Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Abgestimmte Entwicklung in Stadt-Umland-Regionen als Beitrag zur nachhaltigen Raumentwicklung in Vorpommern

Innovative Projekte zur Regionalentwicklung - Nachhaltige Siedlungsentwicklung

Ziel des Modellvorhabens war eine kooperative Erarbeitung von regionalen Siedlungskonzepten und deren rechtsverbindliche Umsetzung.

Durch das Modellvorhaben soll das in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie formulierte Flächenziel auf die regionale Ebene übertragen und der Flächenverbrauch reduziert werden. Ziel war, dies über interkommunale Kooperationen in den Stadt-Umland-Bereichen des gemeinsamen Oberzentrums Stralsund-Greifswald und die Entwicklung entsprechender Stadt-Umland-Konzepte zu befördern. Die oberzentralen Städte Stralsund und Greifswald und ihre Umlandgemeinden sind jene Gemeinden in Vorpommern, in denen der höchste Entwicklungs- / Siedlungsdruck besteht.

Allgemeine Vorgehensweise und grundsätzliche Erkenntnisse

Die Moderation der Gespräche und die Erarbeitung der Stadt-Umland-Konzepte wurden an ein externes Fachbüro vergeben. Für den Fortgang des Modellvorhabens hatte seine Rolle als unbelasteter, neutraler Experte eine wichtige Funktion, insbesondere in psychologischer Hinsicht. Ebenso wichtig war die Arbeit der Geschäftsstelle des Regionalen Planungsverbandes "im Hintergrund": Beschaffung von Arbeitsgrundlagen, Datenerwerb, Herstellung von Kontakten, Terminabsprachen, Vermittlungen oder Erklärungen.

Grundsätzlich hat sich bewährt, vornehmlich in Werkstattveranstaltungen nach den folgenden Arbeitsschritten vorzugehen:

  1. Schaffung einer von allen Beteiligten akzeptierten Arbeits- und Diskussionsgrundlage,
  2. Verständigung auf ein von allen Beteiligten akzeptiertes Entwicklungsmodell,
  3. Anwendung dieses Entwicklungsmodells auf die beiden Stadt-Umland-Räume und ihre einzelnen Gemeinden.

Als sinnvoll im Interesse der Überschaubarkeit des Problems und des kurzfristig Machbaren erwies sich eine Konzentration auf Wohnbau- und Gewerbeflächen.

Die Entwicklung eines notwendigen Problembewusstseins bei den Beteiligten dauerte aus Sicht der Projektverantwortlichen unerwartet lange. Auch nach zwei Jahren gemeinsamer Arbeit wurden z.B. immer wieder einzelne Zahlen angezweifelt - in der Hoffnung, das Ergebnis noch verändern zu können. Die Diskussionen im politischen Raum haben erst begonnen.

Ermittlung der Siedlungsflächenreserven

Siedlungsflächenreserven sind jene Flächen, die baurechtlich gesichert, de facto aber noch nicht in Anspruch genommen worden sind.

Die baurechtliche Sicherung von Flächen wurde mit großem Aufwand zunächst über das Raumordnungskataster nachvollzogen, danach die Angaben durch die jeweiligen Stadt- und Amtsverwaltungen unter Hinzuziehung der Flächennutzungspläne, Bebauungspläne und Abrundungssatzungen geprüft. Der Stand der Flächeninanspruchnahme konnte nur Baufläche für Baufläche gemeinsam mit den einzelnen Gemeinden ermittelt werden. Dabei stellte sich heraus, dass die Datenerfassung und die Datenlage in den einzelnen Städten und Gemeinden sehr unterschiedlich ist.

Für die Städte und Gemeinden im Stadt-Umland von Greifswald und Stralsund wurden auf der Grundlage des Raumordnungskatasters und nach Ergänzung durch die beteiligten Verwaltungen für Wohnen und Gewerbe Siedlungsflächenreserven in einer Größenordnung von insgesamt 674 ha ermittelt. Davon entfallen etwa 552 ha (~ 82%) auf die Hansestädte und etwa 122 ha (~18%) auf die Umland-Gemeinden. 52% sind Gewerbe-, 48% Wohnbauflächen.

Ermittlung der entbehrlichen Siedlungsflächen

Entbehrliche Siedlungsflächen sind jene Flächen, die zwar baurechtlich gesichert sind, für die aber bis zum Jahr 2020 keine realistischen Bedarfe beziehungsweise Entwicklungsmöglichkeiten gesehen werden.

