Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Veröffentlichung Internationale Wanderungen und räumliche Integration

Herausgeber: BBR Reihe: IzR (Informationen zur Raumentwicklung) Ausgabe: 8.2002 Erschienen: 2002

Gedruckte Ausgabe

2,50 EUR

Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Heftes der Informationen zur Raumentwicklung ist das im März 2002 zunächst vom Bundestag und anschließend vom Bundesrat verabschiedete Zuwanderungsgesetz noch nicht in Kraft getreten. Das Bundesverfassungsgericht gab am 18. Dezember 2002 einer Klage gegen das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes statt und erklärte es für ungültig. Damit konnte das Gesetz nicht wie vorgesehen am 01. Januar 2003 in Kraft treten, wovon die in diesem Heft enthaltenen Beiträge noch ausgingen.

Die politische und öffentliche Diskussion um das Zuwanderungsgesetz, um einen Perspektivenwechsel in der Einwanderungs- und Integrationspolitik wird also anhalten. Hinsichtlich der Probleme des Lebens von Ausländern in Deutschland, ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft, aber noch vielmehr hinsichtlich der zukünftigen Politik dieses Landes gegenüber den Problemen der weltweiten Migrationen ist zu wünschen, dass dabei der klare Blick auf das alltägliche Geschehen nicht zu kurz kommt. Denn eines sollte man nicht vergessen: Wanderungen, freiwillig oder gezwungen, hat es in der menschlichen Geschichte immer gegeben, und die mit Wanderungen verbundenen Folgen für Zuwandernde und Aufnehmende sind Einschnitte in das Leben jedes Menschen. Elementar sind sie vor allem für die warum auch immer Zuwandernden, weniger für die, die irgendwo schon länger ansässig sind.

Die Folgen der weltweiten Wanderungen können für die, die wandern, und für die, die aufnehmen, nicht mit verallgemeinernden Vorurteilen oder Patentrezepten bewältigt werden. Sie bedürfen vielmehr angepasster Strategien und Maßnahmen, die allgemein menschlichen Ansprüchen, aber auch den Gegebenheiten der aufnehmenden Länder und ihrer Bevölkerungen gerecht werden. Integration als allgemeines Postulat hilft nicht weiter, wenn es hierin ungeübten Menschen überlassen bleibt, sie zu leisten. Aber ohne gesellschaftliche und politische Aktionsprogramme ist oft jede praktizierte Nächstenliebe nur ein individueller, wenngleich durch nichts zu ersetzender wichtiger Akt.

Die in diesem Heft enthaltenen Beiträge können und wollen sich nicht mit allen Aspekten von Wanderungen und Integration befassen. Sie wollen vielmehr Anregung geben, sich diesen Problemen nüchtern und analytisch, nicht vorurteilsvoll und ideologisch zu nähern. Nur wenn dies unvoreingenommen und empirisch orientiert geschieht, ist die wissenschaftliche Politikberatung möglich, die Politik und Gesellschaft dieses Landes benötigen. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) jedenfalls wird weiter empirische Bestandsaufnahmen und Analysen einbringen, um ein Element nüchterner, wissenschaftlicher Befunde in die Diskussion einzubringen.

So ist es eine Tatsache, dass Ausländer im Vergleich zu Deutschen heute strukturell benachteiligt sind. Dies gilt sowohl für die Teilhabe an politischen Partizipations- und Entscheidungsprozessen als auch für den Zugang zum Bildungs- und Ausbildungssystems sowie dem Zugang zum Arbeitsmarkt. Alle Indikatoren aus der Raumbeobachtung des BBR zeigen hier erhebliche Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern an. In allen Teilräumen des Bundesgebietes, also bundesweit, sind Ausländer benachteiligt. Von räumlicher Integration im Sinne von Chancengleichheit für Deutsche und Ausländer kann noch keine Rede sein.

Räumliche Integrationsaufgaben liegen einerseits da, wo eine anhaltend hohe Zuwanderung aus dem Ausland auf eine deutsche Bevölkerung trifft, die noch wenig Erfahrung im Zusammenleben mit Ausländern hat, und wo insofern mehr Probleme im alltäglichen Umgang mit "Fremdheit" zu erwarten sind als anderswo. Speziell hier muss die Aufnahmegesellschaft vorbereitet, informiert und einbezogen werden. Andererseits stellen sich Integrationsaufgaben verstärkt dort, wo es schon viele Ausländer gibt, d.h. in den Stadtregionen, vor allem deren Kernstädten. Hier sind entsprechende materielle (finanzielle) Voraussetzungen zu schaffen. "Integrationskosten" dürfen nicht den Städten allein angelastet werden.

Mit der fortlaufenden Integration der bisherigen und der weiteren Zuwanderer steht die deutsche Gesellschaft zweifellos künftig vor einschneidenden Veränderungen. Dabei wird es Anpassungsprobleme geben. Diesen Problemen kann man angesichts der bislang in der Bundesrepublik gemachten Erfahrungen und der zunehmenden alltäglichen Integrationsbereitschaft der Bürger jedoch durchaus mit einer gewissen Gelassenheit entgegensehen.


Wissenschaftliche Redaktion:
Prof. Dr. Wendelin Strubelt


Inhalt

Kurzfassungen/Abstracts (PDF, 17 KB, Datei ist barrierefrei/ barrierearm)


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