Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Erfolgsfaktoren für Wohnungsbauvorhaben im Rahmen der Innenentwicklung von dynamischen Städten

Zwischenergebnisse

Charakterisierung der Fallstudienstädte

Zur Auswahl der Fallstudienstädte wurden sowohl quantitative wie auch qualitative Indikatoren herangezogen. Der Fokus lag dabei auf wachsenden Großstädten, die aufgrund ihrer dynamischen Wohnungsmärkte für eine Analyse der Erfolgsfaktoren von Wohnungsbauvorhaben im Rahmen der Innenentwicklung einen interessanten Kontext bieten. Mittels Onlinerecherchen wurden ergänzend Informationen zu Art und Umfang aktueller Wohnungsbauprojekte in den Städten sowie der politischen und gesellschaftlichen Dynamiken in diesem Zusammenhang erfasst.

Ausgehend von dieser Recherche wurden sechs Fallstudienstädte ausgewählt. Im Folgenden werden diese kurz charakterisiert.

Augsburg: Die Universitätsstadt Augsburg verzeichnet wie die gesamte Region München vor allem durch Zuwanderungsgewinne ein rasantes Bevölkerungswachstum. Dies schlägt sich auch auf dem Wohnungsmarkt nieder, sodass Miet- und Kaufpreise für die Bevölkerung ansteigen. Augsburg zeichnet sich durch ein für Großstädte vergleichsweise hohes Wohnungsbauvolumen aus. Der hohe Druck auf dem Wohnungsmarkt ist aktuell Anlass zur Planung und Entwicklung eines neuen Stadtteils für bis zu 30.000 Einwohner.

Bonn: In der dynamisch wachsenden Universitätsstadt ist seit einiger Zeit eine Anspannung des Wohnungsmarktes zu verzeichnen. In jüngerer Vergangenheit wurden und werden zahlreiche Neubauvorhaben im Rahmen der Innenentwicklung realisiert. Gleichzeitig haben sich hier insbesondere durch Widerstände von Bürgerinitiativen Hemmnisse in der Umsetzung der Projekte ergeben.

Berlin (Bezirk Pankow): In Berlin ist in den letzten Jahren eine zunehmende Wohnungsmarktanspannung zu beobachten. Zugleich bestehen noch einige Innenentwicklungspotenziale. Auf politischer Ebene wird eine kontroverse Debatte über Möglichkeiten der Innenentwicklung und potenzielle Auswirkungen wie beispielsweise einer Gentrifizierung bestimmter Quartiere geführt. Zudem ist Berlin durch eine sehr aktive Bürgerschaft charakterisiert, die ihre Interessen öffentlich artikuliert (z. B. Tempelhofer Feld). Der im Rahmen dieser Studie fokussierte Bezirk Pankow weist mit den Ortsteilen Prenzlauer Berg und Pankow zwei starke Wachstumszentren auf, in denen Preisanstiege und Verdrängungstendenzen zunehmend kontrovers diskutiert werden.

Göttingen: Göttingen verzeichnet in den letzten Jahren kontinuierlich steigende Studierendenzahlen. Auf dem Wohnungsmarkt finden sich die für kleine Universitätsstädte typischen Dynamiken. Vor allem in den begehrten innerstädtischen und innenstadtnahen Lagen konkurrieren Studierende mit Familienhaushalten und in ihrer Zahlungskraft und Mobilität tendenziell eingeschränkten Haushalten (z. B. Sozialhilfeempfänger, Senioren) um bezahlbaren Wohnraum. Im Ergebnis führt dies zu steigenden Preisen und Wohnraumverknappung in diesen Bereichen des Wohnungsmarktes.

Kassel: In der Stadt Kassel kommt es seit Ende der 2000er Jahre zu einem Anstieg der Bevölkerung. Korrelierend hierzu steigt in den letzten Jahren nach einer langen Zeit des verhaltenen Wohnungsbaus die Wohnbautätigkeit in der Stadt wieder an. Da Kassel kaum Potenziale für ein Wachstum im Außenbereich aufweist, erfolgt der Wohnungsbau vor allem im Rahmen der Innenentwicklung. Insbesondere in gewachsenen Quartieren kommt es hierdurch teilweise zu Konflikten mit betroffenen Anwohnern.

Wedel: Die unmittelbar an die Metropole Hamburg angrenzende Stadt Wedel verzeichnet in den letzten Jahren ein deutliches Bevölkerungswachstum. Dies schlägt sich auch in einer nachfrageinduzierten zunehmenden Anspannung des Wohnungsmarktes nieder. Um die steigende Nachfrage zu bedienen, wird in Wedel vor allem die Nachverdichtung vorangetrieben. So entsteht derzeit zunehmend in Mehrfamilienhäusern neuer Wohnraum, was Widerstände seitens der betroffenen Anwohner hervorruft.

