Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Mehr Wohnungsbau ermöglichen: Raumordnung und interkommunale Kooperation als Wege aus der Wohnungsnot

Begleitforschung Phase I

Projektsteckbrief

  • Status Laufend
  • Start März 2023
  • Programm MORO

Um angespannte Wohnungsmärkte zu entlasten und die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum zu verbessern, verfolgt die Bundesregierung das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Im Rahmen des neuen Modellvorhabens der Raumordnung werden Wege aus der Wohnungsnot untersucht. Ziel ist es, Verbesserungsvorschläge für das Instrumentarium der Raumordnung zu formulieren, damit bedarfsgerechter Wohnungsneubau an raumverträglichen Standorten gewährleistet wird. Darüber hinaus sollen Erkenntnisse gewonnen werden, wie mittels interkommunaler Kooperation eine bedarfsgerechte Wohnbaulandentwicklung abgestimmt und verbindlich vereinbart werden kann. Untersucht werden insbesondere die Möglichkeiten der Raumordnung, wie Anreize für interkommunale Kooperationen gesetzt werden können.

Ausgangslage

Wohnungspreise und -mieten sind vor allem in wachsenden Stadtregionen und touristisch geprägten Gegenden stark angestiegen. Der Fokus des MORO liegt auf diesen boomenden Regionen, in denen die Wohnraumschaffung nicht mit dem starken Wachstum der Wohnungsnachfrage Schritt gehalten hat. In der Folge sind Preissteigerungen und Versorgungsengpässe gerade bei Haushalten mit geringeren Einkommen und räumlichen Ausweichmöglichkeiten entstanden.

Es ist notwendig zu handeln, um den erforderlichen Wohnungsneubau zu realisieren. Eine Strategie, die allein auf Mobilisierung von Innenentwicklungspotenzialen setzt, reicht in Kommunen mit hoher Nachfrage nicht aus, um im erforderlichen Umfang neue Wohnungen zu bauen. Zusätzlich ist die Planung größerer Wohngebiete in verdichteter Bauweise im Außenbereich erforderlich. Von den Kernstädten alleine kann weder der hohe Wohnungsneubaubedarf bewältigt, noch die Schaffung zusätzlicher Angebote an bezahlbarem Wohnraum geleistet werden. Deshalb müssen mehr zentrale Orte und Gemeinden ihre Wohnbaulandpolitik stärker an den spezifischen regionalen Wohnungsbedarfen orientieren. Die Arbeitsteilung, bei der verdichteter Wohnungsneubau und der Bau von sozialgebundenen Wohnungen überwiegend in den Kernstädten erfolgt und der Bau von gering verdichtetem Wohnungsneubau von Gemeinden des suburbanen und ländlichen Raums übernommen wird, sollte durch eine effektivere Rahmensetzung verbessert werden.

Flächenplanung, Boden- und Wohnungspolitik bedürfen daher einer intensivierten und verbesserten regionalen Koordination – sowohl durch eine stärkere Ausrichtung raumordnerischer Ansätze auf die regionalen Wohnungsbedürfnisse als auch durch eine verbesserte interkommunale Kooperation in der Wohnbaulandentwicklung.

Durch raumordnerische Festlegungen koordiniert die Landes- und Regionalplanung die Siedlungsentwicklung auf überörtlicher Ebene. Es kann zwischen mengensteuernden Instrumenten (Begrenzung des Umfangs von Neuausweisungen) und standortsteuernden Instrumenten (Lenkung der Baulandentwicklung auf geeignete Flächen) unterschieden werden (vgl. Einig 2005: 51). In welchem Maß die Raumordnung von diesen Instrumenten Gebrauch macht, hängt von den landesrechtlichen Regelungen, den Vorgaben der jeweiligen Landesplanung und dem eigenen Ermessen ab. In den Planungsregionen kommt es daher zu unterschiedlich hohen Regulierungsintensitäten und einer somit unterschiedlich starken Einflussnahme der Landes- und Regionalplanung auf die Siedlungsentwicklung (vgl. Eichhorn/Diller/Pehlke 2021: 3). Durch Anreize kann die Raumordnung interkommunale Kooperationen aber auch gezielt fördern. Auf diesem Wege werden Städte und Gemeinden in Regionen mit angespannten Wohnungsmärkten dazu motiviert, gemeinsam Strategien für eine bedarfsgerechte Wohnbaulandentwicklung zu erarbeiten und ihre kommunale Wohnungspolitik untereinander abzustimmen, um das Angebot an bezahlbaren Wohnungsangeboten zu verbessern.

Für eine freiwillige interkommunale Zusammenarbeit von Kommunen stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung, die von informellen „Runden Tischen“ bis hin zu kommunalen Arbeitsgemeinschaften oder gemeinsamen Flächennutzungsplänen (§ 204 BauGB) reichen. Inwieweit diese wahrgenommen werden, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem auch von den Anreizstrukturen. Die Herausforderungen einer regional beziehungsweise interkommunal abgestimmten Wohnbaulandentwicklung und Wohnungspolitik lassen sich als Problem kollektiven Handelns beschreiben und analysieren. Oftmals führt die Summe der individuellen Planungsentscheidungen einzelner Gemeinden in einer Stadtregion zu kollektiven Ergebnissen, die von den meisten Gemeinden eher abgelehnt werden.

