Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Die städtische Dimension in den deutschen Strukturfondsprogrammen

Ergebnisse

Die Berücksichtigung städtischer Belange in den deutschen Operationellen Programmen zum EFRE

Die Auswertung der Städtischen Dimension (SD) auf der Ebene der Förderinstrumente wurde auf die Breite dieses Begriffes abgestimmt. Der engsten Auffassung entsprechend, die den URBAN Aquis und den Art. 8 EFRE-Rahmenverordnung berührt, besitzen ausschließlich städtische, integrierte Fördergegenstände eine SD. Gemäß der weiteren Auffassung weisen dagegen all jene Fördergegenstände eine SD auf, die sich eindeutig im städtischen Raum verorten lassen. Diese Sichtweise ist u.a. in den Positionspapieren der Kommission "Leitfaden: Die städtische Dimension der Gemeinschaftspolitik im Zeitraum 2007-2013" und "Die Kohäsionspolitik und die Städte: Der Beitrag der Städte zu Wachstum und Beschäftigung in den Regionen" präsent, in denen als SD zahlreiche städtische Aufgabenfelder aufgeführt sind, von denen jedoch nicht gefordert wird, sie integriert zu behandeln.

Zielsystem und Budgets der Zielebenen

Der Einsatz des EFRE wird in den Operationellen Programmen (OPs) anhand eines Zielsystems vollzogen. Eine von der Kommission geforderte obere Zielebene in diesem System sind die "Prioritätenachsen", die strategische Prioritäten in dem Programm abbilden und "ein Bündel miteinander verbundener Vorhaben mit messbaren spezifischen Zielen" (siehe Allgemeine Strukturfondsverordnung Art. 2/2) umfassen. Diese Prioritätenachsen sind entsprechend der Strukturfondsverordnung in den OPs mit Budgets zu unterlegen.

Gegenstände der Untersuchung des Zielsystems der OPs waren ergänzend zu den Prioritätenachsen zum einen die Ebene der Handlungsfelder und zum anderen die unterste Ebene des Zielsystems, auf der konkrete Fördergegenstände benannt werden. Die in der Abbildung aufgeführten Zielebenen sind in den OPs nicht einheitlich bezeichnet. Für die weitere Untersuchung wurden daher die Benennungen von Zielebenen verwandt, die in den OPs überwiegend repräsentiert sind.

In sämtlichen EFRE-OPs der Länder sind der Stadtentwicklung entweder anteilig oder ausschließlich Prioritätenachsen gewidmet. Als "anteilig der Stadtentwicklung gewidmet" werden Prioritätenachsen dann verstanden, wenn in ihnen neben der Stadtentwicklung noch weitere Handlungsfelder enthalten sind. Ebenfalls ohne Ausnahme sehen die Bundesländer innerhalb dieser beschriebenen PAs in ihren EFRE-OPs Handlungsfelder vor, deren Fokus auf die Nachhaltige Stadtentwicklung (NSE) gerichtet ist.

Die OPs der RWB-Regionen wurden getrennt nach Flächen- und Stadtstaaten analysiert, da bei Stadtstaaten als Spezialfall grundsätzlich davon auszugehen ist, dass die EFRE-Budgets ausschließlich für städtische Entwicklungsmaßnahmen vorgesehen sind, ohne dass dies explizit bzw. implizit (z.B. thematisch) ausgewiesen sein muss.

Für den Vergleich der jeweils zusammengefassten EFRE-Budgets der Konvergenz-OPs und der RWB-OPs der Flächenstaaten hinsichtlich der finanziellen Ausstattung der Prioritätenachsen ergeben sich keine signifikanten Unterschiede (vgl. Abb. 3). In Summe sehen die RWB-Flächenstaaten nur einen geringfügig höheren Anteil des Gesamtbudgets für die stadtentwicklungsbezogenen Prioritätenachsen vor. Dass Bundesländer mit Städten, die an der Gemeinschaftsinitiative URBAN partizipiert haben, diese Achsen stärker gewichten, lässt sich aus der Analyse für die RWB-Flächenstaaten (vgl. Abb. 4) nur bedingt erkennen.

In den Prioritätenachsen, in denen die Stadtentwicklung explizit thematisiert wird, sind z.T. weitere Themenbereiche verankert. Um dies auszuwerten, wurden den spezifisch formulierten Prioritätenachsen entsprechend der in ihnen enthaltenen Handlungsfelder folgende Oberthemen zugewiesen:

  • Forschung und Entwicklung (F+E),
  • Infrastruktur,
  • Stadtentwicklung,
  • Umwelt,
  • Wirtschaft und Beschäftigung sowie
  • Technische Hilfe.

Die Kombinationsvarianten von Oberthemen sind in Abbildung 5 wiedergegeben und mit den jeweiligen Anteilen am Gesamtbudget untersetzt. Für die EFRE-OPs der Konvergenzregionen lässt sich herausstellen, dass in deren Zielsystemen der Stadtentwicklung keine eigenen Prioritätenachsen gewidmet wurden. In Prioritätenachsen der Konvergenz-OPs wurden Handlungsfelder der Stadtentwicklung entweder mit Handlungsfeldern der Themenbereiche Umwelt oder Infrastruktur verknüpft. In den EFRE-OPs der RWB-Regionen wurden dagegen in starkem Maße der Stadtentwicklung eigene Prioritätenachsen eingerichtet. Auffällig ist bei dieser Auswertung zudem, dass ca. die Hälfte des Gesamtbudgets der Mittel der deutschen EFRE-OPs – ausgenommen die Stadtstaaten - auf Prioritätenachsen verteilt ist, die thematisch auf die Bereiche Wirtschaft und Beschäftigung sowie Forschung und Entwicklung fokussieren.

Um einen quantitativen Eindruck von der Berücksichtigung der Nachhaltigen Stadtentwicklung entsprechend Art. 8 EFRE-VO zu erhalten, wurden mittels Online-Recherche und Direktabfrage diejenigen Handlungsfelder im OP-Zielsystem (vgl. Abb. 2) mit Budgets untersetzt, welche der engeren Auffassung der Städtischen Dimension (vgl. Abb. 7) zuzurechnen sind. Entsprechend dem stark differenzierten Ergebnis dieser Untersuchung (vgl. Abb. 6) widmen die Bundesländer das EFRE-Gesamtbudget in einer Spanne von 2,4 bis 23,8 Prozent der NSE auf der Ebene der Handlungsfelder. Markant fällt der Vergleich von Konvergenz- und RWB-Flächenstaaten aus, bei dem sich letztere mit einer deutlich höheren finanziellen Begünstigung der NSE abheben. Nochmals wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die BL nicht an einen URBAN-Standard in der Förderung der NSE gebunden sind. Die hier besprochenen Quantitäten spiegeln demnach keine homogenen Qualitäten wieder.

