Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Modellprojekt Nachbarschaftsverband Karlsruhe

Urbane Strategien zum Klimawandel - Kommunale Strategien und Potenziale

Innenentwicklung versus Klimakomfort im Nachbarschaftsverband Karlsruhe (NVK)

Ausgangslage/Betroffenheit

Der Nachbarschaftsverband Karlsruhe besteht aus vier Städten sowie sieben Gemeinden und umfasst den größten Teil des Kerngebiets der Stadtregion Karlsruhe. Im Verbandsgebiet leben etwa 460.000 Menschen. Die Region zählt zu den bevölkerungsstabilsten Gebieten bundesweit und dürfte nach aktuellen Prognosen bis 2025 einen Einwohnerzuwachs von 2 – 5 Prozent verzeichnen.

Der Raum Karlsruhe gilt als eine der wärmsten Regionen Deutschlands. Durch seine topografische Lage im Oberrheingraben ergeben sich generell hohe Temperaturen und besonders häufig und lang andauernde Hitzeperioden, so dass die Überhitzung des urbanen Raums ein zentrales Problem ist. Bezogen auf die hohe Bevölkerungsdichte ist die Region damit einer der klimatisch am stärksten betroffenen Ballungsräume in Deutschland.

Im Nachbarschaftsverband ist zudem ein zunehmender Siedlungsdruck auf Flächen im Innenbereich festzustellen. Dies ist problematisch zumal das Flächensparen und die Innenentwicklung als zentrale Handlungsfelder einer nachhaltigen Stadtentwicklung gelten – auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes.

Handlungsfelder/Projektziele

Daher betrachtete der Nachbarschaftsverband Karlsruhe in ausgewählten Modellquartieren den Zielkonflikt zwischen Nachverdichtung im Innenbereich gegenüber heutigem und zukünftigem Hitzestress einzelner Quartiere. Zentrales Ziel war es, den auch aus klimaökologischer Sicht sinnvollen stadtplanerischen Ansatz der Innenentwicklung auch unter dem Aspekt Klimawandel "zukunftssicher" zu machen.

Dazu wurde die räumliche Struktur in Verbindung mit der klimaökologischen Belastungssituation unter den Aspekten des globalen Klimawandels analysiert. Zu verhindern war, dass im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen durch Nachverdichtungen zusätzliche bioklimatische Problemgebiete entstehen und/oder Problemlagen in den bestehenden Quartieren verschärft werden.

Ziele des Modellprojekts waren:

  • Erarbeitung von Planungsstrategien für die Stadtentwicklung unter der Berücksichtigung des Klimawandels
  • Analyse einer möglichen baulichen Innenentwicklung hinsichtlich ihrer kleinräumigen, klimaökologischen Auswirkungen auf Quartiersebene
  • Aufstellung planerischer Empfehlungen zur Vermeidung bzw. Reduzierung klimatisch bedingter Belastungen
  • Anfertigung einer Klimafunktionskarte zum Ist-Zustand und zu künftigen Klimaszenarien in den einzelnen Modellquartieren

Auf Basis einer umfassenden Klimaanalyse wurde das Modellprojekt in einem dreistufigen, modular aufgebauten Verfahren bearbeitet. Für unterschiedliche Zeitabschnitte wurden zunächst regionale Klimamodelle aggregiert und zu einer Klimafunktionskarte vereint. Auf dieser Grundlage und im Abgleich mit aktueller Betroffenheit wurden räumliche Handlungsfelder identifiziert.

In einem anschließenden iterativen Prozess wurden Vertiefungsgebiete ausgewählt, in denen gezielte, individuell auf den Raum abgestimmte grün- und stadtplanerische Maßnahmen in den Quartieren entwickelt wurden. Zur Findung geeigneter Gebiete erfolgte ein Erfahrungsaustausch mit dem KlimaMORO-Projekt.

Abschließend wurden die Ergebnisse ausgewertet, und strategische Handlungsempfehlungen für den Städtebau und die Bauleitplanung formuliert.

Ergebnisse des Modellprojekts

Ziel des Modellprojektes war es, durch die Berücksichtigung klimatischer Aspekte bei der Innenentwicklung die negativen Folgen des Klimawandels, insbesondere der Bildung von Hitzeinseln, zu vermeiden.

Hierzu wurden in drei Vertiefungsgebieten (Stutensee, Ettlingen sowie in Karlsruhe-Ost) unter Einsatz kleinräumiger Klimaanalysen jeweils zwei Entwurfsszenarien entwickelt mit dem Ziel, das klimatische Wirkungsgefüge der Siedlungsstruktur durch geeignete Freiraum- und Gebäudetypologien zu verbessern.

Als eine zentrale Erkenntnis aus den Entwürfen ließ sich festhalten, dass insbesondere der Versiegelungsanteil sowie die Siedlungsdichte einen starken Einfluss auf die Wärmebelastung haben, während der Bebauungshöhe eine weitaus geringere Bedeutung zukommt.

Weitere Informationen, Ergebnisse und Produkte aus dem Modellprojekt finden Sie auf der Webseite des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe und im Webportal klimastadtraum.de

Verstetigung

Der Nachbarschaftsverband hat eine AG Klimawandel eingerichtet und plant die Entwicklung eines "Rahmenplan Klimaanpassung". Zudem wird die Anpassung an den Klimawandel bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans und des Landschaftsplans berücksichtigt. In den Vertiefungsbereichen Karlsruhe, Ettlingen und Stutensee werden die Anpassungsmaßnahmen darüber hinaus in aktuellen Planungsvorhaben berücksichtigt.

Als einen weiteren Schritt plant der Nachbarschaftsverband, weitere Entwurfsvarianten für Gewerbegebiete durchzuführen.

Projektpartner

Mit der Trägerschaft durch den Nachbarschaftsverband verfügte das Modellprojekt über eine besondere Konstellation im StadtKlimaExWoSt-Forschungsschwerpunkt. Elf Mitgliedsgemeinden (Städte: Karlsruhe, Ettlingen, Rheinstetten und Stutensee; Gemeinden: Linkenheim-Hochstetten, Eggenstein-Leopoldshafen, Weingarten, Pfinztal, Marxzell, Waldbronn und Karlsbad) brachte die kommunale Ebene in das Projekt ein und ermöglichte die Untersuchung der Vertiefungsräume.

Lokale Forschungsassistenz und Ansprechpartner

Die Forschungsassistenz lag beim Unternehmen GEO-NET Umweltconsulting (Peter Trute), das bereits in die aktuell laufende Tragfähigkeitsstudie zum ökologischen Flächenmanagement im Nachbarschaftsverbund Karlsruhe eingebunden war. GEO-NET übernahm die Koordination des Modellprojekts und leistete die wissenschaftliche Begleitung. Beim Nachbarschaftsverband Karlsruhe war der Ansprechpartner Herr Martin Kratz von der Planungsstelle.

Durch die enge Kooperation von GEO-NET mit dem Institut für Meteorologie und Klimatologie der Universität Hannover sowie die Einbindung des Instituts für Entwerfen von Stadt und Landschaft der ansässigen Universität, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) waren weitere wissenschaftliche Instanzen beteiligt.

Diese Seite