Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Resilienz und baukulturelles Erbe

Ein integrierter Ansatz zum Risikomanagement des kulturellen Erbes in der bestandsorientierten Stadtentwicklung

Projektsteckbrief

  • Status Abgeschlossen
  • Laufzeit Januar 2021 – September 2022
  • Programm ExWoSt

Im Forschungsprojekt wurde untersucht, wie bestehende integrierte Ansätze im Bereich Risiko- und Kulturerbemanagement in europäischen Städten künftig gestärkt werden können. Ferner wurde erforscht, inwieweit relevante Konzepte und Prozesse auf die kommunale Ebene in Deutschland übertragen und so abgestimmte Vorgehensweisen etabliert werden können.

Ausgangslage

Baukulturelles Erbe ist wesentlicher Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses unserer Gesellschaft und damit eine wichtige kulturelle Ressource. Es kann dazu beitragen, kollektive raumbezogene Identitäten zu formen, ein Zugehörigkeitsgefühl innerhalb städtischer Gemeinschaften zu schaffen und die Zivilgesellschaft zu mobilisieren. Historische Bauten sind Zeugnis von Bautraditionen und Geschichten sowie Sinnbild für Kontinuität, Stabilität und Stärke – und somit für Resilienz. Angesichts der zunehmenden Gefahren, beispielsweise vor dem Hintergrund des Klimawandels, wird deutlich, dass die historische Bausubstanz nicht nur ein spezielles Risikomanagement zu ihrem Schutz braucht, sondern dies insbesondere interdisziplinäres Denken und Handeln erfordert. Die UNESCO hat diesbezüglich bereits in ihrem Handbuch „Katastrophenschutz an Welterbestätten“ Leitlinien und Orientierungshilfen zum Umgang mit Welterbestätten im Katastrophenfall zusammengefasst.

In der Praxis zeigt sich jedoch oft eine fehlende Verknüpfung zwischen dem Management des (bau-)kulturellen Erbes und dem Risikomanagement auf der lokalen Ebene: Meist beziehen sich weder die Planungsinstrumente beider Bereiche aufeinander, noch sind Formate und Prozesse der Kooperation und Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteursgruppen etabliert. Hinzu kommt die Problematik, dass ohnehin in den meisten Ländern Präventions- bzw. Anpassungsaktivitäten der Stadt- und Raumplanung einerseits und Vorbereitungen auf potenzielle Bedrohungen und Katastrophenfälle durch den Katastrophenschutz andererseits nicht ausreichend verknüpft sind. Häufig werden keine Prinzipien und Ziele für konkretes Erbe- und Risikomanagement vor Ort definiert oder sie werden nicht ausreichend transparent kommuniziert. Auch fehlen entsprechende Austauschformate zwischen den relevanten Akteuren, und Schnittstellen im Bereich gesetzlicher Vorschriften werden häufig nicht genutzt.

An diesem Punkt setzte das Forschungsvorhaben an. In dem Projekt sollte untersucht werden, wie integrierte Ansätze im Bereich Risiko- und Erbemanagement in europäischen Städten gestärkt werden können und inwieweit diesbezüglich bestehende Konzepte und Prozesse zu einem integrierten Vorgehen wie zum Beispiel im UNESCO-Handbuch sowie in anderen relevanten Handbüchern und Dokumenten dargestellt, auf europäische Städte übertragbar sind. Das Forschungsprojekt war zudem in den Prozess der Urbanen Agenda für die EU eingebettet:

In diesem Rahmen arbeiten Akteure der EU, der Mitgliedstaaten, aus Regionen und Städten gemeinsam an innovativen Lösungen für die zukünftige Entwicklung europäischer Städte. Eine der 14 ersten thematischen Partnerschaften befasste sich mit der Entwicklung von Kultur und kulturellem Erbe europäischer Städte. Sie wurde federführend von BMWSB und BBSR gemeinsam mit Italien gesteuert. In elf sogenannten „Aktionen“ wurden Fachdiskurse zu unterschiedlichen Aspekten des Themenbereichs Kultur und kulturelles Erbe in der europäischen Stadtentwicklung geführt. Begleitet wurden die Aktionen von Expertengruppen, den sogenannten „Aktionsgruppen“, in deren offenen Dialogformaten Erkenntnisse zusammengetragen und Empfehlungen für die EU aufbereitet wurden.