Für Deutschland insgesamt ergibt sich aus der o.g. Betrachtung, dass 7,5% des gesamten EFRE-Budgets für die NSE abgestellt sind – eine geringfügige Erhöhung dieses Einsatzes im Vergleich zur Förderperiode 2000-2006, in der einige Bundesländer eigeninitiativ in Ergänzung zu URBAN II die NSE in den OPs der Regelförderung platzierten.

Die Quantifizierung der bereitgestellten Mittel für Maßnahmen bzw. Handlungsfelder der NSE in der Förderperiode 2000-2006 erfolgte durch die Auswertung der OPs und der Einheitlichen Programmplanungsdokumente (EPPDs) aller Bundesländer. Diese waren fast ausschließlich durch eine maßnahmengenaue Mittelausweisung gekennzeichnet. Nur in wenigen Fällen musste auf die Durchführungsberichte der Länder und die dort gekennzeichneten Zielvorgaben zurückgegriffen werden.

Insgesamt konnte in 13 Bundesländern eine Mittelbereitstellung für Projekte im Maßnahmenbereich der NSE festgestellt werden. Dabei stellt das Land Berlin einen Sonderfall dar, da es sowohl ein Programm für das Ziel Konvergenz (Ziel-1) und ein Programm für das Ziel RWB (Ziel-2) mit Projekten der NSE untersetzt hat. Es konnte auch festgestellt werden, dass alle Länder, die dem Ziel Konvergenz unterliegen, dieses Handlungsfeld berücksichtigt haben. Lediglich bei drei Ländern im Zielgebiet RWB war dies nicht der Fall. Im Falle des Freistaats Bayern war eine Zuordnung nur unter der Annahme möglich, dass die benannten "Konzepte der Stadterneuerung" einem integrierten Ansatz unterliegen.

Insgesamt variiert die anteilige Mittelbereitstellung für die Handlungsfelder der NSE und Brachflächenrevitalisierung stark (vgl. Abb. 7). Ein Zusammenhang zwischen der Gesamtfördersumme aus den Strukturfonds und den bereitgestellten Mitteln für den Untersuchungsgegenstand lässt sich nicht ableiten. Im Durchschnitt wurden ca. 7,1 % des gesamten EFRE-Budgets der Länder diesen Handlungsfeldern gewidmet. Dies entspricht einem Gesamtvolumen von ca. 982 Mio. €, dem aus dem EFRE für den gesamtdeutschen Ansatz die 150 Mio. € URBAN II Budget, das auf die deutschen Länder entfiel, hinzuzurechnen sind. Die Länder mit dem Ziel Konvergenz widmeten diesen Handlungsfeldern durchschnittlich 6,7%, während die Bundesländer mit dem Ziel RWB hierfür 8,3 % der EFRE-Mittel für Maßnahmen der NSE vorsahen.

Fördergegenstände der Operationellen Programme

In den OPs werden bereits einzelne Fördergegenstände benannt, deren Konkretisierung mit der Umsetzung der OPs – in den Förderrichtlinien der Länder – erfolgt. Um Aussagen über die städtische Dimension auf dieser Ebene treffen zu können, wurden zunächst sämtliche Fördergegenstände der EFRE-OPs der Bundesländer in einer Datenbank erfasst.

Mit dem Ziel, die engste und weiteste Interpretation der SD einzuschließen, wurde die Analyse der SD auf der Ebene der Fördergegenstände in drei Stufen vorgenommen. In der ersten Stufe (vgl. Abb. 8) wurden gemäß der engsten Auffassung der SD Fördergegenstände aus der Datenbank gefiltert, die teilräumliche und/oder gesamtstädtische, integrierte Stadtentwicklungsmaßnahmen darstellen. In einem zweiten Filtervorgang (vgl. Abb. 9) wurden Fördergegenstände erfasst, die als potenziell städtisch integrierte Stadtentwicklungsmaßnahmen bezeichnet werden können. Als potenziell integriert wurden diese Fördergegenstände verstanden, da sie von der Stadtverwaltung auf die gesamtstädtische Entwicklungsstrategie abgestimmt werden können. Gegenstand des dritten Filtervorganges (vgl. Abb. 10) waren tendenziell rein sektorale Stadtentwicklungsmaßnahmen, als deren Zuwendungsempfänger nicht die öffentliche Hand benannt sein durfte.

Die Stadtstaaten wurden, wie erwähnt, als Spezialfall behandelt. Auch wenn in den OPs der Stadtstaaten die Kommune nicht als Zuwendungsempfänger benannt ist, besitzt sie die Möglichkeit, integrierend auf den Mitteleinsatz einzuwirken, da Strukturfondsverwaltungsbehörde und Erstmittelempfänger in diesem Fall weitgehend (Ausnahmen: Bremerhaven) identisch sind. Dementsprechend wurden sämtliche Fördergegenstände der EFRE-OPs von Hamburg, Bremen und Berlin, die nicht durch den Filter 1 selektiert wurden, den potenziell integrierten Stadtentwicklungsmaßnahmen zugerechnet. Der Filter 3 wurde somit in den Filter 2 einbezogen und auf die OPs der Stadtstaaten nicht einzeln angewendet.

Die Analyse der Daten aus dem ersten Filtervorgang ließ erkennen (vgl. Abb. 11), dass die Einbettung/Ableitung von städtischen Maßnahmen in eine städtische Gesamtstrategie (integrierte Strategien) mit einer Ausnahme – Hessen verankert die Förderung der lokalen Ökonomie in einer Prioritätenachse für Wirtschaft und Beschäftigung/F+E – ausschließlich in den Handlungsfeldern der Nachhaltigen Stadtentwicklung und Brachflächenrevitalisierung in den OPs gefordert wird. Diese Handlungsfelder gehören ausnahmslos Prioritätenachsen an, die ausschließlich oder anteilig der Stadtentwicklung gewidmet sind.

Weiterhin ergab die Untersuchung, dass der unter Art. 8 der EFRE-Verordnung empfohlene Fächer an Strategien einer nachhaltigen Stadtentwicklung von den Bundesländern in den OPs der Konvergenz- und RWB-Gebiete selten in Gänze gefördert wird. In den Konvergenzregionen treten in diesen Handlungsfeldern vor allem stark auf Investitionen orientierte Themen des Städtebaus und der Denkmalpflege (z.B. Sanierung/Aufwertung der physischen Umwelt, Brachflächenrevitalisierung) sowie Themen der sozialen Infrastruktur (z.B. Integration von Benachteiligten, Bildungsförderung) auf.