Diese Bedarfe ergeben sich vor allem aus der demographischen und der wirtschaftlichen Entwicklung und entsprechenden Prognosen. Die Einigung auf akzeptable und politikfähige Prognoseansätze erforderte viel Fingerspitzengefühl seitens des Moderators. Informationen über die Einschränkung von Entwicklungsmöglichkeiten (Eigentumsverhältnisse, vertragliche Bindungen etc.) mussten Fläche für Fläche bei den Gemeinden beziehungsweise Amtsverwaltungen abgefragt werden.

Übersicht kartierte Bauflächenreserven Wohnen und Gewerbe ROK 2006
GebietEinwohnerFlächenreserven G & WFlächenreserven GewerbeFlächenreserven Wohnen
ha%ha%ha%
Greifswald52.670337 1001173522065
Umland-Gemeinden11.4203210019601340
S-U Greifswald64.0903691001363723363
Stralsund58.850215100158735727
Umland-Gemeinden14.5609010058643236
S-U Stralsund73.410305100216718929
Hansestädte111.5205521002755027750
Umland-Gemeinden25.98012210077634537
S-U HGW und HST137.5006741003525232248

Folgende drei Modelle für eine interkommunale Kooperation bei der Inanspruchnahme von Siedlungsflächenreserven wurden diskutiert:

  • Modell 1: Pauschales Flächen-Budget
  • Modell 2: Gemeindebezogene Flächen-Prioritäten
  • Modell 3: Gemeindebezogene Flächen-Zeit-Bausteine

Es erwies sich, dass für die Umland-Gemeinden das Modell 2 "Prioritäten" besonders zielorientiert und damit gut geeignet ist, für die beiden Hansestädte hingegen das Modell 1 "Budget".

Die Umland-Gemeinden teilten mit, welche Bauflächenreserven keine Prioritäten für die gemeindliche Entwicklung haben. Die Inanspruchnahme dieser Flächen bis 2020 wäre demzufolge für die Siedlungsflächenentwicklung im Umland entbehrlich. Für die beiden Hansestädte bestand die Besonderheit, dass in den Integrierten Stadtentwicklungskonzepten (ISEK) für Greifswald und Stralsund keine differenzierten Wohnbauflächenbetrachtungen, sondern weitgehend pauschale Ermittlungen von Wohneinheiten Gegenstand der Entwicklungsaussagen sind. Für die Hansestädte wurden daher die bis 2020 nicht benötigten Wohneinheiten unter Berücksichtigung der ISEK-Ergebnisse bestimmt. Die damit verbundenen Wohnbauflächenreserven, deren Inanspruchnahme für die Siedlungsflächenentwicklungen in den Hansestädten nicht erforderlich ist, wurden näherungsweise anhand von Durchschnittswerten ermittelt.

Durch die intensive Abstimmung mit und die freiwillige Kooperation zwischen den Städten und Gemeinden im Stadt-Umland Greifswald und Stralsund konnte im Rahmen des Modellvorhabens Einvernehmen über insgesamt etwa 110 bis 130 ha Wohn- und Gewerbeflächenreserven (einschließlich etwa 3.100 WE) erzielt werden, für die bis zum Jahre 2020 keine realistischen Bedarfe oder Entwicklungsmöglichkeiten gesehen werden.

Das bedeutet für das Nachhaltigkeitsziel, dass durch die interkommunale Kooperation im Rahmen des Modellvorhabens die Inanspruchnahme der derzeitigen Wohn- und Gewerbeflächenreserven um insgesamt etwa 15% bis 20% reduziert werden könnte, wobei davon etwa 70% auf Wohnbauflächenreserven und etwa 30% auf gewerbliche Bauflächenreserven entfallen.

Das Ergebnis des Modellvorhabens wird gegenwärtig in den Gremien des Planungsverbandes Vorpommern diskutiert. Dabei geht es um die Aufnahme eines neuen Plansatzes zur Stadt-Umland-Entwicklung in den Entwurf des Regionalen Raumentwicklungsprogramms. Insgesamt hat sich die im Modellvorhaben gewählte Vorgehensweise in Form von externer Moderation und intensiven Abstimmungsgesprächen bewährt und kann zur Nachahmung empfohlen werden.

Projektträger des Modellvorhabens war der Regionale Planungsverband Vorpommern. Ansprechpartner im BBR war Klaus Einig.

Alle Modellvorhaben des Projekts

Liste der Modellvorhaben

Zugehörige Projekte

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