Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Modellvorhaben "Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere"

Fallstudie "Allmende Wulfsdorf"
Ahrensburg – Wulfsdorf (Schleswig-Holstein)

Eckdaten
Stadt31.000 EW
Stadtquartierkeine Angaben.
QuartierstypMischquartier
Kreistypverdichteter Kreis
Lagerandstädtisch
präg. BaualterNeubau
Sozialdaten>65-Jährige: 24%
<18-Jährige: 17%
Zuwanderer: 5%
Träger/EigentümerWEG Verein
Förderungkeine Förderung

1. Kontext

In der Stadt Ahrensburg am Stadtrand von Hamburg entsteht mit dem Projekt "Allmende" Wulfsdorf das "Dorf im Dorf". Auf einer Gesamtfläche von 6,5 ha werden aus Alt- und Neubauten circa 100 Wohneinheiten für rund 300 Bewohner/innen errichtet. Circa 40% der Fläche (rund 4.000 qm) sind als Gewerbeflächen genutzt. Das nachbarschaftliche Quartier mit seinen Gemeinschaftseinrichtungen sowie der gemeinsamen Planung und Nutzung der Außenanlagen bietet Familien sowie alten und älteren Bewohnern attraktive Wohnungen und Aufenthaltsräume.

2. Konzept (Generationen, Quartier)

Das Konzept der Allmende sah/sieht die Umnutzung eines ehemaligen Ausbildungsgeländes für Lehrberufe vor. Die ursprünglich aus sechs Wohngebäuden, drei Werks- und einer Sporthalle bestehende Anlage wurde durch sechs Neubauten ergänzt. Heute steht die Allmende neun Hausgemeinschaften mit je 2 bis 12 Wohneinheiten und vielen Gewerbetreibenden zur Verfügung.

Bei dem gemeinsamen Planungsprozess wurden durch die zukünftigen Bewohner drei wesentliche Schwerpunkte gesetzt:

  • Wohnen und Arbeiten
  • Ökologie und Umweltschutz
  • Soziales Konzept

Im sozialen Bereich sollen durch die Vielfalt an unterschiedlichen Wohnformen (Wohngemeinschaften, Sozialwohnungen) die gegenseitige Aufmerksamkeit und ein "dörfliches Miteinander" gefördert werden. Ein Sozialfonds wird gebildet, um in Not geratene BewohnerInnen zu unterstützen.

Im Kindergarten und in der Sporthalle soll ein Freizeitprogramm für Kinder und Erwachsene angeboten werden. Die zahlreichen Aktivitäten auf der Allmende richten sich ausdrücklich auch an die BürgerInnen der Nachbarschaft.

Ein weiterer wesentlicher Baustein des Konzeptes ist die Mischung von Wohnen und Arbeiten. Rund 40% der Geschossflächen (circa 4.000 qm) sind dienstleistendem und gestaltendem Gewerbe vorgehalten. Der Anteil an gewerblicher Nutzung ist ebenfalls eine Garantie für die "Öffnung" des Dorfes, da so Arbeitnehmer einpendeln und Angebote von außen nachgefragt werden: das Gut Wulfsdorf verarbeitet beispielsweise einen Teil seiner Ernte in den eigenen Anlagen auf der Allmende, ein Garten- und Landschaftsbaubetrieb haben eröffnet, derzeit wird ein Gesundheitszentrum durch die Bewohnerinnen und Bewohner aufgebaut.

3. Innovationen

  • Gemeinsamer Planungsprozess (die Bewohner haben einen gemeinsamen Weg für die Planung und Finanzierung gefunden)
  • Erbringung von Eigenleistungen durch die Bewohner (Wegepflasterung, Geländepflege, Pflege eines Gemeinschaftshauses)
  • Einrichtung eines Sozialfonds für Vereinsmitglieder
  • Ökologische Innovation (Niedrigenergiehäuser im Bestand, Nullenergiehaus/ Passivhaus, Holzhackschnitzelheizwerk, Solarthermie, Regenwassernutzungsanlage)

4. Ziele

  • Nachbarschaftliche Gemeinschaft mit gegenseitiger Unterstützung und Eigeninitiative als Basis
  • Integratives und generationsübergreifendes Wohnen
  • Nutzungsmischung (Wohnen, Arbeiten, Freizeit)
  • Ressourcensparende Lebensweise (Car-Sharing, energie-effizientes Bauen)

5. Maßnahmen/Verfahren

  • Im Jahr 1999 hatte der "Initiativkreis Gut Wulfsdorf" die Idee, auf dem Gelände des AZW eine dörfliche Lebensgemeinschaft zu realisieren.
  • Der Verein "Allmende Wulfsdorf" gründete sich im Jahr 2002 und suchte zwei Jahre lang nach weiteren TeilnehmerInnen und InvestorInnen für das Projekt.
  • Im Juli 2004 wurde das 6,5 ha große Grundstück gekauft und anschließend die bauliche Umsetzung begonnen.