In den OPs der RWB-Regionen/Flächenstaaten dominieren nach Anzahl der Nennungen die Fördergegenständen der Bereiche Städtebau und Denkmalpflege, Wirtschaft (z.B. Gründungsförderung, Qualifikation von Frauen, etc.), sowie soziale Infrastruktur (vgl. Tab. 1). In den OPs der Stadtstaaten tritt hier zusätzlich zu den genannten Themenfelder der Bereich Urban Governance hervor.

Betont werden muss, dass die Häufigkeit von Nennungen keine Rückschlüsse auf den Umfang der finanziellen Ausstattung von Förderthemen zulässt, sondern zunächst nur ein erstes Bild über die Präsenz von Themen gibt. Zum Verständnis des vorgefundenen Maßnahmenspektrums sind in der Tabelle 1 die Förderthemen der NSE aufgeführt, für die mehr als zwei Nennungen in den OPs der Bundesländer vorliegen.

Als Ergebnis der Auswertung von Filter 2 zeigte sich, dass die Städte in nur sehr geringem Maße (in nur 23 Fällen von insgesamt 680 identifizierten Fördergegenständen) als ausschließliche Zuwendungsempfänger in Handlungsfeldern abseits der Nachhaltigen Stadtentwicklung und Brachflächenrevitalisierung der EFRE-OPs der Flächenländer benannt werden. In den OPs der Stadtstaaten ließen sich nach dem o.g. Verfahren (Subsummierung von Filter 3 unter Filter 2) 88 Fördergegenstände identifizieren, von denen fast zwei Drittel dem Bereich Wirtschaft angehören.

Unter Anwendung des Filters 3 wurden in den Konvergenz-OPs wie auch in den RWB-OPs (vgl. Abb. 12) ebenfalls mehrheitlich Fördergegenständen des Bereichs Wirtschaft erfasst, die sich in vielen Fällen auf die Förderung von F+E-Unternehmen bezogen.

Bei der Betrachtung der Gesamtheit der Fördergegenstände der EFRE-OPs aller Flächenländer ergibt sich das Bild einer gleichmäßigen Verteilung von stadtungebundenen und stadtgebundenen Maßnahmen (vgl. Abb. 13). Bei letzteren überwiegen die Fördergegenstände nach Anzahl der Nennungen, die tendenziell städtisch sektoral behandelt werden.

Fazit zur Untersuchung der Projekt- und Programmebene

Die Aussagen, die auf Landesebene im Rahmen der OPs und der anknüpfenden Leitfäden für die Förderung der Städte im Rahmen der EFRE-Strukturfondsförderung anhand der Dokumentenanalyse getroffen werden können, sind verhältnismäßig unscharf. Die Mittelzuweisung nach Prioritätenachsen der OPs hat nur ungenügende Aussagekraft, da keinesfalls nur Maßnahmen mit städtischem bzw. Stadtentwicklungsbezug in einer Prioritätenachse enthalten sind, sondern meist mehrere Themenbereiche in die Förderung integriert wurden. Hinzu kommt, dass der Mittelabruf für Stadtentwicklungsmaßnahmen der aktuellen Förderperiode aufgrund der verzögerten Wettbewerbs- und Antragsverfahren derzeit noch schleppend erfolgt, wie erste Eindrücke der laufenden Projektphase andeuten. Dadurch fehlen noch konkrete Erkenntnisse aus den Umsetzungserfahrungen.

Trotz dieser Einschränkungen können aus den Erkenntnissen der Datenanalyse folgende Kernaussagen zur Verankerung städtische Belange in den deutschen Strukturfondsprogrammen der aktuellen Förderperiode getroffen werden:

  • Alle Bundesländer haben die Stadtentwicklung in ihren EFRE-OPs berücksichtigt, wobei dieser Schwerpunkt innerhalb der Zielsysteme sowohl in den Prioritätenachsen wie auch in den Handlungsfeldern auftaucht. In lediglich vier der 14 EFRE-OPs der Flächenländer wurde jedoch der Stadtentwicklung eine eigene Prioritätenachse gewidmet. Zwei der drei Staatstaaten richteten der NSE eine eigene Priorität ein.
  • Die Leipzig Charta wurde in Form der Handlungsfelder NSE und/oder Brachflächenrevitalisierung ausnahmslos in den EFRE-OPs der Bundesländer verankert.
  • Ca. 1,09 Mrd. € konnten für Maßnahmen gem. Art. 8 in den EFRE-OPs (Förderperiode 2007-13) der Bundesländer identifiziert werden. Somit wurde im Durchschnitt ca. 7,4 % des gesamten EFRE-Budgets der Länder diesem Handlungsfeld gewidmet. Dies bedeutet eine leichte Steigerung gegenüber der zurückliegenden Förderperiode 2000-2006. Hier wurden ca. 7,1 % des Gesamt-EFRE-Budgets der Länder für die NSE vorgesehen, was einem Gesamtvolumen von ca. 982 Mio. € entspricht, dem aus dem EFRE für den gesamtdeutschen Ansatz die 150 Mio. € URBAN II Budget, das auf die Bundesländer verfiel, hinzuzurechnen sind.
  • Die Verankerung der NSE erfolgte in unterschiedlicher Konsequenz bezogen auf die Integration von Maßnahmen in ein gesamtstädtisches/teilräumliches Entwicklungskonzept oder das Berücksichtigen eines breiten Fächers an Stadtentwicklungsstrategien gem. Art. 8 EFRE-VO. Zum einen wurden Maßnahmen der NSE nur in 10 von 17 OPs in Teilräumen konzentriert. Zum anderen wurde selten eine Förderung des gesamten Maßnahmenfächers von Art. 8 (Wirtschaft, Städtebau, Soziale + Technische Infrastruktur, Urban Governance) in den Handlungsfeldern der NSE in den OPs der Länder ermöglicht. In einem Fall war zudem nicht erkenntlich, ob die Maßnahmen des Handlungsfelder NSE durch ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept oder Integriertes Handlungskonzept flankiert werden müssen.
  • Für die engere Auffassung der SD gilt, dass auf der Ebene der Fördergegenstände die Themen Städtebau u. Denkmalpflege, Wirtschaft sowie soziale Infrastruktur überdurchschnittlich stark präsent sind. Im Falle der weiteren Auffassung der SD dominieren deutlich ablesbar die Wirtschaftsthemen.
  • Eine integrierte Stadtentwicklung konnte nur in den Handlungsfeldern der NSE und Brachflächenrevitalisierung identifiziert werden. Die "gleichzeitige und gerechte Berücksichtigung der für die Entwicklung von Städten relevanten Belangen und Interessen" auf "der Basis von integrierten Stadtentwicklungsprogrammen auf gesamtstädtischer Ebene" wird in weiteren Handlungsfeldern der EFRE-OPs nicht eingefordert.
  • Die Anwendung von innovativen Instrumenten zur flexiblen Förderung und Finanzierung von Projekten (z.B. Cross-Financing, JESSICA-Initiative spielt eine noch untergeordnete Rolle.
  • Als Verankerung der SD in den deutschen OPs muss auch die Kofinanzierung des EFRE-Eigenanteils durch die Bund-Länder-Städtebauförderung bewertet werden. Bei der Kopplung von europäischer und nationaler Förderung treten jedoch Reibungsverluste u.a. auf Grund unterschiedlicher Programmlaufzeiten und den damit verbundenen Finanzierungsunsicherheiten auf.