Die Wohnbaulandentwicklung in einer Kommune wird sowohl von den Entscheidungen in den Nachbarkommunen als auch von sektoralen Politiken und unterschiedlichen Planungsinstanzen auf überörtlichen Ebenen beeinflusst. Erfolgt keine Abstimmung kommunaler Planungsentscheidungen zwischen den Gemeinden auf angespannten Wohnungsmärkten oder versagt die übergeordnete Koordination der kommunalen Baulandpolitik durch die Raumordnung, resultieren negative Effekte. Versorgungsengpässe können sich dadurch vergrößern.

Unter welchen Bedingungen interkommunale Lösungen für ein sozialgerechtes Wohnbaulandangebot entwickelt sowie ein bedarfsgerechtes und bezahlbares Wohnungsangebot auf kooperativem Wege geschaffen werden können, wird im MORO aus einer neo-institutionellen Perspektive untersucht. Eine zentrale Grundlage bildet das Institutional-Collective-Action-Framework von Richard Feiock (2013). Dieser Ansatz bietet einen neuen Blick auf die Dilemmata regionaler Kooperation in komplexen Mehrebenen-Systemen und damit zugleich neue Lösungsansätze für bekannte Probleme.

In die gewählte Forschungsperspektive wird die Rolle der übergeordneten Planung integriert: Ist das Instrumentarium der Landes- und Regionalplanung noch zeitgemäß, um angespannte Wohnungsmärkte zu entspannen? Können Gemeinden und Städte durch die Raumordnung zu einer bedarfsgerechten Wohnbaulandentwicklung und Planungen für einen bezahlbaren Wohnungsbau motiviert werden? Wie können Landes- und Regionalplanung bei der Wohnbaulandentwicklung und der Abstimmung der Wohnungspolitik Anreize für interkommunale Kooperationen setzen? Von der Begleitforschung werden diese Fragen am Beispiel konkreter Stadtregionen mit angespannten Wohnungsmärkten untersucht.

Quellen

  • Eichhorn, S.; Diller, C.; Pehlke, D., 2021: Wirkung der Regionalplanung bei der Steuerung der Siedlungsentwicklung – Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zur Wirksamkeit der deutschen Regionalpläne. In: Henn, S.; Zimmermann, T.; Braunschweig, B. (Hrsg.): Stadtregionales Flächenmanagement. Berlin, Heidelberg: 1–30. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63295-6_8-1
  • Einig, K., 2005: Regulierung des Siedlungsflächenwachstums als Herausforderung des Raumordnungsrechts. DisP – The Planning Review, 41. Jg. (160): 48–57. https://doi.org/10.1080/02513625.2005.10556906
  • Feiock, R. C., 2013: The institutional collective action framework. Policy Studies Journal, 41. Jg. (3): 397–425. https://doi.org/10.1111/psj.12023

Ziel

Mit dem MORO nimmt das Projektteam sowohl die Chancen der Raumordnung als auch interkommunaler Kooperationen zur Schaffung von bedarfsgerechtem Wohnungsneubau in angespannten Wohnungsmärkten in den Blick.

Ein Ziel ist es, Verbesserungsvorschläge für das Instrumentarium der Raumordnung zu formulieren. In vielen Ländern ist das Instrumentarium von Landes- und Regionalplanung noch nicht dafür ausgelegt, kommunale Wohnungspolitik und Wohnbaulandentwicklung auf den ermittelten Wohnungsneubaubedarf auszurichten. Untersucht werden auch Möglichkeiten, durch Raumordnung Anreize für interkommunale Kooperationen zu setzen.

Zum anderen geht es darum, unterschiedliche Ansätze und Erkenntnisse zu interkommunalen Kooperationen der Wohnraum- und Siedlungsentwicklung zusammenzutragen. Die Besonderheit dieses Forschungsansatzes besteht darin, die bestehenden Erkenntnisse zu den Problemen des kollektiven Handelns zu reflektieren und daraus abzuleitende Lösungsansätze für die Folgephase der Raumordnungspraxis und der interkommunalen Zusammenarbeit aufzubereiten. Die Systematisierung dient dazu, die erfassten Dilemmata mithilfe institutionalistischer Neubewertungen zu überwinden. Entsprechend gilt es zu diskutieren, welche Innovationen im Bereich der Landes- und Regionalplanung Kooperationsansätze und bestehende Problemlösungen effektiver machen.

In einer zweiten Phase sollen mithilfe von Modellregionen innovative Lösungsansätze entwickelt und praktisch getestet werden. Die erste Phase des MORO mündet in Empfehlungen und Handlungsansätzen als Grundlage eines Wettbewerbs für interessierte Modellregionen und entsprechende Auswahlkriterien.

Auftragnehmer

Kontakt

  • Einig Klaus
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 9 „Raumordnung, raumbezogene Fachpolitiken“
    Telefon: +49 228 99401-2190
    E-Mail: klaus.einig@bbr.bund.de

  • David Pehlke
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 9 „Raumordnung, raumbezogene Fachpolitiken“
    Telefon: +49 228 99401-1595
    E-Mail: david.pehlke@bbr.bund.de

Diese Seite