Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Dokumenttyp: Fachbeitrag Datum 06.04.2022 Regionale Ausbreitung von COVID-19

Das BBSR analysiert seit März 2020, wie sich COVID-19 in Deutschland ausgebreitet hat. Über das Tool „Corona regional“ stellt es die Daten allen Interessierten bereit.

„Corona regional“ bildet die historische und aktuelle Entwicklung der Pandemie in räumlichen Zusammenhängen ab. Anhand der Inzidenzen (Fallzahlen) lässt sich die Entwicklung für städtische, ländliche Räume sowie weitere Raumkategorien nachvollziehen. Dazu gehören der siedlungsstrukturelle Kreistyp, wachsende und schrumpfende Kreise oder Grenzregionen. Die Anwendung veranschaulicht, welche Räume wie stark in den unterschiedlichen Phasen der Pandemie betroffen waren und aktuell betroffen sind, und wie Hotspots die Fallzahlen einer Region beeinflussen. Kreis- und Streudiagramme, „Heatmaps“ und Fieberkurven zeichnen die Entwicklung nach. Regionale Analysen sind auch für verschiedene Altersgruppen und differenziert nach Geschlechtern möglich.

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Aktuelle Entwicklungen

Die aktuellen Entwicklungen der 7-Tage-Inzidenz zeigt die Doppelkarte. Die Inzidenzen sind in der Kalenderwoche 12 (2022) flächendeckend sehr hoch, größtenteils mit Werten von über 1.000 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner. Im Vergleich zur Vorwoche sinken die 7-Tage Inzidenzen in einigen Kreisen, einige wenige Kreise jedoch zeigen deutlich steigende Inzidenzen auf.

Die Karte zeigt die 7-Tage-Inzidenz in den Stadt- und Landkreisen, Kalenderwoche 13, und die Veränderung gegenüber der Vorwoche. 7-Tage-Inzidenz in den Stadt- und Landkreisen, Kalenderwoche 13

Die Entwicklungen der 7-Tage-Inzidenzen seit Beginn der Pandemie im März 2020 können Sie in dieser animierten Karte verfolgen:

7-Tage-Inzidenz im Zeitverlauf. Hier klicken, um die interaktive Anwendung zu starten (öffnet neues Fenster). 7-Tage-Inzidenz im Zeitverlauf. Hier klicken, um die interaktive Anwendung zu starten (öffnet neues Fenster).

BBSR-Beobachtungen

Die COVID-19-Pandemie wirkt sich regional kurz-, mittel- und längerfristig unterschiedlich aus. Im Einzelnen lassen sich die zeitlichen und räumlichen Unterschiede im Infektionsgeschehen in einzelnen Aspekten wie folgt darstellen:

Kaum signifikante Stadt-Land-Unterschiede in den Fallzahlen:

Bezug: Dashboard Tabellenblatt Indikatoren nach Raumkategorien, Auswahl Stadt-Land/ Siedlungsstruktureller Kreistyp

Während der ersten Welle der Corona-Pandemie von Februar bis Sommer 2020 verbreitete sich das Virus zunächst im städtischen stärker als im ländlichen Raum. Während in der zweiten Welle im Zeitraum von Herbst bis Dezember 2020 die 7-Tage-Inzidenz des städtischen Raums leicht über der des ländlichen Raums lag, war die 7-Tages-Inzidenz des ländlichen Raums in der dritten Welle von Mitte Dezember 2020 bis April 2021 höher als in städtischen Regionen. Von Mai 2021 bis Juli 2021 glichen sich die 7-Tages-Inzidenzen wieder stark an, bevor über die Monate August und September die städtischen Kreise höhere Inzidenzen als die ländlichen aufwiesen. Das drehte sich in der anschließenden vierten Welle bei viel höheren Inzidenzen insgesamt wieder herum – der  ländliche Raum hatte deutlich höhere Inzidenzen als der städtische Raum. In der aktuellen fünften Welle bzw. Wand stiegen die Inzidenzen rasant und lagen erneut im städtischen Raum deutlich höher als im ländlichen. Seit Mitte Februar sinken die Inzidenzen leicht in den städtischen Kreisen, die Inzidenzen in den ländlichen Räumen bleiben konstant bzw. steigen an. Insgesamt zeigt sich, dass zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 bei viel niedrigeren Inzidenzen der städtische Raum etwas stärker betroffen war, während in den späteren Phasen, insbesondere der 3 und 4. Welle 2021 der ländliche Raum höher Inzidenzen aufwies. Aktuell weist wiederum der städtische Raum in der 5. Welle bei erheblich höheren Niveau mehr Inzidenzen als der ländliche Raum auf. Insgesamt zeigt sich somit, dass sich die Inzidenzen im Sommer angleichen, im Herbst der städtische Raum, im Winter der ländliche Raum höhere Inzidenzen aufzeigte. Die 5. Welle weicht davon ab. Die Gründe für diese Entwicklungen sind vielfältig, liegen in Reiseverhalten, altersgruppenspezifisch unterschiedlichen Inzidenzen u.v.a. mehr. Letztlich zeigt sich nur, die Pandemie in verschiedenen Phasen alle räumlichen Kategorien betreffen kann.