Städtische Projekte im Kontext der Strukturfondsförderung

Anschließend an die Untersuchung der Programmebene bzw. der OPs wurde im Weiteren die Projektebene der Strukturfondsförderung genauer betrachtet. Ein Teilschritt dieser Untersuchungen bestand zunächst in der Aufarbeitung der verschiedenen Vergabemethoden, welche die Länder für Mittel in Anwendung bringen, welche für die NSE gebunden sind. Im Anschluss daran wurde ein Überblick zu den bereits von EFRE-Mitteln begünstigten, städtischen Projekten gegeben und darauf aufbauend eine repräsentative Auswahl dieser Projekte detailliert betrachtet, die im Folgenden ausgeführt werden.

Übersicht zu den in Steckbriefen vertieften Projekten

Um Projekte zu recherchieren, die aus dem EFRE oder ESF gefördert werden und einen städtischen Bezug aufweisen, wurden einerseits die Begünstigtenlisten gesichtet. Ein weiterer Rechercheschritt bestand darin, den telefonischen Kontakt zu sämtlichen Landesbauministerien mit dem Ziel aufzunehmen, bereits bewilligte Projekte im Zeitraum vom 19.03.09 bis 22.04.09 (Stichtag der Erhebung) abzufragen, die noch nicht in den damals aktuellen Begünstigtenlisten enthalten waren. Ergänzend dazu wurden sämtliche offiziellen EFRE-/ESF-Projektseiten der Länder im World-Wide-Web im Zeitraum vom 15. – 20. April gesichtet, um hier neuerliche Projektinformationen zu erhalten.

Für die Auswahl von Projekten aus den BGLs und Websites galten folgende Filterkriterien:

  • Für die Projekte mussten wahlweise als Zuwendungsempfänger benannt sein:
    -Städte,
    -Eigenbetriebe,
    -Zweckverbände,
    -Öffentliche Bildungseinrichtungen,
    -Landesentwicklungsgesellschaften.
  • Die Projekte mussten sich im städtischen Raum verorten lassen.

Aus dem sich hierbei ergebenden Pool von insgesamt 354 Projekten wurden gemeinsam mit dem Auftraggeber 20 Projekte selektiert und diese im Anschluss in Steckbriefen detailliert dargestellt. Diesem Auswahlprozess lag die Strategie zu Grunde, dass die Projekte zum einen die Bundesländer sowie unterschiedliche Strukturfonds und Themengruppen repräsentieren sollten. Zum anderen sollten sich sowohl Projekte der Städtischen Dimension i.e.S. und i.w.S. in der Auswahl wiederfinden (vgl. Abb. 14 und Tab. 2).

Dadurch, dass die einzelnen Bundesländer mit dem Genehmigungsprozess unterschiedlich schnell vorankamen, war die Anzahl von Projekten mit eindeutig städtischem Bezug, die aus Begünstigtenlisten und durch direkte Kontakte mit den Landesministerien recherchiert werden konnten, teilweise sehr klein. Außerdem umfassten die Begünstigtenlisten häufig Projekte, die sich zum Zeitpunkt der Recherche noch in einem frühen Stadium der Umsetzung befanden. Trotz dieser Einschränkung gelang es, in der Auswahl mindestens ein Projekt aus jedem Bundesland zu berücksichtigen. Auch das breite Themenspektrum wird von der Auswahl der Projekte widergespiegelt. Wie Tab. 2 zeigt, gehören sie jeweils verschiedenen thematischen Schwerpunkten der Strukturfonds an, insbesondere den Themenfeldern Städtebau, Wirtschaft, Technische oder Soziale Infrastruktur, Urban Governance und Umwelt.

Fazit zur Untersuchung der Programmebene

Hinsichtlich der Betrachtung städtischer Belange auf der Projektebene blieb zunächst der teilweise geringe Genehmigungs- bzw. Umsetzungsstand von strukturfondsgeförderten Projekten der NSE in einzelnen Bundesländern festzuhalten, was eine konstante Herausforderung für die Untersuchung der Projektebene darstellt, da die Auswahl der Projekte dadurch erheblich eingeschränkt wurde. Trotzdem ließen sich erste, allg. Erkenntnisse festhalten:

  • ESF-Projekte, deren Zuwendungsempfänger die Städte sind, wurde bis dato primär für die Bereiche der Sozialen Infrastruktur und Wirtschaft bewilligt. Auf gleichartige EFRE-Projekte trifft dies ebenfalls auf die Soziale Infrastruktur und in abgeschwächter Form auf die Bereiche Städtebau/Denkmalpflege und Technische Infrastruktur zu. Projekte der NSE wurde bisher nur in geringem Maße bewilligt.
  • Die qualitative Auswertung hat gezeigt, dass integrierte Ansätze nicht ausschließlich innerhalb von Maßnahmen nach Art. 8 zur Anwendung kommen, sondern in geringem Maße auch in anderen Handlungsfelder.
  • Eine räumliche, zeitliche und inhaltliche Abstimmung von Projekten mit Maßnahmen im selben Quartier, die auf Synergie-Effekte abzielt, ist verbreitet und hat bei der Mehrzahl der ausgewählten Projekte stattgefunden.

Ungefähr die Hälfte der ausgewählten Projekte wurde in einem ressortübergreifenden Verfahren entwickelt und/oder umgesetzt. Bei einer vergleichbaren Anzahl (häufig denselben Projekten) wurde die Partizipation von Bürgern und Interessengruppen in der Entwicklung des Projektkonzeptes ermöglicht.

