Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: CO2-neutral in Stadt und Quartier – die europäische und internationale Perspektive

Projektsteckbrief

Die EU hat sich anspruchsvolle CO2-Minderungsziele gesetzt. Da Städte den größten Teil an Treibhausgasen, einschließlich CO2, emittieren, müssen Emissionen vor allem in Stadt und Quartier gezielt reduziert werden (Mitigation). Doch wie erfassen und bilanzieren Städte ihren CO2-Einsparerfolg? Und gibt es international vergleichbare Vertrags- oder Regelwerke und Förderprogramme wie in Deutschland? Anhand von über 20 ausgewählten Städten sowie der Analyse zahlreicher internationaler Richtlinien, Instrumente und Netzwerke beantwortet das Projekt diese und weitere Fragen, indem es die europäische und internationale Perspektive beleuchtet.

Projektlaufzeit: Oktober 2015 – November 2016

Ausgangslage

Um dem Klimawandel in Bezug auf seine bereits absehbaren und noch unabsehbaren Negativwirkungen effektiv zu begegnen, müssen wir Treibhausgase reduzieren. Die anthropogen verursachten Emissionen sind in der Vergangenheit stark gestiegen. Sie bilden den wesentlichen Treiber der Erderwärmung. Die internationale Gemeinschaft, die EU-Mitgliedsstaaten und insbesondere Deutschland sind sich hierbei ihrer Verantwortung bewusst. Auf der 21. UN-Klimakonferenz (COP21) Ende 2015 in Paris vereinbarte die internationale Gemeinschaft, die globale Erwärmung auf maximal 2°C im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Das hierfür verbleibende Kohlenstoffbudget beträgt etwa 750 Milliarden Tonnen.

Mit einem Anteil von ungefähr 70 % hat ein Großteil der anthropogenen Treibhausgasemissionen ihren Ursprung in urbanen Räumen und städtischen Prozessen. In erster Linie handelt es sich hierbei um direkte und indirekte CO2-Emissionen in Folge unterschiedlichster menschlicher Aktivitäten wie Landnutzungsänderungen, Produktionsprozessen, Verkehr, Abfallaufkommen sowie Gebäudeerstellung und -nutzung. Dies impliziert insbesondere auch intensive Anstrengungen auf Ebene der Kommunen zur Mitigation des Klimawandels. Studien prognostizieren darüber hinaus, dass der Trend zur Migration aus ländlichen Gegenden in urbane Räume weiter anhalten wird. Der zunehmende Urbanisierungsgrad in Kombination mit einer weiter steigenden Weltbevölkerung führt bei ansonsten gleichbleibenden Bedingungen dazu, dass die Treibhausgase in Städten weiter ansteigen. Urbane Räume sind somit zugleich Problemfeld und Quelle für Lösungsmöglichkeiten im Kontext der drängenden Begrenzung des Klimawandels.

Mögliche Lösungsansätze sollten daher im Sinne einer Bottom-up-Betrachtung auf die Kommunalpolitik sowie die Quartiersebene zielen, um sinnvolle und skalierbare Handlungsempfehlungen aufzuzeigen. Die Bedeutung von Städten zur Begrenzung des Klimawandels wurde lange vernachlässigt. In letzter Zeit bewirkten Konferenzen wie HABITAT III sowie COP22 hier einen Wandel.

Ziel

Wesentliches Forschungsziel des Projekts "CO2-neutral in Stadt und Quartier – die europäische und internationale Perspektive" war es, die Rolle und die Ansätze europäischer und internationaler Städte bei der Vermeidung von CO2-Emissionen umfassend zu verstehen. Die lokalen Siedlungsstrukturen und der Gebäudebestand standen hierbei besonders im Fokus. Integrativ wurden jedoch auch andere Sektoren wie Verkehr und Abfallmanagement mit in die Analysen einbezogen. Ein weiteres Ziel des Projekts bestand darin, Methoden und Möglichkeiten zu überblicken, mit denen sich Status und Fortschritt ermitteln lassen und die damit der Berichterstattung (Treibhausgasinventarisierung) dienen – um letztlich auch die politische Argumentation zu unterstützen.

Das regionale und städtische Wirkungsgefüge hinsichtlich der Treibhausgasemissionen ist äußerst komplex. Viele Ansätze zur Treibhausgasreduktion in Städten und Quartieren – wie Energieeffizienzsteigerungen bei Immobilien, der Umstieg auf erneuerbare Energieträger oder ein professionelles Abfallmanagement – sind durchaus gängige und naheliegende Optionen. Aufgrund der Heterogenität urbaner Strukturen – zum Beispiel geographischer Merkmale, klimatischer Gegebenheiten oder unterschiedlicher sozialer, ökonomischer und politischer Rahmenbedingungen – zeigen sich jedoch je betrachteter Stadt verschiedene Ausgangslagen für kohlenstoffarme Stadtentwicklungsstrategien. Das Projekt beurteilte deshalb ein breites Spektrum von Städten mit heterogenen Ausgangssituationen.

Von zentraler Bedeutung ist hierbei aber stets die Transformation durch den Umbau und teilweise auch Neubau von Städten und Quartieren zu CO2-neutralen Siedlungsstrukturen. Eine detaillierte Betrachtung auf Quartiersebene bietet sich gleichzeitig besonders für konkrete Maßnahmen an – nicht zuletzt aufgrund der deutlich höheren Sichtbarkeit der Ergebnisse für alle beteiligten Akteure.

Auf Grundlage der identifizierten Best-Practice-Ansätze leitete das Projektteam Handlungsempfehlungen für die künftigen Aktionsfelder politischer Vorgaben und fachlichen Rahmenbedingungen ab. Die Ergebnisse sollen Verwaltung und Politik konkret Hilfestellung bieten, CO2-Emissionen der Sektoren frühzeitig, objektiv und transparent zu erfassen und darauf aufbauend effiziente Maßnahmenpakete für eine strukturierte Dekarbonisierung ableiten zu können.

Auftragnehmer des Projekts war das IRE|BS Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg, Ansprechpartner: Prof. Dr. Sven Bienert.

Kontakt

  • Dr. André Müller
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 3 „Europäische Raum- und Stadtentwicklung“
    Telefon: +49 228 99401-2341
    E-Mail: andre.mueller@bbr.bund.de

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