Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Planspiel „Anpassung peripherer Siedlungsstrukturen“

Konzept

Die am Planspiel Teilnehmenden betrachteten eine konkrete kommunale Ausgangssituation mit einem entsprechend betroffenen Ortsteil, für die sie konkrete Entscheidungen zur Möglichkeit eines strategischen Rückzugs treffen mussten.

Grundlage des Planspiels war eine Fallkonstellation, also die Definition einer Ausgangssituation, innerhalb derer die Planspielteilnehmenden sich bewegten und agierten. Die Tragfähigkeit der Fallkonstellation wurde vorab mit ausgewählten Interessenten und Fachleuten getestet. Aus dem Handlungserfordernis sollte sich im Laufe des Planspiels eine Diskussion über die Handlungsoption eines strategischen Rückzugs ergeben. Dabei sollten die konkrete bauliche Situation genauso erörtert werden wie historische und soziokulturelle Bezüge bis hin zu persönlichen Beziehungen an einen Standort.

Gegenstand der Fallkonstellation waren zudem die Rollendefinition für die Spielerinnen und Spieler, die inhaltlichen Grundlagen wie Gutachten und Pläne sowie eine Serie von situativ eingesetzten Ereignissen innerhalb des Spielverlaufs.

Der Teilnehmerkreis setzte sich aus interessierten Personen aus Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft zusammen. Die Spielleitung nahmen die Auftragnehmer wahr.

Das Planspiel wurde an drei zeitlich voneinander unabhängigen Planspieltagen durchgeführt. An einem vierten Termin wurden die Ergebnisse in einer projektinternen Werkstatt zusammengeführt und gemeinsam reflektiert. Am Planspiel nahmen 45 Personen aus 11 Bundesländern teil. Aufgrund des großen Interesses konnten zwei parallele Planspiele mit identischen Ausgangsbedingungen durchgeführt werden.

Der erste Planspieltag hat im Januar 2018 stattgefunden.

Zum Einstieg in die kommunale Ausgangssituation wurden den Teilnehmenden im Laufe des ersten Planspieltages verschiedene Materialien zur Verfügung gestellt. Informationen zur Gemeinde, zum in Frage stehenden Ortsteil, der Infrastrukturausstattung und zum Gebäudebestand wurden in unterschiedlichen Formaten aufbereitet. Dazu gehörten ein zurückliegender Gemeinderatsbeschluss, in dem die Grundsatzentscheidung zu einer ergebnisoffenen Beschäftigung mit der Option eines strategischen Rückzugs aus dem im Fokus stehenden Weiler getroffen wurde, ein knappes Gemeindeprofil, ein Lageplan, eine Tischvorlage der Verwaltung für die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Bau- und Planungsausschusses.

Jeder Teilnehmende erhielt ein fiktives Rollenprofil, mit persönlichen Eigenschaften und Fraktions- sowie Ausschusszugehörigkeiten. Die Ausschussvorsitzenden wurden im Vorfeld aus dem Teilnehmerkreis ausgewählt, angesprochen und erhielten ergänzend im Vorfeld weitere Informationen.

Am ersten Planspieltag haben nach einer kurzen Einführung ins Projekt und der Rollenverteilung die Elemente Fraktionssitzungen, Verwaltungsrunde und jeweils eine gemeinsame und gentrennte Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses sowie des Bau- und Planungsausschusses stattgefunden. Den Abschluss bildete eine offene Feedbackrunde.

Der erste Planspieltag diente v.a. dem Auftakt der Diskussion und dem Sammeln von relevanten Themen und Informationsbedarfen. Im Ergebnis des ersten Planspiel-tages wurde deutlich, dass es für eine fundierte Entscheidung sehr vielfältiger und detaillierter Informationen bedarf. Insbesondere rechtliche und finanzielle Aspekte standen im Mittelpunkt der Diskussionen. Den Teilnehmenden ist die Komplexität und Brisanz des Themas Siedlungsrückzug sehr bewusst. Daraus resultiert auch das wiederholt auftretende Nachdenken über alternative Optionen und "Vermeidungsstrategien". Das Format, die Vorbereitung und Durchführung des Planspiels wurde von den Teilnehmenden mehrheitlich als sehr gut und geeignet eingeschätzt.