Empfehlungen zur Verankerung der Städtischen Dimension in der Förderperiode 2014-2020

Vor dem Hintergrund der in der Einleitung geschilderten Bedeutung der Städtischen Dimension der Europäischen Strukturfonds für die deutsche Stadtentwicklungspolitik bestand seitens des BMVBS als Auftraggeber der Studie hohes Interesse daran, sich konstruktiv in den Dialog zur Ausgestaltung der kommenden Strukturfondsperiode mit den Erfahrungen der laufenden Periode einzubringen. Um hierzu eine fundierte Diskussionsgrundlage zu erhalten, wurden folgende Empfehlungen zur Implementierung der Städtischen Dimension in die Strukturfondsförderung 2013+ aus der zurückliegenden Analyse abgeleitet:

a. Einigung auf den einheitlichen Einsatz des Begriffs Städtische Dimension

Um eine präzise Diskussion zur Implementierung der Städtischen Dimension führen zu können, wurde die Notwendigkeit gesehen, diesen Begriff im Dialog einheitlich zu definieren. Im Zuge der Recherche konnten aktuell die zwei Lesarten einer Städtischen Dimension i.e.S. und i.w.S. identifiziert werden. Hinsichtlich der Strukturfondsmittel war davon auszugehen, dass diese zum überwiegenden Teil in städtischen Gebieten zum Einsatz kommen, was sich auf den bereits geschilderten hohen Verstädterungsgrad in der EU zurückführen ließ. Diese These bestätigten die Ergebnisse der vorliegenden Studie. Dass die Strukturfondsförderung eine Städtische Dimension i.w.S. aufweist, konnte auf Grund der genannten strukturellen Rahmenbedingungen der EU daher bereits in großem Umfang als gesetzt betrachtet werden.

In der Leipzig Charta verpflichten sich die 27 EU-Mitgliedsstaaten, sektorale Stadtentwicklungspolitiken aufeinander abzustimmen und integriert zu behandeln. Dieser Rahmen wurde von einer Städtischen Dimension i.w.S. nicht sichergestellt, für welche der integrierte Ansatz nicht bindend ist. Der höhere Anspruch eines integrierten Vorgehens wurde jedoch als das entscheidende Kriterium verstanden, städtische Maßnahmen nachhaltig zu gestalten.

Mit dem Ziel, die Strategien der Leipzig Charta in die Strukturfondsförderung zu implementieren, wurde daher empfohlen, sich auf die Verwendung des Begriffs der Städtischen Dimension i. e. S. zu verständigen, die Städtische Dimension somit ausschließlich als Nachhaltige Stadtentwicklung aufzufassen und dementsprechend einheitlich zu diskutieren.

b. Einstufung der Nachhaltigen Stadtentwicklung als "Lissabon-konforme" Ausgaben

Das Gesamtbudget der OPs von Bund und Ländern war u.a. nach Maßnahmethemen (Ausgabenkategorien) aufzuschlüsseln, denen Codes zugewiesen waren. In den Verordnungen wurde festgelegt, welche dieser Codes "Lissabon-konforme" Ausgaben sind und demnach die EU-Prioritäten der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Erreichung der Ziele der integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung unterstützen.

Von der EU nicht als "Lissabon-konform" eingestuft sind u.a. die für die Nachhaltige Stadtentwicklung tragenden Themen der Förderung von "integrierten Projekten zur Wiederbelebung städtischer […] Gebiete" (Code 61) sowie die "Sanierung von verschmutzten Industriegeländen und Flächen" (Code 50). Mit der Unterstützung beider Herausforderungen wurde ein unmittelbarer Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftskraft der Städte geleistet. Bspw. durfte davon ausgegangen werden, dass die Brachflächenrevitalisierung, welche die Codes 50 und 61 abbilden, zumeist im Zusammenhang mit einer gewerblichen Folgeinvestition auf den aufgewerteten Flächen steht, bzw. diese Investitionen erst erlaubt. Die in der Studie exemplarisch untersuchten EFRE- und ESF-geförderten Fallbei-spiele untermauerten diesen Eindruck. Der überwiegende Teil dieser Projekte leistete einen Beitrag zur Erreichung der o. g. Prioritäten.

Deutschland verpflichtete sich in seinem NSRP insgesamt 71 % der Strukturfondsmittel im Ziel Konvergenz und 81 % im Ziel RWB auf "Lissabon-konforme" Maßnahmen zu verwenden. Diese Zielvorgaben gingen über die in den Verordnungen bezeichneten Schwellenwerte hinaus. Um diese Ziele der EU bzw. des deutschen NSRP zu erreichen, konnten nach Rückmeldung der regionalen Ebene Maßnahmen der Nachhaltigen Stadtentwicklung, die wie aufgezeigt nicht "Lissabon-konform" codierbar sind, vielfach nicht mit den Budgets hinterlegt werden, die als Bedarfe in den Städten vorlagen.

Vor diesem Hintergrund wurde empfohlen, den Beitrag der Nachhaltigen Stadtentwicklung zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung auch in der Form anzuerkennen, dass Maßnahmen dieses Bereiches den Status der Lissabon-Konformität in der kommenden Strukturfondsperiode erhalten. Gleiches galt für die Würdigung des Beitrages der Nachhaltigen Stadtentwicklung zu einem intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wirtschaftswachstum der EU im Kontext der Strategie Europa 2020.

c. Lockerung der n+2 Regelung im Kontext urbaner Maßnahmen

Auch in der Förderperiode 2007-2013 gilt grundsätzlich die sog. n+2 Regelung, welche unter Art. 93, Abs. 1 der Allgemeinen StrukturfondsVO 1083/2006 beschrieben ist. Demnach sind EFRE-Mittel beginnend mit dem Jahr (n), für das sie der Region zur Verfügung gestellt wurden, bis spätestens in den darauf folgenden zwei Jahren (+2) zu verbrauchen. Solange bleiben die zugesagten Mittel der Region erhalten, was in der VO als Mittelbindung bezeichnet wird. Innerhalb der beschriebenen n+2 Frist müssen die jeweils in der betreffenden Jahresscheibe gebundenen EFRE-Mittel Dritten bewilligt, ausgezahlt sowie bei der Bescheinigungsbehörden der Mitgliedstaaten in Form von Zahlungsanträgen aufgenommen worden sein. Die Zahlungsanträge erfassen die Summe der ausgezahlten Förderungen in der betreffenden Region.

So die gebundenen Mittel nicht über den Zeitraum von n+2 Jahren abgerufen werden, gibt sie die Kommission wieder frei, was de facto bedeutet, dass diese Mittel für die Region verfallen. Mittel, die im Jahr 1 von der EU-KOM gebunden wurden, müssen demnach bis Ende des Jahres 3 in Förderprojekte geflossen sein. Diese Problematik betrifft die Verwaltungsbehörden hinsichtlich der sinnvollen Einteilung/Bindung der Mittel, die auf die jeweiligen Interventionstypen anzupassen ist.

