Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Gesundheit in der Stadt: Maßnahmen für einen gesunden Lebensraum

Projektsteckbrief

Die Gesundheit von Menschen ist eng verknüpft mit dem Raum, in dem sie leben und arbeiten. Die „grauen, grünen und blauen“ Strukturen können sich positiv oder negativ auf die Gesundheit auswirken. Insbesondere prosperierende und anhaltend wachsende Städte stehen, in Anbetracht notwendiger Verdichtungserfordernisse, vor der Frage, wie sie Anforderungen an gesunde Wohn- und Lebensverhältnisse mit wachstumsbedingten (baulichen) Bedarfen künftig besser miteinander in Einklang bringen.

Ausgangslage

Die unmittelbare physische und soziale Lebensumwelt beeinflusst das gesunde Leben in Städten. Urban, dicht, komplex, heterogen und dynamisch – zahlreiche Einflüsse können auf das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Entstehung von Krankheiten wirken. Aktuelle Krisen führen uns vor Augen, wie fragil und wenig anpassbar städtische Strukturen zum Teil für Veränderungen, für gestiegene Nachfragen oder veränderte Verhaltensweisen sind. Die Corona-Pandemie, klimawandelbedingte Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse sowie Hitze- und Trockenperioden veranschaulichen die Problematik verdichteter Städte einmal mehr. Dieser stark verkürzte Abriss deutet an, wie wichtig es ist, sich verstärkt mit den Fragen einer gesundheitsverträglichen Stadtgestaltung auseinanderzusetzen – vor allem in Anbetracht weiteren Städtewachstums. (siehe auch „Gesundheit und Krankheit aus räumlicher Perspektive“)

Viele Städte und Stadtregionen Deutschlands wachsen seit Jahren kontinuierlich und ihnen werden, trotz erster Hinweise auf eine leicht rückläufige Entwicklung im Corona-Jahr 2020, weitere Zuwächse prognostiziert. Der sich durch diesen Zuwachs ergebende Bedarf für weiteren Wohnraum, weitere soziale und technische Infrastruktur sowie nach Gewerbe- und Handelsflächen ist im Sinne der Innenentwicklung vorrangig innerhalb bestehender Stadtstrukturen abzudecken. Das bedingt zusätzliche Verdichtungen in ohnehin schon dichten Strukturen, führt zu weiterer Verknappung begrenzter Flächenressourcen und verstärkt den Druck auf Flächen, die bis dato für eine Bebauung nicht angedacht waren. Gleichwohl ist in bestimmten Versorgungsbereichen eine gewisse Dichte vonnöten, um vielfältige Angebote zu ermöglichen.

In Quartieren, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner bereits durch pathogenetisch wirkende Faktoren wie Lärm, Luftverschmutzung oder Lichtmangel stärker beeinträchtigt sind als in anderen Quartieren, können städtische Verdichtungseffekte zusätzliche Belastungen darstellen (vgl. Umweltgerechtigkeit; Auswahl und Aktivitäten in Kulissen der Städtebauförderung). Sie werden verstärkt, wenn es kaum, keine oder nur schlecht zugängliche Angebote gibt, die einem individuellen gesundheitlichen Entwicklungs- oder Erhaltungsprozess im Sinne salutogenetisch wirkender Merkmale dienen. Dazu zählen gute Luftqualität, Ruhezonen, Bewegungsmöglichkeiten, Gesundheitsversorgung. Dabei können gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht allein erst durch eine bauliche Verdichtung auftreten. Bereits der Einwohnerzuwachs in den bestehenden Quartieren kann die psychische Gesundheit im Sinne von Dichte-Stress negativ beeinflussen (vgl. Ansätze der Neurourbanistik). Es braucht daher geeignete Strukturen, die es der Bewohnerschaft, dem Gemeinwesen und den Kommunen erleichtern, mit den Folgen von Verdichtung und generell mit den Folgen des Klimawandels für die Gesundheit in verdichteten Städten besser umzugehen. Antworten darauf soll eine gesundheitsorientierte Stadtentwicklung geben, die gesundheitsförderliche Strukturen schafft und gesundheitsgefährdende Einflüsse mindert.