Die nachfolgende Tabelle fasst die Kennwerte der bisher ausgewählten Fallstudienstädte zusammen.

Kennwerte der Fallstudienstädte
Fallstudien-
stadt
BundeslandEinwohner 2014Wachstum in Relation zum BundesmittelBaufertig-
stellungen je 1.000 Ew. 2014
AugsburgBayern281.111wachsend6,18
BonnNordrhein-Westfalen313.958wachsend3,30
Berlin-PankowBerlin378.500tendenziell wachsend4,24
GöttingenNiedersachsen117.665tendenziell wachsend2,93
KasselHessen194.747wachsend1,64
WedelSchleswig-Holstein32.574wachsend4,97
Datengrundlage: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, BBSR Raumbeobachtung


Spektrum der innenentwicklungsrelevanten Wohnungsbauvorhaben

Die im Rahmen der Erstgespräche erfassten 33 Projekte spiegeln die große Bandbreite von Wohnungsbauvorhaben der Innenentwicklung wider. Sie unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht, sei es bezogen auf die Lage innerhalb des Stadtgebietes, die Charakteristik der Fläche, die realisierten Wohnformen und Segmente, die beteiligten Akteure (Voreigentümer, Initiatoren, Investoren) oder die planungsrechtlichen Grundlagen.

Wohnungsbau im Rahmen der Innenentwicklung findet grundsätzlich im gesamten Stadtgebiet statt. Die erfassten 33 Standorte liegen im Zentrum aber auch im weiteren Stadtgebiet, sowohl in gemischt genutzten Gebieten wie auch in reinen Wohnquartieren. Das Spektrum reicht von hochwertigen Standorten in bereits wohnbaulich genutzten Quartieren bis hinzu bislang nicht wohnbaulich genutzten, belasteten Standorten wie z.B. an Gleisanlagen der Bahn.

Die Flächen der erfassten Wohnungsbauvorhaben wiederum haben unterschiedliche Vornutzungen und unterscheiden sich auch von der Größe erheblich. Wohnungsbau findet dabei vereinzelt in bestehenden Baulücken statt, wird v.a. aber auf Brach- und Konversionsflächen realisiert. Die Flächen waren vormals nicht wohnbaulich, sondern zumeist gewerblich oder durch die öffentliche Hand genutzt. Als Voreigentümer der Flächen treten private Akteure, aber auch öffentliche Institutionen oder Kirchen auf. Die Grundstücksflächen der erfassten 33 Wohnungsbauvorhaben erstrecken sich von rund 2.500 m² bis hin zu 40 ha großen Arealen. Auch die Anzahl der realisierbaren Wohneinheiten unterscheidet sich entsprechend erheblich (unter 50 bis ca. 1.500 Wohneinheiten).

Im weit überwiegenden Teil der erfassten Wohnungsbauprojekte werden Miet- oder Eigentumswohnungen im Geschosswohnungsbau realisiert, verdichtete Einfamilienhausformen (Reihenhäuser) wurden nur vereinzelt integriert. Die preisliche Spanne reicht vom hochwertigen Eigentumswohnungsbau bis hin zu öffentlich geförderten Mietwohnungen. Auch besondere Wohnformen wie Seniorenwohnen werden realisiert. Teilweise integrieren die Vorhaben auch gewerbliche Nutzungen.
Die Initiative zu einer wohnbaulichen Entwicklung der Flächen ging bei den erfassten Vorhaben weit überwiegend von privatwirtschaftlichen Akteuren aus und nur in wenigen Fällen von der Kommune. Mit Ausnahme eines von einem Studierendenwerk errichteten Gebäudes werden alle Projekte von privaten Investoren, kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Wohnungsbaugenossenschaften realisiert. Unter den privaten Investoren befinden sich sowohl lokale Akteure wie auch überregional und international tätige Unternehmen.

Planungsrechtlich reicht die Bandbreite der erfassten Wohnungsbauvorhaben von auf der Basis bestehender Bebauungspläne genehmigten Projekten, über Vorhaben nach §34 BauGB bis hin zu neu aufzustellenden Bebauungsplänen, die teilweise als vorhabenbezogene Bebauungspläne oder Bebauungspläne der Innenentwicklung (§13a BauGB) erstellt werden.

Aus dem breiten Spektrum der erfassten Wohnungsbauprojekte werden 12 Fallbeispiele in den sechs Städten ausgewählt und detailliert untersucht. Zur konkreten Beantwortung der Forschungsfragen werden nun Experteninterviews mit kommunalen Vertretern, Investoren und weiteren Projektbeteiligten vor Ort durchgeführt.

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