Im April fand der zweite Planspieltag statt. Entsprechend der beim ersten Termin offen gebliebenen Punkte bzw. aufgekommenen Fragen wurden weitere detaillierte Informationen zur Ausgangssituation und Einschätzung der Infrastrukturausstattung, des baulichen Zustandes der betroffenen Gebäude, der sozio-demografischen Situation im betreffenden Ortsteil und den planungsrechtlichen Rahmenbedingungen zur Verfügung gestellt. Ein weiteres Thema war die Begegnung der Planspielteilnehmer/innen mit fiktiven Bürger/innen im Rahmen einer Bürgerversammlung. Hierbei wurden die unterschiedlichen möglichen Sichtweisen direkt und indirekt Betroffener deutlich und bewusst gemacht. Auf dieser Basis wurden in beiden Planspielen erste "Eckpunktepapiere" zu einem möglichen Vorgehen bei einem „strategischen Rückzug“ aus den im Fokus stehenden Ortsteilen der Planspielgemeinden erarbeitet. Im Ergebnis lagen Ideen zu durchaus unterschiedlichen Vorgehensweisen vor.

In Rahmen des dritten und letzten Spieltages im Juni 2018 konnte die Spielphase beider Planspiele mit einer Beschlussfassung der jeweiligen fiktiven Ausschüsse abgeschlossen werden. Zuvor waren die am zweiten Tage skizzierten alternativen Eckpunkte eines "strategischen Rückzugs" noch einmal deutlich in einem Konzept detailliert worden. Zudem wurden die zu erwartenden Kosten sowie der Aspekt einer möglichen Förderung durch den Bund mit in die Betrachtung einbezogen. In einer finalen Feedback-Runde wurden zum einen erste Einschätzungen zum erreichten Ergebnis und zum anderen offen gebliebene Punkte formuliert.

Ein Auswertungsworkshop bildete den Abschluss des Planspiels. Er diente zum einen dazu, sowohl die Perspektiven der Planspielteilnehmer/-innen als auch die des Projektteams zu reflektieren. Zum anderen sollten zentrale Punkte inhaltlich weiter diskutiert werden, die im Verlauf der Planspieltage als bedeutend für die Umsetzung eines strategischen Rückzugs angesehen wurden, aber nicht in Gänze im eigentlichen Planspiel erörtert werden konnten. Die Erkenntnisse sind auch in die Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen eingeflossen.

Dies betraf im Einzelnen folgende Aspekte:

  • die Anforderungen an ein Förderprogramm und an die instrumentelle Umsetzung eines strategischen Rückzugs,
  • die Rolle von Zwischenlösungen, eines schrittweisen Vorgehens und von Ansätzen zur Eigenverantwortung
  • sowie die kommunale Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Entscheidungs- bzw. Handlungsfähigkeit.

Die Ergebnisse des Modellvorhabens wurden am 22.11.2018 im Rahmen eines eigenen Programmblocks des "Diskussionsforums Raumentwicklung" unter Beteiligung ausgewählter Planspielteilnehmer/-innen und des Auftraggebers öffentlich vorgestellt und diskutiert. Zu dieser Veranstaltung wird es Kürze eine Veröffentlichung aus der Reihe MORO-Informationen geben, in der auch eine Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem Planspiel enthalten sein wird.

Ein Begleitkreis mit Vertreter/-innen relevanter Ressorts des Bundes und interessierter Länder sowie mit Expert/-innen der raumbezogenen Wissenschaft und kommunalen Akteuren begleitete das angedachte Planspiel inhaltlich und hinsichtlich seiner raumordnungspolitischen Bedeutung. Die Ergebnisse der intensiven Diskussionen auf den drei Sitzungen dieses Begleitkreises sind in die Durchführung des Projekts und in die Auswertung eingeflossen.

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