Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Modellvorhaben "Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere"

Fallstudie "Aegidienhof e.V."
Lübeck – Aegidienviertel (Schleswig-Holstein)

Eckdaten
Stadt213.000 EW
Stadtquartier1.700 EW
QuartierstypBlockrand
KreistypKernstadt
LageInnenstadt
präg. Baualtermittelalterlich
Sozialdaten>65-Jährige: 12%
<18-Jährige: 11%
Zuwanderer: 2%
Arbeitslose: 10%
Träger/EigentümerGbR, Verein, WEG
FörderungVerschiendene Stiftungen, Denkmalschutz

1. Kontext

Der Aegidienhof liegt im Südosten der Lübecker Altstadt. Die Gebäude wurden zwischen dem 14. und frühen 20. Jahrhundert erbaut. Während der 700-jährigen Baugeschichte entstanden zahlreiche An- und Umbauten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Anlage überwiegend durch das Sozialamt der Stadt in Form von Büros genutzt. Im Zuge der Umorganisation der Verwaltung wurden 1998 die Gebäude frei und veräußert. Eine Planungsgemeinschaft aus verschiedenen Interessierten entwickelte daraufhin für das Ensemble ein neues Nutzungskonzept.

2. Konzept (Generationen, Quartier)

Das Konzept sah vor, Menschen aller Generationen und in unterschiedlichen Lebenssituationen (Alleinstehende, Familien) in einem urbanen Kontext zusammen zu führen und frühzeitig an der Projektentwicklung zu beteiligen. Parallel zu den Umbauplanungen wurden Ideen zu einem gemeinsamen Leben nach der Sanierung entwickelt. Schwerpunkte waren die Bereiche Wohnen und Arbeiten, Gemeinschaftsräume, altengerechte Wohnungen, Öffnung zum Stadtteil, Integration junger behinderter Menschen. Die Wohnungen wurden von einer Planungsgemeinschaft, in die die Interessenten einen festzulegenden Betrag einzahlten, als Eigentumswohnungen entwickelt. Die organisatorische Begleitung erfolgt über das Büro Conplan. Nach diesen Planungen wurden insgesamt zwölf Häuser um einen Innenhof umgebaut. In den einzelnen Gebäuden wurden Wohnungen für unterschiedliche Nachfragertypen realisiert. Von den insgesamt 45 Wohneinheiten wurden circa 15 Wohneinheiten altengerecht ausgebaut (barrierefrei, mit dem Aufzug zu erreichen) und 3 Wohneinheiten wurden als "Reihenhäuser im Haus" gestaltet. Die übrigen Wohnungen wurden nach den Vorstellungen der Eigentümer mit Grundrissen für Familien oder auch kleinere Haushalte entwickelt. Darüber hinaus wurden im EG und im 1. OG Büroräume und Praxen (18 Einheiten) untergebracht. Um den Wohnbedürfnissen der Senioren aus dem Projekt gerecht zu werden, sollen in Zukunft notwendige Konzepte zur Pflege in Ansprache mit den Bewohnern durch den Verein entwickelt und organisiert werden.

Eine Vernetzung der Bewohner erfolgt über verschiedene Gemeinschaftseinrichtungen. Als Gemeinschaftseinrichtungen wird ein Nebenraum des Cafés sowie der große Innenhof genutzt. Hier finden Veranstaltungen des Vereins, die grundsätzlich öffentlich sind, statt (zum Beispiel zwei mal im Jahr Flohmarkt im Hof, kulturelle Veranstaltungen wie Trommelgruppen etc.). Zusätzlich ist das Projekt auf eine Öffnung zum Stadtteil ausgelegt. In den Komplex integriert ist ein Stadtteilcafé, in dem ebenfalls verschiedene Veranstaltungen (bspielsweise "Musik und Literatur im Marli-Café") stattfinden.

Die Organisation der gemeinschaftlichen Aktivitäten findet über einen Verein statt. Im Rahmen der Teilungserklärung verpflichten sich alle Wohnungseigentümer, dem Verein beizutreten. Der Verein ist auch Eigentümer der Gemeinschaftsräume und das Stadtteilcafés.

