Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Dokumenttyp: Fachbeitrag Datum 24.06.2021 Altlasten in Gebäuden: Asbest

Auch wenn in Deutschland seit 1993 die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Asbest und asbesthaltigen Produkten verboten ist, muss damit gerechnet werden, dass sich noch immer Altlasten in älteren Bestandsgebäuden befinden.

Neben Holzschutzmitteln und Bioziden sind Polychlorierte Biphenyle (PCB), Pentachlorphenol (PCP), Lindan, DDT3 und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie alte künstliche Mineralfasern (KMF) und Asbest die zu erwartenden Problemstoffe im Bestandsbau.

Insbesondere Asbest stand in der letzten Zeit häufig im Fokus. Der Umgang mit den typischen asbesthaltigen Produktgruppen ist weitgehend geregelt. Fest gebundener Asbest beispielsweise in Asbestzement oder Bodenbelägen ist - wenn unbeschädigt - selbst im eingebauten Zustand nach wie vor als problemfrei anzusehen. Schwach gebundene Asbestprodukte sind im Regelfall bereits mehrheitlich ausgebaut. Alle auftretenden Fallsituationen können mithilfe der Technischen Regel für Gefahrstoffe TRGS 519 Asbest, Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten eingeordnet und in ihrer Dringlichkeit zur Sanierung bzw. zum Ausbau bewertet werden.,

Einen Überblick über historische Asbestprodukte bietet die BBSR-Berichte KOMPAKT „Gefahrstoff Asbest“ (>> weitere Informationen). Auf der Webseite www.WECOBIS.de finden Bauherren und Planer ergänzende Informationen zu Schadstoffen im Bestandsbau, nach Bauproduktgruppen gegliedert.

Weitgehend bekannt ist das Vorhandensein von Asbest in Baumaterialien wie Dach- und Fassadenplatten oder auch Brandschutzisolierungen. Weniger bekannt dagegen ist die Verwendung von Asbest in Bodenbelägen (inklusive dem darunter befindlichen Kleber), Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern und bauchemischen Produkten wie bestimmten Kitten.

Bei den genannten Materialien unterscheidet man homogene und inhomogene Anwendungen. Homogene Anwendungen liegen beispielsweise bei flächiger Anwendung von Fliesenklebern oder gleichmäßigem Putzauftrag vor. Inhomogene Anwendungen liegen dann vor, wenn nur in Teilbereichen einer Fläche asbesthaltiges Material eingesetzt wurde, wie zum Beispiel bei Reparaturspachtel, beim Spachteln von Schlitzen und Schadstellen oder entlang von Plattenstößen.

Somit stellt Asbest in Bezug auf Putze und Spachtelmassen alle Beteiligten vor besondere Herausforderungen. Im Rahmen des Nationalen Asbestdialoges (Stand Mai 2020) wurden deshalb mehrere Maßnahmen beschlossen, um die Problematik durch asbesthaltige Putze, Spachtelmassen und Fliesenkleber sowohl in der Gefahrstoffverordnung als auch in technischen Regelwerken wie der Asbestrichtlinie künftig besser zu berücksichtigen.

Auf dem Foto ist ein Gittertor zu sehen, hinter welchem große Säcke mit asbesthaltigem Abfall gestapelt sind. Asbesthaltiger Abfall Asbesthaltiger Abfall

Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und dem Umweltbundesamt (UBA) hat das BBSR die „Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden“ ausgearbeitet (>> weitere Informationen). Die im Frühjahr 2020 erschienene Publikation gibt Empfehlungen für die anlassbezogene Erkundung vor durchzuführenden Baumaßnahmen. Sie beschreibt ein schrittweises Vorgehen bei der Asbesterkundung mit dem Ziel, den Umgang mit Asbest bis hin zur Entsorgung des Abfalls sicher zu gestalten.

Die Leitlinie ist als Planungshilfe konzipiert und hat keinen normativen, also gesetzlich verbindlichen Charakter. Sie gibt Empfehlungen für alle Arbeiten und Tätigkeiten, bei denen Asbest in einem Gebäude vermutet wird oder nachgewiesen wurde und bei denen Bauteile, die Asbest enthalten könnten, bearbeitet oder entfernt werden. Die Empfehlungen sind ein erster Schritt zu einer Vereinheitlichung der Herangehensweisen bei Baumaßnahmen mit asbesthaltigen Bauteilen in und an Gebäuden. Es werden aber keine bauordnungsrechtlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Neuerungen festgelegt.

Die Leitlinie lässt die bislang bestehenden Hinweispflichten von Auftragnehmern unberührt. Vielmehr versucht sie, Bauherren für die Problematik zu sensibilisieren, um den Bauherrn und Auftragnehmer im Vorfeld zur Erkundung zu motivieren, damit der notwendige Arbeitsschutz umgesetzt und die Kostensicherheit erhöht wird.

Im Sinne der Leitlinie sollte so früh wie sinnvoll und möglich mit einer Erkundung auf Asbest angefangen werden. Veranlasser kommen mit einer Asbesterkundung verschiedenen rechtlichen Verpflichtungen nach:

  • dem Vermeiden der von Gebäuden oder Gebäudeteilen ausgehenden Gefahren für Leben und Umwelt (Bauordnungsrecht)
  • der Sicherheit bzw. Gesundheit von Beschäftigten (Arbeitsschutz, inklusive Baustellenverordnung); dem Vermeiden der Immissionen von Asbestfasern in die Umwelt (Immissionsschutzrecht)
  • den Vorgaben, asbesthaltige Abfälle als gefährlichen Abfall entsprechend zu sammeln, auszuweisen und zur Entsorgung zu transportieren (Abfallrecht)

Das BBSR bietet im Rahmen des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen für Bundesbauten (BNB) nicht nur übersichtliche Informationen zu gesetzlichen Regelungen, sondern durch den Kriteriensteckbrief 1.1.6 „Risiken für die lokale Umwelt - Modul Komplettsanierung“ (>> weitere Informationen) auch eine Bewertungsmatrix, um nach einer Sanierung die Qualität der Durchführung einzuordnen. Der Kriteriensteckbrief ist jedoch weniger als Einzelhilfe konzipiert, sondern Teil einer ganzheitlichen Bewertungssystematik zur Einordnung der Nachhaltigkeit einer Baumaßnahme.

Kontakt

  • Dr. Stefan Haas
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat WB 6 „Instrumente des ressourcenschonenden und klimaangepassten Bauens“
    Telefon: +49 30 18401-3414
    E-Mail: stefan.haas@bbr.bund.de

Diese Seite