Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Dokumenttyp: Fachbeitrag Datum 08.08.2023 Baufertigstellungen und Bauüberhänge

Nachdem im Jahr 2021 die Baufertigstellungen leicht rückläufig waren (-4 %), stiegen sie im vergangenen Jahr wieder geringfügig um 0,6 % auf etwas mehr als 295.300 Wohnungen an. Allerdings erreichten die Fertigstellungszahlen nicht mehr den bisher höchsten Stand aus dem Jahr 2020 (306.400 Wohnungen). Auch der Bauüberhang – also die genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen – hat sich noch einmal um 4,5 % auf 884.800 Wohnungen erhöht.

Leichte Zuwächse bei den Wohnungsbaufertigstellungen

Bei den Fertigstellungen gab es sowohl im Ein- und Zweifamilienhaus- als auch im Mehrfamilienhaussegment leichte Zuwächse. Im Gegensatz zu 2021 ging der Neubau von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in den ländlichen Kreisen nicht weiter zurück, sondern stieg um 4,4 % an. Das sind durchschnittlich 19 Wohnungen je 10.000 Einwohner. Besonders stark nahm der Neubau von Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern in den dünn besiedelten ländlichen Räumen zu (+ 8,3 %). In den städtischen Kreisen fand eine leichter Anstieg um 3,1 % statt. Dagegen ging dieses Neubausegment in den Großstädten um 15,6 % zurück.

In den kreisfreien Großstädten dominiert nach wie vor der Geschosswohnungsbau, unterscheidet sich in der Dynamik allerdings teils deutlich. In den großen kreisfreien Großstädten mit mindestens 500.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind die Neubauzahlen bei Mehrfamilienhäusern im Jahr 2022 mit einer Veränderungsrate von 6,1 % noch angestiegen. Je 10.000 Einwohner wurden dort 31,4 Wohnungen fertiggestellt. In kleinen und mittleren kreisfreien Großstädten hingegen ging der Geschosswohnungsbau im Vergleich zum Vorjahr um 12,1 % auf 22,2 Wohnungen je 10.000 Einwohner zurück. In den städtischen Kreisen war die Entwicklung bei Mehrfamilienhäusern mit 17,7 fertiggestellten Wohnungen je 10.000 Einwohner im Vergleich zum Vorjahr positiv (+6,3 %), in den ländlichen Kreisen dagegen negativ (-5,3 %).

Abbildung: Die Abbildung zeigt in einem Liniendiagramm die Entwicklung der Baufertigstellungen je 10.000 Einwohner für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für Mehrfamilienhäuser nach Gebäudeart und Kreistypen für die Jahre 2005 bis 2022. Baufertigstellungen von Wohnungen nach Gebäudeart und Kreistypen 2005 bis 2022

Große regionale Unterschiede beim Wohnungsbau

Einwohnerbezogen entstanden im Jahr 2022 überdurchschnittlich viele Eigenheime in ländlich geprägten Regionen im nördlichen Schleswig-Holstein, in Niedersachsen, Bayern und im Berliner Umland. Die höchsten Fertigstellungszahlen bei Ein- und Zweifamilienhäusern erreichten Landkreise in Bayern und Niedersachsen: Straubing-Bogen (49 fertiggestellte Wohnungen je 10.000 Einwohner), Cloppenburg (42) und Emsland (39). Es folgen weitere Kreise in Niedersachsen und Bayern.

In den kreisfreien Städten wurden dagegen kaum Ein- und Zweifamilienhäuser errichtet: In zahlreichen Städten wird schon seit Jahren umfangreich Geschosswohnungsbau realisiert – im Jahr 2022 insbesondere in den beiden bayerischen Städten Straubing (99 fertiggestellte Wohnungen je 10.000 Einwohner) und Regensburg (81) sowie in Landau in der Pfalz (61). Es folgen Offenbach am Main, Fürth und Wiesbaden mit Werten deutlich über 50 Fertigstellungen je 10.000 Einwohner. Weitere Schwerpunkte des Mehrfamilienhausbaus sind boomende Umlandkreise wachsender Städte und Tourismusregionen in Nord- und Süddeutschland.

