Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Zwischenevaluierung des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“

Ergebnisse

Für eine Gesamtbewertung der Sozialen Stadt ist das übergeordnete Ziel der Stabilisierung und Aufwertung der Fördergebiete zentral. Dabei stehen fünf Dimensionen im Mittelpunkt:

  • die Verbesserung von Lebensbedingungen durch die Aufwertung des baulich-räumlichen Umfelds,
  • die Verbesserung der Lebensbedingungen durch eine bessere soziale Infrastruktur,
  • die Verbesserung der Sozialisationsbedingungen durch positive Rollenbilder und Möglichkeiten positiven sozialen Lernens, die Aufwertung des Quartiersimages zur Vermeidung von Stigmatisierung und Diskriminierung sowie
  • die Stärkung des Quartiers im lokalen politisch-administrativen System durch leistungsfähigere Governance-Strukturen.

In allen genannten Dimensionen lassen sich im Rahmen der Zwischenevaluierung positive Beiträge der Sozialen Stadt feststellen. Das Programm leistet mit den baulichen Maßnahmen und seinen flankierenden Instrumenten (Integrierte Entwicklungskonzepte, Quartiersmanagement, Verfügungsfonds) einen sehr wichtigen Beitrag, in sozialstrukturell benachteiligten Quartieren die baulichen Voraussetzungen für soziale und nachbarschaftliche Aktivitäten zu schaffen, die Bewohner zu aktivieren und alle Akteure im Stadtteil zusammenzubringen.

Zum Einsatz der Programminstrumente lassen sich folgende Aussagen treffen:

  • Die Soziale Stadt ist ihrem Anspruch gerecht geworden, ein "lernendes Programm" zu sein. Seine Verfahrensinnovationen haben mittlerweile in modifizierter Form Eingang in andere Stadtbauförderungsprogramme gefunden haben. Hierzu zählen die Integrierten Entwicklungskonzepte, das Quartiersmanagement und der Verfügungsfonds. Weitere programmprägende Instrumente, wie die Ressourcenbündelung sowie die Aktivierung und Beteiligung, ergeben sich aus den besonderen Ansprüchen an die Soziale Stadt.
  • Für die Ressourcenbündelung als charakteristischem Instrument des Programms konnten auf Bundes- und Landesebene in unterschiedlicher Weise entsprochen werden. Der Großteil der Bündelungsaufgaben ist jedoch weiterhin auf der kommunalen Ebene zu erbringen. Gerade in finanzschwachen Kommunen stellt es sich jedoch häufig als schwierig dar, die erforderlichen Mittel zu akquirieren und zu bündeln.
  • Beim Thema Integrierte Entwicklungskonzepte (IEK) kann die Soziale Stadt als Vorreiter gelten. Seit Programmbeginn hat die Qualität der IEK deutlich zugenommen; sie sind als wirkungsvolles Instrument von allen Gebietsakteuren anerkannt.
  • Quartiersmanagements in den Fördergebieten stellen einen Kernbestandteil des Programms dar. Sie bilden einen Schlüssel für die gerade in sozial benachteiligten Quartieren besonders wichtige Aktivierungs- und Beteiligungsstrategie. Wesentlich für eine erfolgreiche Umsetzung sind eine zentrale, gute erreichbare Lage des Vor-Ort-Büros, die Qualifikationen der Quartiersmanager sowie deren Unterstützung durch Verwaltung und Politik. Für eine verbesserte Teilhabe sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen besteht dennoch weiterer Innovationsbedarf zur Entwicklung niedrigschwellige Beteiligungsformate.
  • Mit der Einrichtung von Verfügungsfonds wurde für Bewohner, Initiativen und Einrichtungen die Möglichkeit geschaffen, schnell und unbürokratisch kleinteilige Verbesserungen im Stadtteil umzusetzen. Die anspruchsvollen Ziele und Erwartungen an die Verfügungsfonds haben sich durch die Vielzahl kleinteiliger Aktivitäten zur Stärkung von Mitwirkung und Selbstverantwortung weitgehend erfüllt.

