Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Dokumenttyp: Fachbeitrag Datum 25.03.2022 Erreichbarkeitsanalysen des BBSR

Die regionalen Erreichbarkeitsverhältnisse in Deutschland weisen starke räumliche Disparitäten auf. Daraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die Raumentwicklung und die Versorgungssituation der Bevölkerung.

Grundlage

Die Grundlage für die Erreichbarkeitsanalysen des BBSR bildet das Erreichbarkeitsmodell. Die raumordnungspolitischen Fragestellungen werden dabei durch Anwendungen wie Netzanalysen, Regions- und Raumabgrenzungen, Lagegunst-, Versorgungsgrad- oder Potenzialanalysen untersucht. Ziel ist dabei, raum- und stadtentwicklungsrelevante Fragestellungen des Verkehrs oder der Erreichbarkeit mit geeigneten Indikatoren, Auswertungen und deren (karto)grafischen Visualisierungen zu adressieren.

Im Zentrum des Erreichbarkeitsmodells des BBSR steht ein Geoinformationssystem (GIS), welches zur Datenhaltung und -pflege eingesetzt wird und die Berechnung der Erreichbarkeitsindikatoren ermöglicht. Im GIS werden im Wesentlichen zwei unterschiedliche Datengruppen vorgehalten: Netzgrundlagen und räumliche Bezugssysteme. Hinsichtlich der Netzgrundlagen basiert das Modell auf bestehenden und geplanten Verkehrsnetzen für Straße, Schiene und Luftverkehr. Das deutschlandweite Straßennetz umfasst derzeit rund 1 Mio. Streckenabschnitte und rund 800.000 Knoten.

Die einzelnen Netzelemente sind mit einer Reihe von Attributen versehen, die wesentliche Kenngrößen der einzelnen Streckenabschnitte beschreiben. Hierzu zählen „Streckentyp“ (von schnellen Autobahnen bis hin zu langsamen Wohnstraßen), „Streckenlänge“, „Geschwindigkeit“, „resultierende Fahrzeit“, „Verbindung von/nach“ und „Land“.

Für das Schienennetz sind Informationen zur „Reisezeit“, „Bedienungshäufigkeit“ und „Verbindung von/nach“ abgelegt; für das Flugnetz „Check-in-/-out-Zeiten“, „Flugzeit“, „Bedienungshäufigkeit“ und „Verbindung von/nach“.

Viele dieser Daten entstammen entsprechenden Datenbanken oder Fahrplänen, für einige Attribute sind Annahmen zu treffen. Dies gilt insbesondere für die in das Modell eingehenden Fahrgeschwindigkeiten auf den einzelnen Segmenten des Straßennetzes.

Diese Geschwindigkeitsannahmen basieren auf den einzelnen Streckentypen (Stadtstraßen bis Autobahnen) zugeordneten Geschwindigkeitsprofilen, die in jeder Streckentypkategorie je nach Siedlungsstruktur unterschieden werden, um unterschiedliche Verkehrsbelastungen näherungsweise abzudecken.

Die zweite im GIS vorgehaltene Datengruppe bildet verschiedene Aspekte der räumlichen Bezugssysteme des Erreichbarkeitsmodells ab. Hierzu zählen sowohl Daten zu den Quellen bzw. Messpunkten der Erreichbarkeit wie Gemeinden oder gleichmäßig im Raum verteilten Punkten als auch zu den unterschiedlichen Zielkategorien wie Zentren oder Standorten von Infrastruktureinrichtungen wie z. B. Flughäfen, Bahnhöfen, Krankenhäusern oder Autobahnanschlussstellen.

Das GIS stellt zudem weitere Funktionalitäten bereit: Mit einem Modul zur Netzwerkanalyse werden auf Basis der eingebundenen Verkehrsnetze und ihrer Attribute kürzeste Wege bzw. Reisezeiten zwischen den Knoten der Verkehrsnetze berechnet und als Zeit- oder Distanzmatrizen abgelegt. Außerdem kann die jeweils nächste Einrichtung bestimmt oder ein Einzugs- oder Versorgungsbereich ermittelt werden. Diese werden als Input für die Berechnung verschiedener Erreichbarkeitsindikatoren genutzt, die zumeist als Reisezeit zum nächsten Zentrum bzw. Verkehrsinfrastruktur- oder Daseinsvorsorgestandort ausgedrückt werden.

Mit den visualisierten und tabellarisch aufbereiteten Erreichbarkeitsindikatoren und weiteren Analysen kann die Erreichbarkeitssituation der Bevölkerung in den einzelnen Teilräumen erfasst und bewertet werden. Zudem werden Aussagen zur regionalen Infrastrukturversorgung der Bevölkerung und ihrer Veränderung durch Aus- oder Rückbau von Infrastrukturen und Verkehrsdienstleistungen ermöglicht.

Die Erreichbarkeitsanalysen bieten grundlegende Erkenntnisse zur Siedlungsstruktur und Typisierung von Regionen in Deutschland und Europa in Bezug auf ihre Lagegunst mit einem Spektrum von zentralen bis zu peripheren Räumen.

Kontakt

  • Thomas Pütz
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 5 „Digitale Stadt, Risikovorsorge und Verkehr“
    Telefon: +49 228 99401-2300
    Fax: +49 228 99401-2356
    E-Mail: thomas.puetz@bbr.bund.de

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