Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Berlin: Modellvorhaben "Mikrokosmos Gartenstadt Atlantic"

Leitprojekte "Kooperation konkret":

Stadt / Stadtteil: Berlin (ca. 3,4 Mio. Einwohner), Bezirk Mitte, Ortsteil Gesundbrunnen (ca. 86 000 Einwohner)

Bundesland: Berlin

Quartier / Quartierstyp: Zentral gelegene, denkmalgeschützte Wohnanlage in Blockrandbebauung mit 49 Gebäuden und ca. 500 Wohn- und 25 Gewerbeeinheiten.

Projektträger: Lichtburg-Stiftung, eine gemeinnützige, rechtsfähige und öffentliche Stiftung des bürgerlichen Rechts (Sitz in München)

Kooperationspartner: Lernwerkstätten "Zauberhafte Physik", "Kunst / Museum", "Klingendes Museum" sowie, Neue Medien- und Theaterwerkstatt "Junge Lichtburg" und Lichtburgforum

Projektprofil: Schaffung von Bildungszugängen in einem sozial benachteiligten Quartier und Förderung der Integration durch die Verbindung von Hoch- mit Kiezkultur sowie die Verknüpfung von Kultur mit Sozialem und materiellen bzw. ideellen Dienstleistungen.


Ausgangslage

Die Gartenstadt Atlantic im Berliner Bezirk Mitte, Ortsteil Gesundbrunnen (ca. 86.000 Einwohner) wurde zwischen 1925 und 1930 gebaut, um guten Wohnraum zu bezahlbaren Mieten zu schaffen: Mitten in der Stadt mit einer großzügigen Innenhofgestaltung, mit Licht, Luft und Sonne für alle Wohnungen, einer guten Verkehrsanbindung und vielfältigen Versorgungs- und Infrastrukturangeboten. Anders als die meisten sozialen Wohnanlagen wurde die Gartenstadt Atlantic nicht genossenschaftlich oder staatlich, sondern von einem jüdischen Eigentümer privat finanziert und betrieben. Herzstück der Siedlung war das damals weltberühmte Großkino "Lichtburg". Die "Lichtburg" wurde den Ersteigentümern auch nach 1949 nicht zurück erstattet und 1970 abgerissen. Nach der Teilung Berlins lag die Gartenstadt Atlantic direkt an der Sektorengrenze auf westlicher Seite, was den Austausch, die Bewegung und ein lebendiges Umfeld stark einschränkte. Im Jahr 2000 übernahmen der Enkel des Gründers und seine Frau als neue Eigentümer die Wohnanlage und modernisierte sie grundlegend. Zugleich wurde ein Gewerbekonzept entwickelt, das unter den veränderten Rahmenbedingungen überlebensfähig erschien. Als Reaktion auf die vielfältigen sozialen Problemlagen in der denkmalgeschützten Siedlung und im umgebenden Quartier wurde in Zusammenhang mit der Sanierung der Mikrokosmos Gartenstadt Atlantic etabliert. Dieses Kultur-, Lern- und Integrationsprojekt bietet den Mietern, Kindern und Jugendlichen aus benachbarten Quartieren sowie Bildungseinrichtungen innovative Kunst-, Kultur- und naturwissenschaftliche Projekte. Träger des Projektes ist die gemeinnützige Lichtburg-Stiftung.

Ziele

Der Mikrokosmos Gartenstadt Atlantic ist ein interkulturelles Projekt, das von der Lichtburg-Stiftung umgesetzt wird. Es hat zum Ziel, im sozial benachteiligten Quartier Gesundbrunnen ein qualitativ hochwertiges künstlerisches, musisches und naturwissenschaftliches Angebot für Kinder und Jugendliche zu schaffen, um sie zu stärken und ihnen Zugänge zu Themen zu eröffnen, die sich ihnen ansonsten vermutlich nicht erschließen würden. Zugleich wird damit ein Beitrag zu einer sozialen Quartiersentwicklung geleistet. 

Zentrale Anliegen im Modellvorhaben waren die inhaltliche Erweiterung des Konzepts, die weitere Vernetzung sowie die dauerhafte organisatorische und finanzielle Verstetigung der Angebote über öffentliche und private Finanzierungsquellen. Dieser Prozess wurde durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit – gemeinsam mit den Kooperationspartnern – abgerundet.

Von besonderem Interesse ist darüber hinaus die Fragestellung, wie es einer Stiftung gelingt, zugunsten einer sozialen Quartiersentwicklung erfolgreich Mittel zu bündeln und zu kooperieren.

