie Prof. Dr. Gerd Schmidt-Eichstaedt als planungsrechtlicher Berater erläuterten die drei wichtigsten Phasen des Projektes: von der informellen Aneignung einer Gewerbefläche durch Skater über die Etablierung des Skaterparadieses zum Mellowpark bis hin zur Räumung des vorhandenen Geländes und Umzug des Mellowparks auf eine größere Ersatzfläche und der sukzessiven Aneignung und Nutzung durch die Jugendlichen. Des Weiteren skizzierten sie Herausforderungen und Ansätze zur planungsrechtlichen Sicherung einer sich beständig verändernden, ihrem Charakter nach informellen Nutzung und machten das Spannungsfeld zwischen jugendlicher Nutzung und planerischen Anforderungen deutlich.

In folgenden Gespräch zum Jugendfonds "Jugend bewegt Stadt" interviewte die Moderatorin Ulrike Rose Vertreter aus drei Modellstädten des Jugendfonds "Jugend bewegt Stadt"- Thorsten Dahl aus Schleswig, Bernd Jacobs aus Hannover sowie Sabine Kremer-Wolz aus Dillingen - zu ihren Projekten und gemachten Erfahrungen. Mit dem Fonds wurden Mikroprojekte zum Thema Sport und Bewegung gefördert, die von Jugendlichen selbst entwickelt und umgesetzt werden. Auch hier zeigte sich eine große Bandbreite von Möglichkeiten, Jugendliche konkret und eigenverantwortlich in die Stadt- und Quartiersentwicklung einzubeziehen: von der Brachflächenaktivierung über Mikroprojekte in Wohnquartieren und Innenstädten bis hin zur Verknüpfung mit dem Thema Mobilität durch die Bespielung von Stadträumen einer zentralen Buslinie wie im Beispiel Hannover.

In dem anschließenden Vortrag skizzierte Staatssekretär Rainer Bomba seinen Blick auf "Jugend macht Stadt" und betonte, dass ihm dieses Thema ein besonderes Anliegen ist. Mit seiner Frage an das Tagungspublikum, welche Erwartungen an das Bundesministerium gestellt werden, regte er eine rege Diskussion an, in der auch die anwesenden Jugendbotschafter zu Wort kamen. Im Ergebnis regte der Staatssekretär an, diesen direkten Dialog zwischen Ministerium, Jugendbotschafter und (erwachsenen) Experten in einem Arbeitskreis fortzuführen.

Die anwesenden Jugendbotschafter waren auch die Protagonisten des darauf folgenden Programmpunktes. In einer Podiumsdiskussion interviewten Sherina Maczkowski, Mareike Thomas, Niklas Neemann und Robien Schmidt Entscheidungsträger aus Bund, Land und Kommune: Manfred Hilgen, Leiter der Abteilung SW 23 (Stadtumbau Ost und West) im BMVBS, Christian Kuthe, Referatsleiter Städtebau und Bauleitplanung im Niedersächsischen Sozialministerium sowie Cornelia Zuschke, Stadtbaurätin der Stadt Fulda. Ausgehend von der persönlichen Frage, wie die Interviewten selbst ihre Jugend in der Stadt verbracht hatten, entstand ein reger Dialog darüber, was sich auf welcher Ebene verändern muss, damit Jugendliche in ihrer Stadt aktiv werden können. Die Überwindung bürokratischer Hindernisse, Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Jugend und Verwaltung sowie Spielräume für Neues waren dabei die wichtigsten Themen.

Den Abschluss der Tagung bildete ein kurzer Rückblick und Ausblick von Oda Scheibelhuber, Abteilungsleiterin im BMVBS, die das besondere Interesse des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung am Thema Jugendliche und Stadtentwicklung zum Ausdruck brachte.

Programm der Tagung (>> weitere Informationen)

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