Stadtentwicklungsprojekte besitzen als Interventionstyp einen ausgedehnten Zeithorizont, sofern sie mit dem Anspruch einer integrierten und partizipativen Planung und Realisierung umgesetzt werden sollen. Dies bedeutet u.a., dass bei dieser Form der Projektentwicklung eine Vielzahl von Akteuren aktiviert und aufeinander abgestimmt, deren Risiken durch weitere Finanzierungsinstrumente abgepuffert werden müssen oder für die innerhalb der Projektlaufzeit die notwendigen Investitionsvoraussetzungen (Klärung von Eigentumsverhältnissen, Erhebung von Flächenzuständen, etc.) zu schaffen sind.

Wird ein EFRE-finanziertes Förderprogramm "Nachhaltige Stadtentwicklung" neu aufgelegt, stehen die Projekte zumeist nicht "bei Fuß", sondern müssen erst über einen längeren Zeitraum zur Antragsreife gebracht werden. Die Auswertung des Mittelabrufs zeigt, dass z.T. die bei den Regionen beantragten Nachhaltige Stadtentwicklung-Programmkulissen erst Ende 2009 genehmigt wurden, wobei diesem Schritt noch die Antragsphase der konkreten Projekte folgen muss. Von den Verwaltungsbehörden sind demnach zum einen deutlich zeitlich verzögert Mittel für diese Interventionen zu binden, um sie nicht verfallen zu lassen. Zum anderen sind alle Mittel definitiv bis 2015 in Form von Zahlungsanträgen umzusetzen und die betreffenden Projekte grundsätzlich zu Ende zu bringen. Nach dem 31.12.2015 noch nicht abgeschlossene Projekte können dann nur noch, sofern hierzu eine Grundlage in den Regionen besteht, aus nationalen Mitteln fortfinanziert werden.

Für großformatige, komplexe Stadtentwicklungsprojekte bleibt nach Rückmeldung der kommunalen Ebene im Fall des o.g. Beispiels (Genehmigung der Programmkulisse Ende 2009) zu wenig Zeitraum (maximal sechs Jahre, je nach Beginn der Planung) für eine adäquate Durchführung. Dieser Umsetzungsdruck kann das Niveau der im Kontext der Nachhaltigen Stadtentwicklung geförderten Projekte nachteilig verändern.

Vor diesem Hintergrund wurde für die Ausgestaltung der kommenden Förderperiode die Lockerung der n+2 Regelung empfohlen. Diskutiert werden sollte, ob diese n+2 Reglung ausschließlich für die Maßnahmen der Nachhaltigen Stadtentwicklung bspw. hin zu einer n+3 zu lockern ist.

d. Sicherung der Kopplungsmöglichkeiten von ESF – EFRE

Art. 34 der Allgemeinen StrukturfondsVO 1083/2006 erlaubt die Kopplung von ESF und EFRE, indem Teile des einen Fondsbudgets in das andere maßnahmenbezogen verschoben werden können. Dem jeweils anderen Fonds zugeschriebenen Maßnahmen werden aus diesem dann auch finanziert, was die Maßnahmenverwaltung erheblich erleichtern kann. In eine EFRE-Gebietskulisse der Nachhaltigen Stadtentwicklung können unter Anwendung dieses Verfahrens Maßnahmen aus dem ESF eingebunden und über den EFRE abgerechnet werden.

Ein Problem besteht derzeit jedoch in der unzureichenden Formulierungsschärfe des genannten Art. 34 zu dieser Frage, der besagt, dass für den Fall, dass eine ESF-Maßnahme aus dem EFRE finanziert wird, diese im Zusammenhang mit einem EFRE-Vorhaben stehen muss. Unklar bleibt hier, ob "Vorhaben" objekt- oder gebietsbezogen verstanden werden. Sehr hinderlich wäre für eine Nachhaltige Stadtentwicklung die objektbezogene Auffassung, wonach eine EFRE-finanzierte ESF-Maßnahme unmittelbar an ein EFRE-Einzelprojekt angelagert werden müsste. ESF-Mittel könnten auf diese Weise nicht flexibel im Programmgebiet eingesetzt werden. Diese Unsicherheit über die Auslegung des Vorhabenbegriffes führte in der Praxis z.T. dazu, dass die Möglichkeit zum Cross-Financing im Operationellen Programm nicht eingeräumt wurde.

Für die kommende Förderperiode wurde daher empfohlen, zum einen die Option des Cross-Financing wiederum in der Allg. StrukturfondsVO anzubieten. Zum anderen sollte diese Möglichkeit gebietsbezogen ausgelegt werden, so dass beispielsweise ESF-Mittel zur Ausbildungsförderung bedarfsorientiert unabhängig von kleinteiligen Objektvorhaben innerhalb einer EFRE-Gebietskulisse eingesetzt werden können.

e. Verpflichtung aller Mitgliedsstaaten zur Aufnahme der Nachhaltigen Stadtentwicklung in ihre Operationellen Programme

Die Nachhaltige Stadtentwicklung wird von den Mitgliedsstaaten der EU als wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Kohäsionspolitik anerkannt. Dies kommt u.a. in der Leipzig Charta zum Ausdruck, in welcher die wirtschaftliche Entwicklung der EU in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erfolg einer nachhaltigen Entwicklung der Städte gestellt wird. Auf die genaueren Bestandteile einer Nachhaltigen Stadtentwicklung wurde sich erstmals auf europäischer Ebene innerhalb des "Aktionsrahmens Nachhaltige Stadtentwicklung in der Europäischen Union" 1998 verständigt. Als notwendige Aktionsfelder dieser Strategie wurden hier, orientiert am Nachhaltigkeitsdreieck des Brundtland-Berichtes, fixiert:

  • Stärkung des wirtschaftlichen Wohlstands und der Beschäftigung in den Städten,
  • Förderung von Gleichheit, sozialer Eingliederung und Erneuerung in städtischen Gebieten,
  • Schutz und Verbesserung der städtischen Umwelt im Hinblick auf lokale und globale Nachhaltigkeit,
  • Beitrag zu einem guten Stadtmanagement und zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.

In der EFRE-Regelförderung ging der Ansatz einer Nachhaltigen Stadtentwicklung mit der Konzentration auf städtische Problemgebiete erstmals in der laufenden Strukturfondsperiode ein. Je-doch wurde Art. 8 hier lediglich als optionaler Fördergegenstand der Operationellen Programme installiert.

Das beschriebene breite Bekenntnis aller Mitgliedsstaaten der EU zu einer Nachhaltigen Stadtentwicklung spiegeln die der Operationellen Programme der Regionen nicht wieder. Wie eine Studie der EU-KOM aufzeigt, haben lediglich 50 % der RWB- bzw. 35 % der Konvergenzregionen Maßnahmen in ihren Programmen fixiert, die auf Art. 8 EFRE-VO abgestimmt sind. Innerhalb der Konvergenzregionen trifft dies auf nur 10 % der EU-12 zu.