Maßgeblich für eine sozialräumliche Verbesserung unmittelbarer Lebensbedingungen und gesundheitsrelevanter Rahmenbedingungen sind gesicherte Kenntnisse zu bedeutsamen Merkmalen der Umweltqualität, der Sozialstruktur und der gesundheitlichen Situation. Eine kleinräumige Erfassung von Belastungsfaktoren und deren Wirkungen sowie von entlastenden Strukturen ermöglicht Rückschlüsse auf sozialräumliche Ungleichheiten innerhalb der Städte aus der Gesundheitsperspektive – und ist Voraussetzung für wirkungsvolle Gegenmaßnahmen. Kommunale Umwelt- und Gesundheitsmonitorings erfassen anhand ausgewählter Indikatoren gesundheitsbelastende Faktoren und betrachten diese auch sozialraumbezogen. Es lassen sich Gebiete mit (Mehrfach-)Belastungen identifizieren und mit Monitoringsystemen auch zukünftige Entwicklungen detaillierter abbilden. Auf nationaler und internationaler Ebene gibt es Hinweise und Empfehlungen für die Erhebung, Verwendung und Verwertung geeigneter Werte. Nie zuvor, so scheint es mit Blick auf die Datenfülle, gab es so viele quantifizierte Aussagen zur Gesundheit und. Krankheit.

Ziel

Das Forschungsprojekt widmet sich der umweltbezogenen Gesundheitsförderung in verdichteten Städten, nimmt die gesundheitsfördernde Stadtentwicklung in den Blick und betrachtet vor allem baulich-räumliche Handlungsfelder, um gute Voraussetzungen für bessere Gesundheitschancen in urbanen Räumen zu schaffen. Betrachtet werden die Faktoren der natürlichen und gebauten Umwelt mit ihren Wirkungen auf menschliche Gesundheit. Strategien, Maßnahmen und Instrumente auf kommunaler Ebene, um zur Gesundheit der Stadtbevölkerung beizutragen, stehen im Vordergrund der Untersuchung. Die Auswertung von „Stadtgesundheitsmaßnahmen“ soll Aufschluss darüber geben, welche Indikatoren, Faktoren, Ansätze, Strategien und Konzepte sich für gesundheitsfördernde Innenentwicklung eignen. Die Vielfalt der Maßnahmen soll strukturiert erfasst und deren Effekte sollen für wachsende und trotzdem gesunde Städte herausgearbeitet werden.

Kommunale Fallstudien und GIS-Analysen sollen Erkenntnisse zu einer nachhaltigen und gesundheitlich verträglichen Innenentwicklung zusammentragen. Unter Verwendung ausgewählter gesundheitsrelevanter Geodaten und mittels Geoinformationssystemen sollen quantifizierte Aussagen zur umweltbezogenen Gesundheitssituation verdichteter Städte auf (sozial-)räumlicher Ebene generiert werden. Diese können zudem als datenbasierte Entscheidungsgrundlage für Gesundheitsförderung in Kommunen dienen, um stadtpolitische Entscheidungen zukünftig umfassender vorzubereiten. Um selbstständig mit einfachen und kostengünstigen Lösungen gesundheitsfördernde Strukturen in ihrem räumlichen Bezug darzustellen, zu modellieren und zu bewerten, ist angedacht, den Kommunen eine allgemeinverständliche Hilfestellung voraussichtlich in Form einer Toolbox zu geben: Dabei soll insbesondere auf freie Geodaten (Open-Source-Komponenten) zurückgegriffen werden, die sich in kommunale Statistiken einpflegen lassen. Zu prüfen ist auch, welche Methoden sich zur Analyse auf kommunaler Ebene besonders eignen.

Auftragnehmer

  • Weeber+Partner – Institut für Stadtplanung und Sozialforschung/W+P GmbH
    Emser Str. 18, 10719 Berlin

    Stephanie Marsch, Dr. Heike-Gerth-Wefers, Nadine Radtke, Alexandra Ulrich

    Telefon: 030 / 861 64 24
    E-Mail: wpberlin@weeberpartner.de

  • in Zusammenarbeit und Kooperation mit:
    Prof. Dr. Jürgen Schweikart und Jonas Pieper (Berliner Hochschule für Technik)
    Prof. Dr. Gesine Bär (Alice Salomon Hochschule Berlin)
    Jonas Schupp, Karl Wefers (SWUP GmbH – Landschaft | Stadt | Kommunikation)

Kontakt

  • Silas Eichfuss
    Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
    Referat RS 6 „Stadt-, Umwelt- und Raumbeobachtung“
    Telefon: +49 228 99401-2245
    E-Mail: silas.eichfuss@bbr.bund.de

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