Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Smart Cities – Stadtverkehr für übermorgen

Ergebnisse

Forschung zum Stadtverkehr

Das Themenfeld "Mobilität von morgen" ist von unterschiedlichsten Aspekten geprägt: Informations- und Kommunikationstechnologien, Fahrzeugtechnik, Infrastrukturen, gesellschaftliche Veränderungen, Geschäftsmodelle, etc. Die Recherche und Auswertung der aktuellen Forschungslandschaft zeigte kein radikal verändertes Bild der Mobilität der Zukunft.
Vielmehr werden bestehende Trends fortgeschrieben:

  • Multi- und intermodal (situationsangepasste Verkehrsmittelwahl)
  • Gemeinsam genutzt (stärkere Nutzung von Car & Bike-Sharing-Angeboten, Schlagworte: Nutzen statt Besitzen, Sharing Economy)
  • Elektrifiziert (parallel Plugin-Hybride, Batterie, Range-Extender, Brennstoffzellen)
  • Optimierte (intelligente Verkehrsleitsysteme und Verkehrsinformationssysteme)
  • Integriert (Apps für multi-modale Reiseplanung und -durchführung/One-Stop-Shop)
  • Automatisiert (assistierte bis fahrerlose Fahrzeuge im motorisierten Individualverkehr, ÖPNV und Güterverkehr, Drohnen)

Die fortschreitende Digitalisierung und der zunehmende Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien bilden den notwenigen Katalysator dieser Entwicklung.
Breiter Konsens besteht darüber, dass das Kraftfahrzeug auch in Zukunft das Kernstück der Mobilität darstellen wird, wenn auch vielleicht aus anderen Materialien, mit anderem Antrieb (bevorzugt elektrisch) und als gemeinschaftlich genutztes Fahrzeug.

Ebenfalls herrscht Einvernehmen darüber, dass der integrierte, digitalisierte und flexibilisierte Öffentliche Personenverkehr sowie der Fuß- und Radverkehr in Städten eine größere Bedeutung haben werden und die Menschen weniger auf ein (eigenes) Verkehrsmittel fixiert sein werden.

Mit einem vermehrten Einsatz von individualisiertem Luftverkehr, wie z. B. fliegenden Hybridfahrzeugen oder Personendrohnen, wird nicht gerechnet und auch eine merkliche Reduzierung von physischem Verkehr durch eine zunehmende Virtualisierung der Gesellschaft wird kaum in Erwägung gezogen bzw. thematisiert.

Stadtfiktionen

Der Realtyp beschreibt als Ausgangsbasis, an der sich die nachfolgenden Stadtfiktionen messen lassen, die heutige Situation von Stadtstruktur und Mobilitätssystem, aber auch erkennbare Trends in einer durchschnittlichen deutschen Großstadt.

Stadtfiktion 1 ("Weiter so") beschreibt eine Stadt, in der alle aktuellen Trends der Vernetzung, Automatisierung, Elektrifizierung und der Einführung von Sharing-Systemen fortentwickelt werden. Zentrales Element ist ein in öffentlich-privater Partnerschaft betriebenes Planungs- und Buchungssystem zur multi- und intermodalen Nutzung aller privaten und öffentlichen Verkehre. Kommunen und kommunale Unternehmen sind an der Kooperation maßgeblich beteiligt. Multifunktionale Mobilitätsstationen werden zu Kristallisationspunkten der Stadtentwicklung.

In Stadtfiktion 2 ("Vernetzung") werden nicht bloß die heute bestehenden Mobilitätssysteme mit den Möglichkeiten der Digitalisierung fortentwickelt, sondern es wird ein vollständig neues, modulares und vernetztes Verkehrs- und Infrastruktursystem entworfen, das Individualverkehr und öffentlichen Personennahverkehr miteinander verknüpft. Kleine autonom fahrende, dynamisch und hoch flexibel gesteuerte Fahrzeugkapseln lassen sich beliebig miteinander koppeln und stehen nachfragebasiert zur Verfügung: von der einzelnen Kapsel für den Zubringerdienst bis zum aus ihnen koppelbaren Zug für "Linienverkehre". Die städtischen Verkehrsbetriebe und Verkehrsleitzentralen steuern das hierfür erforderliche Netz der Sensoren und die digitale Infrastruktur.

Stadtfiktion 3 ("Verdichtung") beschreibt ein vollkommen dereguliertes und den freien Kräften des Marktes überlassenes System. Der Staat und die Kommunen ziehen sich als Anbieter und Finanzier von Mobilitätsangeboten zurück. Stattdessen entstehen viele unterschiedliche private Mobilitätsangebote, die für sehr unterschiedliche Zielgruppen und Angebotsniveaus auf den Markt treten: Die Bandbreite reicht vom teuren privaten Flugverkehr bis zur bodennahen, verschatteten, langsamen, aber preiswerten Mobilität. Diese sehr unterschiedlichen Mobilitätsmuster verstärken in der Folge auch die räumliche und soziale Segregation in den Städten.

Stadtfiktion 4 ("Entschleunigung") orientiert sich am Leitbild der Stadt der kurzen Wege und des Sharings. Ökologische Nachhaltigkeit und Entschleunigung sind Ziele der Postwachstumsfiktion, in der regionalisierte Energie- und Erzeugerkonzepte (vom Urban Farming bis zur Energiegenossenschaft) umgesetzt werden. Das Stadtviertel ist der räumliche Maßstab, in dem sich ein Großteil der Mobilität abspielt. Der öffentliche Personenverkehr wird stark reduziert und optimiert. Er fährt nachfragebasiert in Minibussen bei einer Auslastung von mindestens 80 Prozent.

Stadtfiktion 5 ("Virtualisierung") stellt eine Welt dar, in der sehr viele Anlässe für Mobilität durch Digitalisierung und Virtualisierung entfallen: Kommunikations- und Warenaustausche mittels elektronischer Medien und digitaler Strukturen ersetzen reale Verkehre von Personen und Gütern. Sowohl Nahrungsmittel als auch Konsumgüter werden dezentral mithilfe von 3D-Druckern produziert, für die lediglich die Grundstoffe in Sammellieferungen zusammenfasst werden müssen. Der Innenraum wird wichtiger als der Außenraum, die Stadt verliert ihre äußere Gestalt. Die städtischen Verkehrsbetriebe werden gemeinsam mit den Telekommunikationsanbietern zu Netzwerkagenturen.

Beispiele zur Veranschaulichung der Stadtfiktionen

Für viele der entworfenen Stadtfiktionen lassen sich heute schon Beispiele finden, mit denen sich zukünftige Mobilitätsformen, Stadtentwicklungstendenzen und individuelle Mobilitätsmuster illustrieren lassen. Viele von ihnen sind technische Produktentwicklungen der Industrie, aber auch Elemente kommunaler Verkehrssteuerung können eine wesentliche Rolle bei der Ausgestaltung des zukünftigen Stadtverkehrs übernehmen.

Im Rahmen der Studie wurden 40 besonders relevante Beispiele ausgewählt und mit einer Kurzbeschreibung aufgelistet.

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