Das Diagramm zeigt die Entwicklung der 7-Tage-Inzidenz in den siedlungsstrukturellen Kreistypen seit Beginn der Pandemie.

Betrachtet man die Summe aller gemeldeten Fälle je 100.000 Einwohner lässt sich für den Zeitraum von März 2020 bis Anfang März 2021 eine leicht höhere Betroffenheit im städtischen Raum, insbesondere in kreisfreien Großstädten feststellen. Seit Mitte November 2021 überwiegen die Fälle im ländlichen Raum, vor allem in ländlichen Kreisen mit Verdichtungsansätzen deutlich. Anfang des Jahres 2022 wurden für den ganzen Pandemiezeitraum für den ländlichen Raum rund 9.500 Fälle je 100.000 Einwohner gemeldet, für die städtischen Kreise sind es nur rund 8.800.

Signifikante Stadt-Land-Unterschiede in den Todesfallzahlen: Die im Zusammenhang mit COVID-19 gemeldeten Todesfälle je 100.000 Einwohner über sieben Tage waren in der ersten Welle im städtischen Raum etwas höher als im ländlichen Raum. Das Verhältnis drehte sich jedoch in der zweiten Welle deutlich und auch in der dritten, vierten und beginnenden fünften Welle sind die bevölkerungsgewichteten wöchentlich gemeldeten Todesfälle im ländlichen Raum (leicht) höher als im städtischen Raum.

Bei der Betrachtung der Todesfälle insgesamt je 100.000 Einwohner von März 2020 bis Anfang Juli 2021 fällt ein deutlicher Stadt-Land Unterschied der kumulierten Todesfälle seit Ende Dezember 2020 zu einem zuvor gleichen Verhältnis auf. Insgesamt ist der ländliche Raum während der ganzen Pandemie zu Beginn des Jahres 2022 mit insgesamt 165 Todesfällen je 100.000 Einwohner (rund 70.700 Todesfälle absolut) einwohnergewichtet deutlich betroffener als der städtische Raum mit rund 125 Todesfällen je 100.000 Einwohnern (rund 43.750 Todesfälle absolut). Die östlichen Flächenländer weisen einwohnergewichtet über den gesamten bisherigen Zeitraum der Pandemie vergleichsweise höhere Todesfallzahlen auf, was viele Gründe haben kann, u.a. eine ältere Bevölkerung und höhere Inzidenzen.

Diagramm: Summe aller COVID-19-Todesfälle je 100.000 Einwohner in städtischen und ländlichen Räumen

Infektions- und Todeszahlen unterscheiden sich in Altersgruppen und zwischen den Geschlechtern: Die Altersstruktur der Bevölkerung in den Regionen beeinflusst die lokale Ausbreitung von Sars-CoV-2 stärker als Stadt-Land-Unterschiede. Die Altersstruktur erklärt die regionale Streuung der COVID-19-Fallzahlen jedoch nur zum Teil. Je jünger die Bevölkerung im Durchschnitt ist, desto höher ist tendenziell die Zahl der Neuinfektionen. Das Verhältnis der COVID-19-Fallzahlen zu den Altersgruppen gibt Aufschluss darüber, ob und welche Bevölkerungsgruppen besonders betroffen sind.

Der Anteil der infizierten Hochbetagten – also der Menschen ab einem Alter von 80 Jahren – war zu Beginn der Pandemie und während der zweiten Welle sehr hoch und lag deutlich über dem Bevölkerungsanteil dieser Altersgruppe. Ab Mitte Januar 2021 (und dem Beginn der Impfungen dieser Altersgruppe) sank der Anteil der über 80-Jährigen an den gesamten Neuinfektionen stark. Anfang Juli 2021 hat die Gruppe der Hochbetagten deutschlandweit nur noch eine Inzidenz von 1,7.

