Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Volkenroda: Auferstehung aus Ruinen

Thüringen

Projektdaten
GemeindeKörner
LandkreisUnstrut-Hainich
BundeslandThüringen
Einwohnerzahl (Gemeinde/Ortsteil Volkenroda)1.780/180
Gemeindefläche30,6 km2
Anzahl der Ortsteile3
Nächste größere StadtErfurt (60 km, 200.000 EW)
VerwaltungTeil der Verwaltungsgemeinschaft Schlotheim
Struktursehr kleines, agrarisch geprägtes Dorf mit ehemaligem Zisterzienserkloster
Kontakthttp://www.kloster-volkenroda.de
http://www.bauhuette-volkenroda.de
u. a. Ulrike Köhler, Jens Wolf, Bernward Paulick, Katharina Freudenberg

Wer heute durch das in Stahl, Holz und Glas erneuerte Ensemble des ehemaligen Zisterzienserklosters Volkenroda spaziert, kann sich kaum vorstellen, dass es sich noch vor weniger als zwanzig Jahren um ein völlig vergessenes und von Verfall betroffenes Dorf handelte. Die ungewöhnliche Entwicklung, die Volkenroda in den letzten Jahrzehnten erfahren hat, hätte dem Ort eigentlich niemand mehr zugetraut. Während der Umbruch 1989/90 den wirtschaftlichen Niedergang vieler Städte und Dörfer noch beschleunigte und in eine Welle der Abwanderung mündete, konnte Volkenroda von der damaligen Aufbruchsstimmung profitieren. Es wurden erste Förderungen bewilligt, um mit der Notsicherung des Klosterruine beginnen zu können und es gab es von mehreren Seiten Zustimmung, einen möglichen Wiederaufbau zu unterstützen.

      
Ohne den hartnäckigen Einsatz von Ulrike Köhler, die seit 1978 in Volkenroda lebt, wäre die Ruine vermutlich auch nach der Wiedervereinigung dem Verfall preisgegeben geblieben und auch die prekäre Situation im Dorf hätte sich möglicherweise kaum verändert. Ulrike Köhler entschied sich trotz der ökonomisch schwierigen Perspektiven zu bleiben und sich für die Entwicklung ihres Dorfes einzusetzen. Nach langer Suche nach einem Nutzungskonzept für das ehemalige Kloster konnte die Gemeinde die aus Gnadenthal stammende Jesus-Bruderschaft dafür begeistern, in Volkenroda einen neuen Standort zu errichten. Besonders in der Anfangszeit gab es allerdings auch viele Vorbehalte gegenüber der aus dem Westen kommenden Gemeinschaft, doch mittlerweile hat sich der nur 180 Einwohner zählende kleine Ortsteil der Gemeinde Körner nicht nur, was den demographischen Wandel betrifft, stabilisiert, sondern ist auch baukulturell aufgeblüht.

Beeindruckend ist der hohe Qualitätsanspruch, der bei der architektonischen Gestaltung an den Tag gelegt wurde. Ein Glücksfall dabei war, dass der Architekt Bernward Paulick das Abenteuer annahm, mit seiner Familie nach Volkenroda zu ziehen, um den Wiederaufbau vor Ort zu leiten. "Vieles mache ich nicht als Architekt, sondern weil es mein Ort ist", sagt er heute über seine Arbeit. 1998 gründete er mit der bauhütte volkenroda sein eigenes Architekturbüro, das bereits mehrere gelungene Um- und Neubauten sowohl in der Gemeinde als auch in der Region realisiert hat. Zu den Projekten im Dorf gehören u.a. der Lehrbauernhof, eine Kapelle in Stampflehmbau, mehrere Wohnbauten und der Umbau der ehemaligen Kornkammer zu einem Jugendbildungshaus.

Entwicklung und Meilensteine
1540Auflösung des Klosters
1839/40erste Renovierungsversuche
1990Initiative von Ulrike Köhler zur Rettung des Klosters (mit Gemeinde u. Kreisdenkmalamt)
1992
  • Kampagne des Bunds Kath. Unternehmer
  • Kontaktaufnahme der Gemeinde mit der Jesus-Bruderschaft Gnadenthal
1991-94Sommerseminare mit Studierenden, Studienstiftung des deutschen Volkes
1994Die Jesus-Bruderschaft Gnadenthal erwirbt das Kloster.
1996/97Sanierung Amtshaus, ehem. Försterei (Planung: Hornschuh, Hose), Kirche und Konventgebäude (Planung: Planungsgruppe Stieldorf, Hornschuh, Paulick)
1997Statische Sicherung Alte Schmiede (Planung: bauhütte volkenroda)
2001Übersiedelung des Christus-Pavillons von der EXPO Hannover nach Volkenroda (Planung: Gerkan, Marg und Partner, Joachim Zais; Umsetzung: bauhütte volkenroda)
2002
  • Freiraumgestaltung des Klosterhofs zwischen Christus-Pavillon, Kirche und Konventgebäude (Planung: WES & Partner)
  • Neubau Wirtschaftsgebäude Klostergut Volkenroda als Ökolandwirtschaft, Schafstall mit Schaumelkstall (Planung: bauhütte volkenroda)
2004/05Neubau Wohnhaus Familie Paulick (Planung: bauhütte volkenroda)
2005Umbau Jugendbildungszentrum "Langer Gang" (Planung: bauhütte volkenroda)
2012Umbau Jugendscheune mit Kapelle in Stampflehmbau (Planung: bauhütte volkenroda)
2012/13Neubau Reihenhäuser für Mitglieder der Jesus-Bruderschaft, mehrere Bauabschnitte (Planung: bauhütte volkenroda)
Auszeichnungen und Preise
  • 1995: Schützenswertes Kulturerbe von europäischem Rang
  • 1996: Henry Ford European Conservation Award in der Kategorie "Kulturerbe"
  • 1998: Denkmalschutzpreis des Freistaates Thüringen

   

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