Hierbei kommt zum Tragen, dass die EU-12 nicht an der Gemeinschaftsinitiative URBAN partizipieren konnten und daher nur eingeschränkt über Erfahrungen in der Anwendung eines integrierten Ansatzes in der Stadtentwicklung (vor allem im Rahmen der EU-Förderung) verfügen. Unterstützt wird diese These von der Beobachtung der o.g. Studie, dass nur sehr wenige EU-12 Mitgliedsstaaten über "nationale Strategien für die Stadtentwicklung oder über eine nationale Städtepolitik" verfügen – eine Einschätzung, die auch in einer ähnlichen Auswertung der NSRPs wiederkehrt, in der nur manchen NSRPs eine klare Stadtentwicklungsstrategie attestiert wurde.

Aufbauend auf diesem Erkenntnisstand empfiehlt es sich für die kommende Strukturfondsperiode, die Berücksichtigung der Nachhaltigen Stadtentwicklung in den Operationellen Programmen der Regionen als obligatorisch zu verankern. Dieses Anliegen entspricht dem beschriebenen Konsens aller EU-Mitgliedsstaaten, sich zu einer Nachhaltigen Stadtentwicklung zu bekennen. Um die Wirksamkeit einer solchen verbindlichen Regelung zu erhöhen, wurde geraten, diese mit einem entsprechenden Erfahrungsaustausch in dem Strategiebereich einer Nachhaltigen Stadtentwicklung zu flankieren. Hiervon sollten insbesondere – aber nicht ausschließlich, da auch eine Vielzahl von Städten der EU-15 vor der Herausforderung hoher lokaler Disparitäten stehen und noch keine URBAN-Erfahrung aufweisen – die EU-12 profitieren.

f. Mindestsätze für den Anteil der Nachhaltigen Stadtentwicklung am Gesamtbudget

Aus der Auswertung der deutschen EFRE-OPs ging hervor, dass sämtliche RWB- und Konvergenzregionen Mittel für Maßnahmen vorgesehen haben, welche in den Bereich von Art. 8 EFRE-VO fallen. Diese wurden jedoch in sehr unterschiedlichem Umfang dotiert. Ein heterogenes Bild der deutschen Strukturfondsförderung vermittelt zudem der Umstand, dass RWB-Flächenregionen durchschnittlich 9,2 %, Konvergenzregionen dagegen nur 5,6 % ihres EFRE-OP-Gesamtbudgets der Nachhaltigen Stadtentwicklung widmen.

Zu vergleichbaren Untersuchungsergebnissen gelangt die Studie der EU-KOM auf der Ebene der Prioritätenachsen. Hier wurden als durchschnittlicher Anteil der EFRE-Budgets, der für Prioritätenachsen der Stadtentwicklung bestimmt ist, 8,9 % für das RWB-Ziel gegenüber 3,2 % für das Konvergenz-Ziel identifiziert. Innerhalb der Konvergenzregionen unterscheidet sich dieser Betrag ebenfalls stark, der sich für die EU-15 auf durchschnittlich 3,9 % und die EU-12 auf durchschnittlich 2,7 % des Gesamtbudgets bemisst.

Da davon ausgegangen werden muss, dass alle europäischen Städte vor der Herausforderung einer sozialen Polarisierung stehen, die verbunden ist mit der Konzentration von Problemlagen in benachteiligten Stadtquartieren, kann der Bedarf einer Nachhaltigen Stadtentwicklung entsprechend Art. 8 für sämtliche Regionen der EU prognostiziert werden. Die Höhe dieses Bedarfes korreliert unmittelbar mit den spezifischen Strukturmerkmalen der jeweiligen Region, weshalb dessen Pauschalierung an dieser Stelle ausgeschlossen wird.

Diskutiert werden sollte eine Budgetgrenze für die Dotierung einer Nachhaltigen Stadtentwicklung, die von den Regionen nicht unterschritten werden darf. Diese empfohlene Mindestausstattung re-sultiert aus den oben beschriebenen Erfahrungen der laufenden Strukturfondsperiode und den dort sehr stark schwankenden Dotierungen der Nachhaltigen Stadtentwicklung, die sich nicht zwingend auf regionale Strukturunterschiede zurückführen lassen.

g. Inhaltliche Standards für die Implementierung einer Nachhaltigen Stadtentwicklung

Art. 8 EFRE-VO empfiehlt die Förderung eines breiten Fächers an Interventionen der Nachhaltigen Stadtentwicklung. Je nach spezifischen lokalen Rahmenbedingungen wird die Gewichtung dieser Strategien in den Städten differenziert vorgenommen werden müssen. In den Regionen der EU-15 bestehen im Vergleich zu den EU-12 z.T. sehr unterschiedliche Herausforderungen für eine Nachhaltige Stadtentwicklung. Die Konvergenzregionen der EU-12 weisen noch einen hohen Bedarf an Investitionen in vernachlässigte Infrastrukturen und in die Gebäudesubstanz auf, was in der gleichen Intensität auf die Regionen der EU-15 nicht mehr zutreffen sollte.

Entsprechend der Ergebnisse der Studie fördern die Bundesländer selten das gesamte Maßnahmenspektrum des Art. 8. Ähnliches stellte eine vergleichbare Untersuchung sämtlicher EFRE-OPs der europäischen Mitgliedsstaaten durch die EU-KOM fest, in der z.T. für die Operationellen Programme der EU-12 die einseitige Förderung von städtebaulichen Sanierungs- und Infrastrukturmaßnahmen angemerkt wurde, welche beispielsweise nicht von Wirtschafts- und Bildungsmaßnahmen flankiert werden.

Als Beispiel der Förderung eines breiten Maßnahmenspektrums innerhalb des EFRE-OPs kann das Land Brandenburg angeführt werden. Hier sind die Kommunen aufgefordert, in ihren integrierten Stadtentwicklungskonzepten, deren Erstellung eine Grundbedingung für den Erhalt von EFRE-Mitteln des Bereichs Nachhaltige Stadtentwicklung darstellt, Stadtentwicklungsprojekte zu Themen der Wirtschaftsförderung, Beseitigung städtebaulicher Missstände, Aufwertung der Verkehrsverhältnisse, Steigerung/Erhalt der Leistungsfähigkeit der Sozialen Infrastruktur und Förderung des Stadtteilmanagements zu benennen.