In zwei Karten wird auf der Ebene der Kreise die einwohnbezogene Bautätigkeit für das Jahr 2022 jeweils für Ein- und Zweifamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser dargestellt. Bautätigkeit nach Gebäudeart 2022

Abbildung: In der Abbildung sind in einem Liniendiagramm die Baugenehmigungen, Baufertigstellungen und Bauüberhänge von Wohnungen insgesamt für die Jahre 2005 bis 2022 dargestellt. Baugenehmigungen, Baufertigstellungen und Bauüberhänge

Hohe Bauüberhänge in den größten Städten und im boomenden Umland

2022 stiegen die Bauüberhänge – die Zahl der genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen – weiter auf 884.800 Wohnungen an. Davon waren bereits 462.900 Wohnungen im Bau. Die lang anhaltende Zunahme des Bauüberhangs setzte sich damit fort. Bei 39 % dieser Wohnungen haben die Baumaßnahmen noch nicht begonnen, bei weiteren 29 % ist der Rohbau noch nicht „unter Dach“.

Abbildung: Die Abbildung zeigt ein Kreisdiagramm, welches die Bauüberhänge von Wohnungen in neu gebauten Wohngebäuden nach Baufortschritt zeigt. Bauüberhänge von Wohnungen in neu gebauten Wohngebäuden 2022

Die Realisierungsrate genehmigter Wohnungen ist über die Jahre sehr hoch: 93 % aller Geschosswohnungen und 96 % aller Ein- und Zweifamilienhäuser werden gebaut. Der Anteil erloschener Baugenehmigungen ist mit 3 % durchweg niedrig.

Deutlich über zwei Drittel aller Bauüberhänge stammen aus dem Genehmigungszeitraum 2021 bis 2022, was auf einen großen Durchsatz hindeutet und keinen Hinweis auf ein „Lagern“ von Baugenehmigungen gibt.

Abbildung: Die Abbildung zeigt ein Kreisdiagramm, welches die Bauüberhänge von Wohnungen in neu gebauten Wohngebäuden nach Genehmigungszeitraum zeigt. Bauüberhänge von Wohnungen in neu gebauten Wohngebäuden 2022

Regionale Ausprägung des Bauüberhanges

Im Jahr 2022 belief sich der Bauüberhang in den zehn größten deutschen Städten auf 154 Wohnungen je 10.000 Einwohner. Das entsprach 182.700 Wohnungen und somit gut 20 % der bundesweiten Bauüberhänge.

Auffällig ist die sehr hohe einwohnerbezogene Zahl noch nicht fertiggestellter Wohnungen vor allem im Berliner Umland und in zahlreichen bayerischen Landkreisen, aber auch weitere Umlandkreise beispielsweise in Rheinland-Pfalz verzeichneten hohe Bauüberhänge.

Einwohnerbezogen die höchsten Bauüberhänge hatten im Jahr 2022 die Landkreise Havelland (319 Wohnungen je 10.000 Einwohner) und Dahme-Spreewald (297) sowie die Städte Straubing (271), Passau (255) und der Landkreis Schwandorf (271). In absoluten Zahlen waren Berlin (62.400 Wohnungen), München (35.500) und Hamburg (25.300) am stärksten betroffen. Alle drei Großstädte verzeichneten jedoch im Vergleich zu 2021 leicht fallende Bauüberhänge.

Ausblick

Die wachsende Kluft zwischen Baugenehmigungs- und Baufertigstellungszahlen der vergangenen Jahre war im Wesentlichen auf steigende Baugenehmigungszahlen und längere Bauzeiten (u. a. durch die stärkere Bedeutung des Geschosswohnungsbaus) zurückzuführen. Mit den im Jahr 2022 rückläufigen Baugenehmigungszahlen ist in der Zukunft der langjährige Trend steigender Bauüberhänge womöglich zu Ende. Einzelne Großstädte zeigen diese Entwicklung bereits. Durch die erheblichen Veränderungen in der Weltwirtschaft – insbesondere bedingt durch den Ukraine-Krieg – ist in diesem Jahr ein deutlicher Rückgang der Baugenehmigungen zu erwarten. Damit wird sich der hohe Bauüberhang vermutlich bald reduzieren.

Kontakt

  • Alexander Schürt
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat WB 1 „Wohnungs- und Immobilienmärkte“
    Telefon: +49 228 99401-2239
    E-Mail: alexander.schuert@bbr.bund.de

  • Matthias Waltersbacher
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat WB 1 „Wohnungs- und Immobilienmärkte“
    Telefon: +49 228 99401-2610
    E-Mail: matthias.waltersbacher@bbr.bund.de

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