6. Finanzierung/Förderung/Kosten

Die mittlerweile 110 Mitglieder des Vereins haben dem Stadtstaat Hamburg für 3,25 Millionen Euro das Grundstück im Jahr 2004 abgekauft. Das Grundstück wurde in Teil- und Wohneigentum nach Wohneigentumsgesetz geteilt. Vertragliche Vereinbarungen sichern die langfristige Projektgebundenheit der Eigentümergemeinschaft an die sozialen und ökologischen Vereinsziele. Für die zukünftige Wohnungsverwaltung ist die neu gegründete Wohnungseigentümergesellschaft verantwortlich. Die Hausgemeinschaften verwalten sich selbst. Circa 3,5 Millionen Euro investierten die Bewohner in die Sanierung der Infrastruktur.

Ebenfalls für die sozialen Projekte haben die Vereinsmitglieder bzw. Bewohner den finanziellen Grundstock gelegt: 1,5 Millionen Euro für den Neubau des integrativen Kindergartens, Finanzierung der ökologischen Saatgutforschung, Bau von fünf Sozialwohnungen, Betrieb einer Sporthalle, Sanierung von Künstlerateliers, Bau eines Gemeinschaftshauses, etc.

7. Projektstand

Die baulichen Arbeiten sind nahezu abgeschlossen, fast alle Wohnungen sind bezogen. Die Gewerbeflächen sind zum Teil bereits bezogen, weitere Ateliers werden erstellt. Es gibt ferner Vorüberlegungen und erste Planungen neben dem Kindergarten ein Gebäude für betreutes Wohnen (behinderte Menschen, ambulante Pflegeeinrichtung, Wohngemeinschaft für Demenzkranke, Jugendliche o.a.) zu erstellen.

8. Akteure/Beteiligte

Die Bewohner des Projekts haben sich zu verschiedenen Hausgemeinschaften zusammengefunden. Bei der Umsetzung wurden die Gruppen außerdem durch verschiedene Büros unterstützt: conplan GmbH (Projektentwicklung), Architekturbüro Gebrüder Schmidt (Projektsteuerung) sowie Architekturbüro smf (Häuser Buntspecht, Langschiff, Morgentau, Künstlerzentrum). Die Baubetreung hat Stattbau Hamburg übernommen, für den Energieund Landschaftsplanungsbereich waren weitere Büros verantwortlich. Bei der Entwicklung der Finanzierungskonzepte arbeitete der Verein Allmende Wulfsdorf e.V. eng mit den Hannoverschen Kassen, der Investitionsbank Schleswig-Holstein, der GLS Gemeinschaftsbank eG sowie mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zusammen.

Ansprechpartner:
Sabine Franke
Allmende Wulfsdorf e.V
Bornkampsweg 36
22926 Ahrensburg
Telefon 04102/4582-30

9. Gender-Relevanz

Bei dem Projekt gibt es keine besonders hervorzuhebenden Genderaspekte.

10. Wechselbeziehungen Wohnen : Freiflächen : Gemeinschaftseinrichtungen

Die Freiraumgestaltung wurde von einem moderierten Partizipationsverfahren durch einen Landschaftsarchitekten begleitet, bei denen die verschiedenen Generationen die Möglichkeit hatten, ihre Bedarfe bei der Außengestaltung einzubringen. Besonderer Wert wurde auf Mitsprache der Kinder und Jugendlichen gelegt. Die Bewohner erbringen Eigenleistungen, die nicht nur Einsatz in Arbeitsgruppen bedeuten, sondern ebenfalls "handfestes" Engagement. Hierzu zählte unter anderem der Bau eines Gemeinschaftshauses für alle Generationen.

11. Besonderheiten /Anmerkungen

Keine

12. Weiterführende Informationen

Allmende Wulfsdorf e.V. (2004): allmende wulfsdorf. leben. gemeinsam. natürlich. Ahrensburg

Gernot Knödler (2004): Künstliches Dorf als Wohnprojekt. In: taz Nord Nummer 7253 vom 9.1.2004. Hamburg

Büdding, Cornelia (2004): In Ahrensburg entsteht ein neues Dorf. In: Hamburger Abendblatt 15.1.2004

Spiel, Volker (2002): Am Stadtrand. Allmende Wulfsdorf. In: Stattbau Hamburg GmbH FREIHAUS. Heft Nummer 9, Sept. 2002. Hamburg

Zugehörige Projekte

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