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Wiederentdeckung der Eisenbahnstraße – Sanierung einer 1950er Jahre-Geschäftsstraße in Alt-Saarbrücken unter Berücksichtigung der gestalterischen Eigenarten
Die Eisenbahnstraße in SaarbrückenQuelle: Lars-Christian Uhlig, BBSR, Bonn
Das Erscheinungsbild der Stadt Saarbrücken ist geprägt von Baubeständen aus der Nachkriegszeit: 40 % aller Gebäude stammen aus den 1950er und 1960er Jahren. Heute werden Reparaturen und Sanierungen aufgrund gestiegener Anforderungen an Wärme- und Schallschutz notwendig. Neue Techniken und Materialien zerstören häufig sowohl Details am Einzelgebäude als auch die Wirkung des Gesamtensembles. Dabei haben Kommunen kaum Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Qualität der privat durchgeführten Sanierung bzw. deren architektonische und städtebauliche Wirkung.
Das Modellvorhaben der Landeshauptstadt Saarbrücken hat bezweckt, exemplarisch am Beispiel der Eisenbahnstraße Lösungswege zu erarbeiten, wie die prägende Bausubstanz der 1950er-Jahre qualitätvoll, unter Einhalten moderner Qualitätsstandards sowie besonderer gestalterischer Qualitäten des Bestands, weiterentwickelt werden kann. Zentrales Anliegen war die Erarbeitung eines Gestaltungs- und Sanierungsleitfadens.
Die Eisenbahnstraße wurde auch deshalb für dieses Vorhaben ausgewählt, weil dieser Straßenzug aufgrund seiner Funktion als eine der zentralen Einkaufsstraßen in Alt-Saarbrücken in der Wiederaufbauphase entsprechend bewusst gestaltet worden war; hierzu zählen als Besonderheit die für Saarbrückens Geschäftsstraßen typischen Kolonnaden. Zudem liegt die Eisenbahnstraße in dem Gebiet, dessen öffentlicher Straßenraum im Rahmen des Großprojektes "Stadtmitte am Fluss" ohnehin aufgewertet und neugestaltet werden sollte.
Gestaltungs- und Sanierungsleitfaden für die Eisenbahnstraße in SaarbrückenQuelle: Stadt Saarbrücken
In einem ersten Schritt analysierten Mitarbeiter/innen des Stadtplanungsamtes der Landeshauptstadt Saarbrücken die gestalterischen Qualitäten der Eisenbahnstraße sowie deren architektur- und zeitgeschichtliche Einordnung. Gebäude, Fassadendetails und Farben wurden nach intensiver Recherche in einer fotorealistischen 3D-Visualisierung erfasst und der Öffentlichkeit vermittelt. In einem zweiten Schritt wurden durch die intensive Untersuchung eines Musterhauses in Kooperation mit Fachexperten Lösungsansätze für die modulare energetische Sanierung unter Beibehaltung der gestalterischen Qualitäten der Gebäudebestände entwickelt und diskutiert. Die praxistauglichen Lösungen wurden anschließend im Gestaltungs- und Sanierungsleitfaden "Die Modernen 50er" dargestellt, der sich in seiner Darstellungsweise vor allem an die Immobilienbesitzer und Bewohner wendet.
Über die gesamte Laufzeit des Projekts fand eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit statt. Neben der Ausstellung "Wiederentdeckung der 50er und frühen 60er Jahre" dienten u.a. fachlich geführte Rundgänge, eine Vortragsreihe, öffentliche Informationsveranstaltungen und die Entwicklung eines Flyers zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit.
Projektablauf SaarbrückenQuelle: SSR - Schulten Stadt- und Raumentwicklung, Dortmund
Die Landeshauptstadt Saarbrücken erarbeitete mit dem Modellvorhaben Wege, Gebäude der 1950er und 1960er Jahre zu modernisieren, energetisch aufzuwerten und gleichzeitig im Charakter des Erscheinungsbilds zu erhalten. Die im Zusammenhang mit der Aufwertung des öffentlichen Raums im Saarbrücker Stadtzentrum (Konzept "Stadtmitte am Fluss") geführte öffentliche Diskussion bewirkte eine veränderte Wahrnehmung auch der Bausubstanz in der Eisenbahnstraße. Insbesondere resultierte aus Kooperation und Beratung zwischen Kommune und privaten Hauseigentümern eine steigende Wertschätzung der Eigentümer für die gestalterischen Qualitäten ihrer Immobilien.
Darüber hinaus konnte ermittelt werden, wie die modulare Sanierung in das erweiterte Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für Gebäude "mit besonders erhaltenswerter Bausubstanz" aufgenommen werden kann. Mit dem Modellvorhaben ist ein Netzwerk an Mitwirkenden entstanden, das über die öffentliche Verwaltung hinaus in Kammern, Verbände und Banken, aber auch in Unternehmen der Bauwirtschaft reicht (z.B. Architekturbüros, Baugewerke, Energieberatung). Dieses Netzwerk soll im Weiteren dazu beitragen, die gewonnenen Erkenntnisse auch in Form des Gestaltungs- und Sanierungsleitfadens zu verbreiten.