Weitere Informationen finden Sie auf der englischsprachigen Internetseite „Urban Agenda for the EU“: Urban Agenda for the EU - Culture and Cultural Heritage

Das bauliche Erbe ist durch unterschiedliche Gefahren in seinem Bestand bedroht - hier der stark gestiegene Pegel der Donau in Regensburg nach langanhaltenden großräumigen Niederschlägen. Resilienz und baukulturelles Erbe Stark gestiegener Pegel der Donau, Regensburg

Das Forschungsprojekt war Teil der Aktion 8 „Guiding Principles for Resilience and Integrated Approaches in Risk and Heritage Management in European Cities”. Diese setzte sich vertiefend mit der Verschneidung der Themenfelder Resilienz und Baukultur auf europäischer Ebene auseinander, um integrierte Ansätze des Risikomanagements für das baukulturelle Erbe in europäischen Städten zu stärken. Die Forschungsergebnisse wurden in der Aktionsgruppe laufend rückgekoppelt und die Diskussionsergebnisse und Empfehlungen in die weitere Bearbeitung aufgenommen.

Ziel 

Zentrales Anliegen des Forschungsvorhabens war es, die bestehenden integrierten Ansätze zwischen Risiko-Erbemanagement und der Resilienz des baukulturellen Erbes sowie gute europäische Beispiele zu analysieren und zu bewerten. Auf dieser Grundlage wurde ein Austausch der relevanten Akteure initiiert, um Leitlinien und Empfehlungen für den künftigen Umgang zur Förderung eines integrierten Risikomanagements zu entwickeln. Dies wurde in einem ersten Schritt auf europäischer Ebene betrachtet und anschließend mit einem Fokus auf deutsche Kommunen weitergehend untersucht.

Integriertes Risikomanagement mit dem Fokus auf baukulturelles Erbe meint dabei eine Verschneidung beider Disziplinen, mit dem Ziel, baukulturelles Erbe künftig besser vor Gefahren schützen zu können. Dem liegt ein ganzheitliches Verständnis zugrunde, indem einerseits, im Sinne des sogenanntes „Allgefahrenansatzes“, alle Arten natürlicher und/oder vom Menschen verursachten Gefahrenquellen (z. B. Überschwemmungen, Erdbeben, aber auch Brände oder bewaffnete Konflikte) berücksichtigt werden und andererseits ein systemisches Verständnis baukulturellen Erbes zugrunde gelegt wird. Das heißt, dass nicht nur staatlich geschützte Denkmäler betrachtet werden sollen, sondern auch alle weiteren Arten von Gütern und Stätten, die für die kulturelle raumbezogene Identität lokaler Gemeinschaften von Bedeutung sind (z. B. historische Stadtzentren und Kulturlandschaften).


Auftragnehmer des Forschungsprojektes war das Büro Reicher Haase Assoziierte GmbH (Aachen) in Arbeitsgemeinschaft mit plan + risk consultProf. Dr. Greiving & Partner (Dortmund) und Prof. Dr. Carola S. Neugebauer – Juniorprofessur Sicherung kulturellen Erbes (Aachen).

Blätterfunktion

Baukulturelles Erbe vor Risiken schützen und resilient gestalten Eine Arbeitshilfe für die kommunale Praxis Einzelpublikation

Resilience and Cultural Heritage in Urban Development Guidance Paper on Integrated Risk Management Einzelpublikation

Kontakt

  • Bastian Wahler-Żak
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 8 „Qualität im Städtebau, Investive Projekte“
    Telefon: +49 228 99401-1326
    E-Mail: bastian.wahler@bbr.bund.de

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