3. Innovationen

  • Sanierung mehrerer denkmalgeschützer Häuser durch Planungsgesellschaft (Privatpersonen)
  • Finanzierungsform
  • Generationen übergreifender Ansatz

4. Ziele

  • Generationen übergreifendes Zusammenleben
  • Gegenseitige Hilfe
  • Schonender Umgang mit der Natur
  • Beteiligung der Nutzer und Einzelinvestoren an der Projektentwicklung und Umsetzung

5. Maßnahmen/Verfahren

Nachdem das Grundstück des Aegidienhofs durch das Sozialamt freigezogen worden war, wurden zur Sanierung verschiedenen Schritte eingeleitet:

  • 1998 Planungsgesellschaft Aegidienhof
  • 1999 Gründung der Aegidienhof GbR
  • 1999 Ankauf des Ensembles
  • 1999 Gründung des Aegidienhof e.V.
  • 1999 bis 2001 Auswahl der Bewohner/Käufer, Bildung einer WEG, Bau/Sanierung
  • 2001 Fertigstellungen der Wohnungen
  • seither Fertigstellung der Gemeinschaftsräume

6. Finanzierung/Förderung/Kosten

Die Gesamtinvestitionen betrugen circa 12 Millionen Euro. Die Eigentumswohnungen wurden zu jeweils individuellen Konditionen frei finanziert. Eine Deckungslücke bei Projektankauf wurde durch Privatdarlehen von Freunden und Bekannten geschlossen. Aufgrund der Wohnungen über eine WEG, konnte jeder Eigentümer seine individuelle Finanzierung sicherstellen. Für das Projekt wurden aufgrund seiner ökologischen Ausrichtung verschiedene Fördermittel für ökologisches Bauen verwendet; eine steuerliche Begünstigung besteht aufgrund des Denkmalschutzes.

Weitere Fördermittel wurden durch Stiftungen (Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Possehl-Stiftung, Aktion Mensch, Hertie-Stiftung, Software-AG_Stiftung) aufgebracht (insgesamt circa 4,7 % der Gesamtkosten).

Die Kaufpreise der Wohnungen lagen bei 2.000 bis 2.250 Euro/.

7. Projektstand

Alle Wohnungen sind verkauft und bezogen. Unter den Käufern sind rund 80 %Selbstnutzer, die übrigen sind Kapitalanleger beziehungsweise Vorsorger, die die Wohnung später selber nutzen möchten. Über den Verein werden rund 80 Veranstaltungen im Jahr durchgeführt.

Da die mit der denkmalgerechten Sanierung verbundenen Kosten höher als erwartet ausgefallen sind, sehen sich einige Projektmitglieder mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Vor diesem Hintergrund bestehen derzeit Überlegungen zur Einrichtung eines Sozialfonds. In Zukunft wird eine Auflösung der Aegidienhof GbR angestrebt, die weiteren Aktivitäten sollen über den Verein bzw. die WEG koordiniert werden.

8. Akteure/Beteiligte

Innerhalb des Projekts Aegidienhofs bestehen verschiedene Trägerformen (GbR, Verein, WEG). Das Stadtteilcafé wird durch die Marli-GmbH, einen Träger der Behindertenhilfe, betrieben.

Ansprechpartner:
Hans-Thomas Wolff
Aegidienhof e.V.
Voßberg 17 A
23617 Stockelsdorf
Telefon: 0451-49816-46

9. Gender-Relevanz

Bei dem Projekt gibt es keine besonders hervorzuhebenden
Genderaspekte.

10. Wechselbeziehungen Wohnen : Freiflächen : Gemeinschaftseinrichtungen

Die Häuser sind um einen großen Innenhof gruppiert, die gleichzeitig Frei- als auch Gemeinschaftsfläche darstellen. Hier finden vielfältige Begegnungen und Anknüpfungspunkte im Alltag statt. Wechselbeziehungen zu den Bereichen Frei-/Gemeinschaftsflächen sind daher gegeben.

11. Besonderheiten /Anmerkungen

Keine

12. Weiterführende Informationen

LBS Bundesgeschäftsstelle (Herausgeber): "Wohnprojekte für Jung und Alt", Berlin, 2002

Zugehörige Projekte

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