Beispielhaft bündeln!

Die Lichtburg-Stiftung ist eine private Stiftung, deren Grundkapital durch den Eigentümer der Gartenstadt Atlantic geschaffen wurde. Die Stiftung hat das Grundverständnis, innovative Bildungsangebote für benachteiligte Kinder und Jugendliche zu entwickeln und nach ihrer Bewährung an öffentliche Einrichtungen zu übergeben. So nutzt die Stiftung ihre Freiheit als private Einrichtung, neue Ansätze zu erproben und als gemeinnützige Organisation dafür weitere finanzielle Mittel zu mobilisieren.

Für den Aufbau von Strukturen und die Entwicklung und Umsetzung ihrer Projekte wirbt die Stiftung seit mehr als zehn Jahren erfolgreich öffentliche und private Mittel ein. Die Erfahrung zeigt, dass die von Unternehmen eingeworbenen Mittel in der Regel flexibler eingesetzt werden können als öffentliche Mittel. Darüber hinaus entfalten sowohl private Mittel als auch öffentliche Finanzmittel vielfach Synergien. Der persönliche Einsatz des Stifterehepaares, des Koordinators und des Teams stellt das wichtigste Kapital für die erfolgreiche Mittelakquisition dar. Eine gewisse Prominenz des Stifters ist ebenso hilfreich wie die Einbindung in Netzwerke von Entscheidern.

Mit den Zuwendungen aus dem ExWoSt-Forschungsfeld Leitprojekte "Kooperation konkret" wurden u.a. die Weiterentwicklung verschiedener Lernwerkstätten, die Entwicklung neuer Angebote sowie Teile der Öffentlichkeitsarbeit mit gefördert. Weiterer Fördergegenstand war die Verstetigung von Angeboten, wie sie sich z. B. in der Kooperationsvereinbarung mit dem Berliner Senat für Bildung und Wissenschaft niederschlägt, der die Lernwerkstätten der Stiftung als kreative Bildungsorte für Kindergärten und Grundschulen nutzt.

Beispielhaft kooperieren!

Die Lichtburg-Stiftung ist sehr gut in lokale und auch bundesweite Kultur-, Sport- und Bildungsnetzwerke eingebunden. Eine formale Netzwerkstruktur existiert nicht. Vielmehr nutzen die Akteure der Stiftung bedarfsorientiert die vorhandenen Kontakte und bieten sich insbesondere Künstlern als Kooperationspartner und Unterstützer an, um neue Angebote für Kinder und Jugendliche in der Gartenstadt umzusetzen. Diese Kooperationsarbeit macht eine ständige Vor-Ort-Präsenz notwendig, die u.a. durch einen Projektkoordinator gewährleistet wird.

Schlussfolgerungen

Die Lichtburg-Stiftung zeigt, dass die Bündelung von öffentlichen und privaten Mitteln für Kultur-, Sport- und Bildungsangebote für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen auch durch eine private Stiftung gelingen kann. Allerdings erweist sich der Umgang mit öffentlichen Förderprogrammen in der Praxis als aufwändig, weil Zuwendungen häufig mit erheblichen Auflagen verbunden sind und seitens der Förderinstitutionen Sorge vor Doppelförderungen oder nicht adäquater Mittelverwendung besteht. Die Erfahrungen aus dem Modellvorhaben zeigen auch, dass Zuwendungen und Spenden für bauliche Investitionen oder einzelne Projekte einfacher zu beschaffen sind als Mittel zur Sicherstellung des laufenden Betriebs. Auch bei Projekten der sozialen Arbeit oder zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements treten besondere Schwierigkeiten bei der Finanzierung auf.

Zum Aufbau von Netzwerken und Kooperationen sind Non-Profit-Organisationen wie die Lichtburg-Stiftung u.a. aufgrund ihrer hohen Flexibilität, ihres Pragmatismus und ihrer engagierten Akteure, die über ein hohes Maß an Kommunikations- und Sozialkompetenzen verfügen müssen, besonders geeignet.


Ansprechpartner
Lichtburg-Stiftung
Frau Rita Wolffsohn, Herr Prof. Dr. Michael Wolffsohn und Herr Yavuz Yer
Büro Berlin: Bellermannstr. 22
13357 Berlin
Telefon: 030 / 28832221
E-Mail:
rw@lichtburg-stiftung.de
mw@lichtburg-stiftung.de
yer@lichtburg-stiftung.de

Nähere Informationen unter: www.gartenstadt-atlantic.de

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