Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Innovative Projekte zur Regionalentwicklung

Ergebnisse der 1. Fachtagung des MORO-Vorhabens "Innovative Projekte zur Regionalentwicklung" am 23. November 2004 in Göttingen

Wie leben wir zukünftig, wenn wir nicht nur weniger, sondern vor allem immer älter werden?
Wie viel Flächenverbrauch können wir uns noch leisten?
Und: Wie lassen sich auf diese Fragen regionale Antworten geben?

Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Auftaktveranstaltung des MORO-Vorhabens "Innovative Projekte zur Regionalentwicklung - Modellvorhaben der Raumordnung 2003 - 2006" am 23. November 2004 in Göttingen. Rund 150 Fachleute aus ganz Deutschland sowie einige ausländische Gäste diskutierten im ehemaligen Kino-Saal der Universität Göttingen. Prof. Dr. Wendelin Strubelt, Vizepräsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), und Reinhard Schermann, Landrat des Landkreises Göttingen, eröffneten die Tagung und steckten in ihren Begrüßungen die Themen ab.

Foto: MDirig Manfred Sinz, BMVBW MDirig Manfred Sinz, BMVBW

Die inhaltliche Einführung übernahm MDirig Manfred Sinz, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), für den aufgrund bundespolitischer Termine verhinderten Staatssekretär Tilo Braune. Er betonte, dass sich Nachhaltigkeit als regionale Zukunftsverantwortung auch in regionalen Verantwortungsgemeinschaften dokumentieren müsse. Die Modellvorhaben leisteten mit ihren unterschiedlichen räumlichen und inhaltlichen Schwerpunkten wichtige Beiträge zur Umsetzung der Ziele der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie:

  • Reduzierung der Neuinanspruchnahme von Siedlungs- und Verkehrsflächen von derzeit knapp über 100 ha auf 30 ha pro Tag im Jahr 2020 und Förderung einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung.
  • Sicherung von Einrichtungen und Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge unter den Bedingungen des demographischen Wandels, Schaffung von mehr Lebensqualität für Kinder und Familien und Aktivierung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale einer alternden Gesellschaft.


Regionen im demographischen Wandel - Die Generationen als Triebkräfte regionaler Entwicklung

Prof. Dr. Clemens Geißler, Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Forschung im Alter, betonte in seinem Inputvortrag zur ersten Podiumsdiskussion die Herausforderung, den gesellschaftlichen Alterungsprozess nicht nur unter Belastungsaspekten für die sozialen Sicherungssysteme zu diskutieren, sondern die zunehmend wachsende Gruppe älterer beruflich und gesellschaftlich erfahrener Menschen als Potenzial zu begreifen und ein zukunftsfähiges Bild vom Alter(n) zu entwickeln. Eine an Lebenslagen orientierte regionale Strukturpolitik müsse Lebensbedingungen fördern, die den Bedürfnissen der Menschen jeden Lebensalters entsprechen und somit der Bedeutung gerecht würden, die die differenzierte Pflege des Humanvermögens für die Überlebensfähigkeit und Kultur der alternden Gesellschaft habe.

Foto: Plenum während der ersten Podiumsdiskussion Plenum während der ersten Podiumsdiskussion

Die "Einschätzungen aus der Praxis" die im Rahmen der ersten Podiumsdiskussion getroffen wurden, spannten einen Bogen von wirtschaftlichen Effekten der zunehmenden Zahl älterer Menschen über Projekte zur Förderung des Humankapitals bis zu generationsübergreifenden Ansätzen bei der Infrastrukturplanung. Als Resümee wurde insbesondere die notwendige Sensibilisierung betont: Der demographische Wandel sei zwar ein laufender und langfristiger Prozess, dessen Wirkungen nicht grundsätzlich umkehrbar seien, es bestünden jedoch - mittel- bis langfristig - Steuerungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Notwendig sei daher eine offensive und zukunftsfähige Politik, die in ein strategisches Gesamtkonzept ("Masterplan demographischer Wandel") eingebunden sein müsse.


