Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: MORO „Regionale Steuerung der Siedlungs- und Freiraumentwicklung nach der Pandemie“

Projektsteckbrief

  • Status Laufend
  • Start Januar 2022
  • Programm MORO

Die Regional- und Stadtentwicklung ist zeitgleich mit den Auswirkungen der Coronapandemie, der Digitalisierung und der Klimakrise konfrontiert. Aus diesen resultieren heute wie auch zukünftig neue Flächenansprüche im Raum. Mit dem MORO sollen solche neuen Flächenansprüche in verschiedenen Regionen Deutschlands und die Reaktionen der Planung in Modellvorhaben untersucht sowie Instrumente zur Steuerung der Flächeninanspruchnahme weiterentwickelt sowie neu erarbeitet werden.

Ausgangslage

Das Wirtschafts- und Wohlstandswachstum der letzten 150 Jahre war (und ist nach wie vor) eng mit einer steigenden Flächeninanspruchnahme verbunden. Die Besiedlung hat sich dabei zulasten der Landschafts- und Naturräume ausgedehnt, so dass heute knapp 15 Prozent der Fläche im Bundesgebiet als „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ (SuV) klassifiziert werden. Zuletzt hat der Vereinigungsboom der 1990er-Jahre für eine besonders hohe Flächeninanspruchnahme mit zeitweise über 120 Hektar (SuV) pro Tag gesorgt. Seither ist die Flächeninanspruchnahme rückläufig und hat sich gegen Ende des letzten Jahrzehnts in Richtung 50 Hektar pro Tag verringert – trotz eines robusten wirtschaftlichen und demografischen Wachstums.

Diese Reduzierung der Flächenneuinanspruchnahme für Siedlungs- und Verkehrszwecke ist ein Kernanliegen der deutschen Nachhaltigkeitspolitik. Nichtsdestotrotz wurde die Erreichung des ursprünglich für 2020 anvisierten „30-Hektar-Ziels“ deutlich verfehlt. Bereits mit der Fortschreibung der Nachhaltigkeitsstrategie im Jahr 2016 wurde der Zeithorizont zur Erreichung des Flächenreduktionsziels daher auf 2030 verschoben. Zugleich wurde der Zielwert auf „weniger als 30 Hektar“ verschärft. In der in 2021 verabschiedeten Fassung wurde es um das Ziel der Flächenkreislaufwirtschaft („Netto-Null-Ziel”) bis 2050 ergänzt.

Die künftigen Trends der Siedlungs- und Freiraumentwicklung sind mit hohen Unsicherheiten verbunden. So kann der durch die Pandemie und die Digitalisierung entfachte Homeoffice-Boom eine verstärkte Flächennachfrage im Stadtumland und teils sogar darüber hinaus in ländlichen Räumen forcieren. Auch mit Blick auf die Klimaschutzziele entstehen neue Flächenansprüche, zum Beispiel für den Ausbau von erneuerbaren Energien wie der Windkraft. Gleichzeitig macht die Klimawandelvorsorge ein stärkeres „Freihalten“, beispielsweise zugunsten von Retentionsflächen, Puffer- und Abflusszonen für Überschwemmungsereignisse, Kaltluftentstehung oder Frischluftzufuhr notwendig. Nicht zuletzt korreliert die reduzierte Flächeninanspruchnahme in den Wachstumsregionen mit einer investitionshemmenden Flächenknappheit, zunehmenden Nutzungskonkurrenzen, Preissteigerungen bei Boden und Nutzflächen sowie sozialen Folgeproblemen, insbesondere in der Wohnungsmarktentwicklung. Ergebnis sind einerseits Suburbanisierungsprozesse, die wieder in Gang kommen, sowie andererseits eine wiederbelebte Stadterweiterung in Form großer Baugebiete oder neuer Stadtquartiere.

Bereits diese kursorischen und beispielhaften Überlegungen machen deutlich, dass die künftigen Trends der Siedlungs- und Freiraumentwicklung im Zusammenspiel der unterschiedlichen Einflussfaktoren von hohen Unsicherheiten und Ambivalenzen geprägt sind. Wesentlich ist darüber hinaus jedoch, dass sie durchgehend eine regionale Dimension haben und nur in einem regionalen Maßstab sinnvoll zu bearbeiten und zu beantworten sind. Eine regionale Steuerung ist im Licht der gegenwärtigen Herausforderungen dringlich, im deutschen Planungssystem jedoch insgesamt unterentwickelt. Dabei mangelt es nicht an tragfähigen raumordnerischen oder regionalplanerischen Leitbildern, sondern primär an einer wirksamen, das heißt, mit Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten regionalen Entwicklungspolitik. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Kommunen allein kaum in der Lage sind, ihre jeweiligen – im Einzelfall meist gut begründeten – Eigeninteressen zugunsten einer sinnvollen regionalen Siedlungs- und Freiflächenentwicklung zurückzustellen und in einem regionalen Kontext angemessen zu koordinieren. Gleichzeitig ist die Regionalplanung in Deutschland bei der Aufgabe, die Siedlungsentwicklung sinnvoll zu steuern, unterinstrumentiert. Sie kann zwar unerwünschte Entwicklungen verhindern, nicht aber aus regionalplanerischen Gesichtspunkten sinnvolle Entwicklungen anstoßen.

Ziel

Mit dem MORO sollen sowohl die Entwicklung der Flächenansprüche als auch die regionalen Steuerungsmöglichkeiten der Flächeninanspruchnahme in den Blick genommen werden. Dabei werden zunächst bestehende Erkenntnisse und Ansätze erfasst und systematisiert. Auf diesen bauen die vorgesehenen regionalen Modellvorhaben auf. Mit ihnen soll der Umgang mit veränderten Flächenansprüchen und innovative Ansätze von deren Steuerung erprobt werden. Die Ergebnisse des MORO werden unter anderem in einer Webplattform der (Fach-)Öffentlichkeit präsentiert.

Nähere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Projektwebsite: moro-flaeche.de

Auftragnehmer

  • Quaestio Forschung und Beratung GmbH
    Bernhard Faller, Nora Wilmsmeier, Pablo Luneau
    Friesenstraße 17, 53175 Bonn

  • ILS Research gGmbH
    Ein Tochterinstitut der ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung gGmbH
    Prof. Dr. Stefan Siedentop, Dr. Angelika Münter
    Brüderweg 22-24, 44135 Dortmund

Kontakt

  • Silas Eichfuss
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 6 „Stadt-, Umwelt- und Raumbeobachtung“
    Telefon: +49 228 99401-2245
    E-Mail: silas.eichfuss@bbr.bund.de

  • Dr. Fabian Dosch
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 6 „Stadt-, Umwelt- und Raumbeobachtung“
    Telefon: +49 228 99401-2160
    E-Mail: fabian.dosch@bbr.bund.de

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