Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Krisenfeste Raum- und Infrastrukturen durch zentralörtliche Konzepte

Projektsteckbrief

  • Status Laufend
  • Start Oktober 2021
  • Programm MORO

Vergangene Ereignisse wie das Hochwasser im Ahrtal Mitte 2021, die Herausforderungen der Coronapandemie oder der Energieversorgung im Kontext des Ukraine-Krieges machen allzu deutlich, wie wichtig es ist, Infrastrukturen und Einrichtungen der Daseinsvorsorge in allen Räumen Deutschlands krisenfester aufzustellen. Das MORO „Krisenfeste Raum- und Infrastrukturen durch zentralörtliche Konzepte“ befasst sich im Wesentlichen mit der Frage, wie dies im Angesicht plötzlicher oder schleichend auftretender Krisen geschehen kann.

Ausgangslage

Logo MORO Krisenfeste Raum- und Infrastrukturen durch zentralörtliche Konzepte

Die Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Gesamtraums der Bundesrepublik Deutschland sowie ihrer Teilräume ist die zentrale Aufgabe der deutschen Raumordnung. Dafür ist vor allem Vorsorge für bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums zu treffen. So heißt es in § 1 Raumordnungsgesetz (ROG). Leitvorstellung ist dabei gemäß § 2 ROG eine nachhaltige Raumentwicklung, welche die verschiedenen Nutzungsansprüche mit der begrenzten Ressource Raum in Einklang bringt und so zu einer „ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt“. Zwei Diskurse haben vor diesem Hintergrund die Raumordnungspolitik der letzten Jahre bestimmt:

  • Einerseits die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse, wozu etwa die jüngsten Raumordnungsberichte zu den Leitbildern „Daseinsvorsorge sichern“ (BBSR 2017) und „Wettbewerbsfähigkeit stärken“ (BBSR 2021) eine Bestandsaufnahme liefern und zu deren Popularität nicht zuletzt die politisch prominent besetzte Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse ihren Beitrag geleistet hat.
  • Anderseits der Umgang mit der begrenzten Ressource Raum, die ihren Niederschlag etwa im 30-Hektar-Ziel als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung oder in den zahleichen vom Bund geförderten Projekten zur Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung (v.a. BMBF/FONA) findet.

Zwischen den beiden Dimensionen der raumordnungspolitischen Leitvorstellung bestehen (scheinbar) klare und miteinander vereinbare Schnittmengen, etwa wenn es um die Neuausweisung von Siedlungsflächen geht, die nach den Vorgaben zahlreicher Raumordnungspläne vorrangig dort erfolgen soll, wo Angebote der Daseinsvorsorge bereits bestehen oder gut erreichbar sind.

Gleichwohl zeigen die Folgen der jüngsten Flusshochwasser in Deutschland im Juli 2021 im Ahrtal, an der Sieg oder der Erft, dass mithin auch Zielkonflikte bestehen: Die Bündelung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge an Zentralen Orten und die Konzentration der Siedlungsentwicklung auf eben jene Orte wird dann zum Verhängnis, wenn diese Räume von Extremwetterereignissen betroffen sind. Überspitzt formuliert stehen hier wirtschaftliche Tragfähigkeit samt Vermeidung von Remanenzkosten auf der einen Seite und auf der anderen Seite anpassungsfähige und redundante (Versorgungs-)Strukturen (Resilienz). Für Raumordnung und Raumforschung bedeutet das auch, „alte“ Gewissheiten hinterfragen zu müssen. So war beispielsweise der zwischenzeitliche Konsens des uneingeschränkten Innenentwicklungsvorrangs nicht mehr mit den Anpassungserfordernissen an den Klimawandel kompatibel, weil zur Minimierung der Flächenneuinanspruchnahme mitunter wichtige Frischluftschneisen, innerstädtische klimatische Ausgleichsflächen oder Versickerungs- und Abflussmöglichkeiten für Regenwasser geopfert wurden.

Mit Blick auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit werden nicht zuletzt die Folgen der Corona-Pandemie zeigen, welche Einrichtungen der Daseinsvorsorge weiterhin uneingeschränkt vorgehalten und welche aus Kostengründen nicht weiter betrieben werden können. In den Fokus rücken dann vor allem jene Einrichtungen, deren Finanzierung zu den nicht-pflichtigen öffentlichen Auf-gaben zählen (etwa Angebote im Sport- oder Kulturbereich, die sich schon jetzt nicht über Eintrittspreise finanzieren, deren Eintrittspreise jedoch auch nicht bis zur Kostendeckung erhört werden können).

Quellen:

  • BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.), 2017: Raumordnungsbericht 2017. Daseinsvorsorge sichern. Bonn.
  • BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.), 2021: Raumordnungsbericht 2021. Wettbewerbsfähigkeit stärken. Bonn.
  • ROG – Raumordnungsgesetz vom 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 03.12.2020 (BGBl. I S. 2694).

Ziel

Ziel des Modellvorhabens ist es, das Zentrale-Orte-Konzept unter den gegebenen Rahmenbedingungen auf den Prüfstand zu stellen. Hierzu werden einerseits Tragfähigkeits- und Mindeststandard-Konzepte als klassische Ansätze der Raumordnung reflektiert. Andererseits steht insbesondere die Erhöhung der Krisenfestigkeit von Siedlungs- und Infrastrukturen im Zentrum der Untersuchungen. Geeignete Ansätze zu einer verstärkten Krisenfestigkeit werden in den Kontext der neueren Resilienzpolitik und -forschung eingeordnet und auf Anschlussfähigkeit geprüft. Insgesamt soll das MORO zur strukturellen Stabilität der Regionen beitragen, da durch Krisen ausgelöste Veränderungen mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse besser verkraftet und negative Auswirkungen begrenzt werden können.

Auftragnehmer

Kontakt

  • Dr. Matthias Furkert
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 9 „Raumordnung, raumbezogene Fachpolitiken“
    Telefon: +49 228 99401-2134
    E-Mail: matthias.furkert@bbr.bund.de

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