Flächenneuinanspruchnahme reduzieren -
Nachhaltige Siedlungsentwicklung fördern

Die Ziele der Bundesregierung zur Reduzierung des Flächenverbrauchs stellte MDirig Manfred Sinz, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), als Input zur zweiten Podiumsdiskussion vor: Es müsse im Idealfall gelingen, langfristig die Neuinanspruchnahme von Flächen weitgehend durch die erneute Nutzung vorhandener Flächen zu ersetzen. Dabei seien, je nach der Flächensituation vor Ort, regional angepasste Lösungen zu finden. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hätte dazu mit Ländern und Kommunen einen Katalog konkreter rechtlicher und ökonomischer, d.h. finanz-, steuer- und förderrechtlicher Maßnahmen vorgeschlagen. Wenn dieser Policy-Mix griffe, würden Reduzierungen bei der Flächeninanspruchnahme die Folge sein.

Der Weg zu einer Reduzierung des täglichen Flächenverbrauchs wurde in der zweiten Podiumsdiskussion pointiert und teilweise kontrovers eingeschätzt: Neue instrumentelle Ansätze könnten - insbesondere durch Schaffung wirtschaftlicher Anreize - eine zielgenauere Mengensteuerung bei den kommunalen Baulandausweisungen erreichen. Für eine Akzeptanz derartiger neuer Instrumente wäre es notwendig, neben raumordnerischen Vorgaben im Sinne einer "Leitplankenfunktion" auf kommunaler Ebene Transparenz zu schaffen (z.B. finanzieller "Netto-Effekt" einer Neuerschließung von Wohn- und Gewerbegebieten).

Ökonomische Anreize wurden grundsätzlich als richtiger Weg angesehen, wobei es stärker zu regionalen Verantwortungsgemeinschaften im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit kommen müsse, um die auftretenden Effekte zu internalisieren. Unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit seien dabei auch die preiserhöhenden Effekte im Sinne von Marktzutrittsbeschränkungen beispielsweise für Familien mit Kindern zu berücksichtigen. Insofern sei eine Förderung des Bauens im Bestand bzw. der Innenentwicklung unter entsprechender Berücksichtigung von Lebenslagen und Leistungen der "Generationenerneuerung" zu sehen.


Ausblick

Einen abschließenden Ausblick auf weitere Aktivitäten im Rahmen des MORO-Forschungsfeldes gab Dr. Hans-Peter Gatzweiler, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Auch 2005 wird der intensive Erfahrungsaustausch im Rahmen der Werkstätten sowie der Ergebnistransfer in die Fachöffentlichkeit auf weiteren Fachveranstaltungen erfolgen. Als Kommunikationsmedium für die Innovativen Projekte zur Regionalentwicklung wurden die neuen MORO-Informationen vorgestellt, die regelmäßig erscheinen und das Konzept "Work-in-Progress" widerspiegeln sollen.

Vorgesehen ist im Rahmen des Forschungsfeldes "Innovative Projekte zur Regionalentwicklung" ein dritter Schwerpunkt "Mobilisierung der Potenziale älterer Menschen". Diese liegen insbesondere in dem wirtschaftlichen Nachfragepotenzial, dem erwerbsberuflichen Arbeits- und Kompetenzpotenzial sowie dem sozialen Solidaritäts- und Stabilitätspotenzial. In weiteren drei bis fünf Modellvorhaben sollen gezielt übertragbare Ansätze untersucht werden, welche die Potenziale älterer Menschen für innovative Ideen in Wirtschaft und Gesellschaft stärker nutzen. Durch Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die älteren Generationen, die ein eigenverantwortliches gesellschaftliches Engagement zulassen, soll gezeigt werden, wie die Modellregionen im Wettbewerb eine zukunftsorientierte räumliche Entwicklung unterstützen können.

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