Für die Programmierung der kommenden Strukturfondsperiode wurde die Überprüfung einer Vorgabe empfohlen, der entsprechend alle Handlungsfelder des Art. 8 in den Operationellen Programmen als Fördergegenstände den Städten angeboten werden sollten. Damit wird vorgeschlagen, dass die lokale Ebene grundsätzlich über die Option verfügt, Gebrauch von einem breiten Förderspektrum zu machen, das es ihr erlaubt, integriert in den lokalspezifischen Brennpunkten zu intervenieren.

h. Etablierung eines zentralen EU-Programms zur Förderung der Nachhaltigen Stadtentwicklung

Die Evaluation der Gemeinschaftsinitiative URBAN II wurde im zweiten Quartal 2010 abgeschlossen und attestiert diesem Bereich der Strukturförderung u.a. die wichtige Aufgabe des Know-how Transfers und des Capacity building auf dem Gebiet der Nachhaltigen Stadtentwicklung. Die Gemeinschaftsinitiative schuf daher in den EU-15 eine strategische Basis für die Implementierung von im Einklang zur Leipzig Charta stehenden Stadtentwicklungspolitiken und die Verbreitung des integrierten Ansatzes. In den EU-12 fehlen, wie beschrieben, dieses Fundament und diese Hilfestellung bei der Bewältigung von Startschwierigkeiten in der Etablierung der Nachhaltigen Stadtent-wicklung und der hierzu notwendigen Strukturen.

Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten gewesen, dass die aktuelle Förderperiode in Fragen der Nachhaltigen Stadtentwicklung nicht zweigleisig ausgestaltet wurde. Hier hätte zum einen der Art. 8 als Angebot der Regelförderung insbesondere für die EU-15 verstanden werden können, welche bereits eine URBAN-Erfahrung aufweisen. Zum anderen hätte die Möglichkeit bestanden, ein auf die EU-12 ausgeweitetes Modellvorhaben zur Nachhaltigen Stadtentwicklung zu installieren, welches u.a. zum Ziel hat, die Strukturen für ein integriertes Vorgehen herauszubilden, auf denen dann in einem weiteren Schritt in der Regelförderung aufgebaut werden kann. Der Auftrag an eine solche Initiative wäre inhaltlich sowie zeitlich klar abgrenzbar gewesen und hätte mit ihrem spezifischen, die Regelförderung ergänzenden Ziel im Einklang mit dem Charakter einer Gemeinschaftsinitiative gestanden. Die Frage einer solchen auf zwei Ebenen verankerten Städtischen Dimension stellt sich unverändert für die kommende Förderperiode.

Für die kommende Förderperiode wurde auf Grund der geschilderten Ausgangsposition ein Instrument zur gezielten Etablierung oder Verstetigung von Strukturen der Nachhaltigen Stadtentwicklung auf Stadtquartiersebene empfohlen, das modellhaft in den Mitgliedsstaaten Anwendung findet. Die Rahmenbedingung eines solchen Modellvorhabens sollte die Umsetzung der Strategien der Leipzig Charta verbindlich vorgeben und den Erfahrungsaustausch zwischen den Modellquartieren sichern. Ersteres schloss die Einbindung der für die Stadtentwicklung auf nationaler und regionaler Ebene zuständigen Ressorts in die Ausgestaltung und Koordinierung eines solchen Vorhabens ein. Diese vertikale Integration sollte u.a. die Übertragbarkeit der in den Modellgebieten praktizierten Ansätze auf weitere Quartiere mit ähnlichen Herausforderungen in dem jeweiligen Mitgliedsstaat gewährleisten.

Ausblick

Die Verpflichtung zur Aufnahme einer Maßnahme bzw. die Vorgabe von Quoten und Standards für die Umsetzung einzelner Maßnahmen würde für die Strukturfondsförderung der Regionen ein Novum bedeuten. Die Rahmenverordnungen der Strukturfonds sind als Angebote zu verstehen. Beschrieben in den entsprechenden Verordnungsdokumenten sind die förderfähigen Interventionen und die zumeist technisch-organisatorischen Bedingungen, welche bei Inanspruchnahme der Strukturfondsmittel an deren Verwendung geknüpft sind. In diese Philosophie reiht sich die vorhandene Optionalität des Art. 8 ein. Lediglich für den breiten Zielkorridor der Lissabon-Strategie liegt in den Verordnungen eine Quotenregelung vor, in der eine Vielzahl von Maßnahmen erfasst sind. Die beschriebenen Handlungsempfehlungen, Verbindlichkeiten für den Bereich Nachhaltige Stadtentwicklung zu schaffen, würden demnach einen neuen Schritt in der Konditionierung dieser Förderung bedeuten, wobei jedoch auf die Quotierung "Lissabon-konformer" Maßnahmen zurück-gegriffen werden kann.

Der vorgetragene Vorschlag berührt zudem den Tatbestand, dass der EU in Fragen der Städtepolitik die formale Kompetenz fehlt, da der EU-Vertrag lediglich auf die regionale Ebene vordringt. Der Forderung, einen Art. 8 obligatorisch statt wie bisher fakultativ in die Operationellen Programme der Regionen aufzunehmen, muss daher eine Grundsatzdiskussion über die Zuständigkeiten der EU vorangehen.

Beide aufgezeigten Reibungsflächen bedeuten eine Herausforderung für die stärkere Verankerung der Nachhaltigen Stadtentwicklung in der kommenden Förderperiode. Sich diesen zu stellen, sollte jedoch ein Anliegen der Mitgliedsstaaten sein, die sich gemeinschaftlich auf die Durchführung eines Follow-Up-Prozesses der Leipzig Charta verständigt haben. Eine Alternative zur Anpassung des Art. 8 besteht daher, wie bereits ausgeführt, im Wiederaufgreifen der Idee, den "Acquis URBAN" modellhaft in den Mitgliedsstaaten an ausgewählten Stadtquartieren zu verwirklichen, wie dies innerhalb der Gemeinschaftsinitiative URBAN II durchgeführt wurde.

Um diese Debatte erfolgreich zu führen, wurde eingeschätzt, dass hierzu im derzeitigen Verhandlungsprozess der Strukturfondsförderung 2013+ ein solches Vorgehen über die Grenzen der für Stadt- und Regionalentwicklung zuständigen Ressorts hinaus zu diskutieren ist. Auf nationaler Ebene besteht hierzu u.a. der wirkungsvoll erscheinende Ansatz, eine am Querschnittsziel des Nationalen Strategischen Rahmenplans ausgerichtete interdisziplinäre Arbeitsgruppe einzurichten und sich hier auch zu den vorgetragenen Handlungsempfehlungen sowie den Anregungen der Verbände, Länder- und Kommunalvertreter zu verständigen. Dies würde die Idee der Strukturfondsförderung unterstreichen, der entsprechend durch vernetztes Handeln komplexe, sektorüber-greifende Herausforderungen bewältigt werden sollen.

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