Bereits im Sommer 2020 stiegen auch die Infektionen bei den Kindern und Jugendlichen – diese Zahlen lagen jedoch von September 2020 bis März 2021 stabil unter dem Bevölkerungsanteil der Altersgruppe. Bis Mitte Mai 2021 stiegen die Fallzahlen bei Kindern und Jugendlichen dann deutlich – und lagen höher, als es den Bevölkerungsanteilen der jeweiligen Altersgruppen entspricht. Auch in den Wochen der vierten Welle liegen Kinder und Jugendliche mit einer Inzidenz von über 200 weiter über den jeweiligen Bevölkerungsanteilen. In der fünften Welle übertreffen die 7-Tage-Inzidenzen mit Höchstwerten von über 1.000 die Werte aller anderen Altersgruppen. Insgesamt ist die Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen (5-15 Jahre) kumuliert über den gesamten Zeitraum der Pandemie mit einer Inzidenz von rund 13.000 je 100.000 Einwohner der gleichen Altersgruppen die am meist betroffene. Zum Vergleich: die Altersgruppe der über 80-Jährigen im Vergleichszeitraum eine Inzidenz von 7.500 je 100.000 Einwohner der gleichen Altersgruppe. Einschränkend ist an dieser Stelle jedoch auf die regelmäßig stattfindenden Schul- und Kitatestungen zu verweisen, die unter Umständen – neben den viel geringeren Impfquoten als bei Erwachsenen - die gemeldeten Fallzahlen vor allem im Vergleich zu den anderen Altersgruppen erklären.

COVID-19-Fallzahlen bei Menschen mittleren Alters stiegen dagegen in stärkerem Maße seit der zweiten Welle an. Besonders deutlich wird dieser Unterschied in den städtischen Räumen, aber zu Beginn der 4. Welle auch in den ländlichen Räumen. Sie überholte im September 2021 bei den kumulierten Inzidenzen die zunächst am stärksten betroffene Altersgruppe der Hochbetagten (80 Jahre und älter) und wird erst zum Jahresende 2021 von der Gruppe der 5 bis 15-Jährigen eingeholt.

Diagramm: 7-Tage-Inzidenz nach Altersgruppen im Zeitverlauf

Grenzregionen sind unterschiedlich stark von COVID-19-Neuinfektionen betroffen: Stadt- und Landkreise in Grenzregionen sind im Durchschnitt nicht stärker betroffen als in anderen Regionen. Besonders die norddeutschen Kreise, die an Dänemark und den Ostseeraum angrenzen, wiesen weiterhin relativ geringe Infektionszahlen auf, abgesehen von kurzzeitig höheren Werten. Während die bayerischen Kreise an der Grenze zu Österreich in der ersten Welle im Frühling besonders hohe Fallzahlen verbuchten, zeigten sich über längere Zeiträume im Frühjahr 2021 hohe Fallzahlen in den Landkreisen im weiteren Grenzraum zu Tschechien und Polen, auch in Teilen des Grenzraums zu den Niederlanden. Aber auch in diesen Regionen ist seit Ende Mai ein deutlicher Rückgang der Fallzahlen zu beobachten. In der vierten Welle sind die Inzidenzen besonders im Grenzraum Österreich und Schweiz und später auch Tschechien und Polen vergleichsweise hoch, während zu Beginn der fünften Welle hohe Inzidenzen im Norden im Grenzraum zu Dänemark und zur Ostsee vorliegen


 Lokale Hotspots erhöhen Infektionszahlen in kreisfreien Städten und Landkreisen: Insbesondere während der ersten Welle der Pandemie trieben Massenansteckungen bei einzelnen Ereignissen die Zahl der Infektionen in einigen kreisfreien Städten und Landkreisen in die Höhe. Im Frühherbst 2020 traten Hotspots auf, bei denen die Infektionszahlen vergleichsweise lange verhältnismäßig hoch blieben. Das gilt unter anderem für Rosenheim, Berchtesgaden, den Erzgebirgskreis und Hamm. Einige Kreise in Ostthüringen (z.B. Saale-Orland-Kreis und Greiz) und im südwestlichen Sachsen (z.B. Vogtlandkreis und Erzgebirgskreis) wiesen bis weit in das Frühjahr 2021 und teilweise auch wieder im Herbst 2021 besonders hohe Inzidenzen auf, während die Inzidenzen z.B. in Kreisen Schleswig-Holsteins weit unter dem Bundesdurchschnitt lagen. Im Juni 2021 erreichten hingegen ehemalige Hot-Spots wie der Landkreis Tirschenreuth oder der Voigtlandkreis wieder Inzidenzen nahe 0.

Kontakt

  • Nadine Blätgen
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 6 „Stadt-, Umwelt- und Raumbeobachtung“
    Telefon: +49 228 99401-2314
    E-Mail: nadine.blaetgen@bbr.bund.de

  • Dr. Fabian Dosch
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 6 „Stadt-, Umwelt- und Raumbeobachtung“
    Telefon: +49 228 99401-2160
    E-Mail: fabian.dosch@bbr.bund.de

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