Zur Umsetzung der inhaltlichen Handlungsfelder wurden die folgenden Erkenntnisse gewonnen:

  • Das Ineinandergreifen von baulich-investiven sowie sozial-integrativen Maßnahmen mit Finanzierung aus den Budgets anderer Ressorts gelingt nach wie vor oft nicht in ausreichendem Maße.
  • Dem Handlungsfeld "Wohnen und Wohnumfeld, öffentlicher Raum" kommt aufgrund des hohen Anteils baulich-investiver Maßnahmen eine herausgehobene Rolle zu. Die Sanierung vernachlässigter Bausubstanz und die Beseitigung funktionaler und gestalterischer Mängel haben zu beachtlichen Verbesserungen in den Quartieren geführt. Handlungsbedarfe werden insbesondere noch bei einer verbesserten Einbeziehung privater Eigentümer gesehen.
  • Über gute Ergebnisse bei der Aufwertung von Grünanlagen, Parks und der verkehrlichen Infrastruktur hinaus spielten Maßnahmen zur ökologischen Erneuerung oder Umweltbildung bisher nur vereinzelt eine Rolle.
  • Im Vergleich zur ersten Zwischenevaluierung ist die Aufmerksamkeit für das Zusammenleben und die soziale Integration gestiegen. Komplementär- und Partnerprogramme spielen hierbei eine bedeutende Rolle zur Unterstützung baulich-investiver Maßnahmen.
  • Das Handlungsfeld "Schule und Bildung" hat einen deutlichen Bedeutungszuwachs erfahren. Neben einer baulich-investiven Aufwertung der Bildungsinfrastruktur konnten signifikante Verbesserungen erzielt, aber innovative und ganzheitliche Bildungskonzepte nur in Einzelfällen realisiert werden.
  • Die Bereiche "Stadtteilkultur", "Sport" und "Gesundheitsförderung" verdienen zukünftig eine systematischere Konzeptentwicklung. Im Handlungsfeld "Sicherheit" wurden durch die Netzwerkarbeit von Quartiersmanagements ansatzweise Erfolge erreicht.
  • Dem Handlungsfeld "Lokale Ökonomie" wird zwar eine hohe Bedeutung zugemessen. Die Umsetzungspraxis hält diesem Erwartungsdruck jedoch nicht stand, denn grundsätzlich liegen die Stellschrauben für wirtschaftliche Entwicklungen außerhalb der Reichweite lokaler Akteure. Punktuell werden Maßnahmen gemeinsam mit anderen Fachressorts erfolgreich umgesetzt.
  • Image und Öffentlichkeitsarbeit werden als Querschnittsaufgaben verstanden. Sie sind bedeutsam für weitergehende Handlungsansätze der Aktivierung und Beteiligung. Oftmals konnte das negative Image der Gebiete infolge verbessert werden.

Die Zwischenevaluierung kommt im Ergebnis zu folgenden Empfehlungen:

  • Angesichts der festgestellten Passfähigkeit des Programms sowie der bisher erzielten Ergebnisse und Wirkungen sollte das Programm Soziale Stadt mit dem bisherigen Mitteleinsatz fortgeführt werden, zumal einige strukturell benachteiligte Stadtteile erneut erhebliche Integrationsleistungen erbringen und sich neuen Anforderungen an die soziale Infrastruktur, an das Wohnen und das Wohnumfeld stellen müssen.
  • Die Bemühungen um eine ressortübergreifende Zusammenarbeit und Ressourcenbündelung auf Bundes- und Länderebene sollten konsequent fortgesetzt werden. Ein solcher Impuls könnte auch von einem neuen nationalen Aktionsprogramm ausgehen, das die ursprüngliche Idee der Gemeinschaftsinitiative vollenden würde.
  • Das Programm Soziale Stadt sollte sich als Leitprogramm der sozialen Integration auf Gebiete mit besonderen Integrationsherausforderungen fokussieren. Baulich-investive Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds und der sozialen Infrastruktur sowie die Aktivitäten des Quartiersmanagements zur Aktivierung, Beteiligung und Vernetzung sollten dabei von Impulsen für soziale Maßnahmen flankiert werden.
  • Hierzu sollte das Potenzial von Verfügungsfonds als Instrument der Mitfinanzierung zivilgesellschaftlicher Akteure noch stärker ausgenutzt werden.
  • Um die Nachhaltigkeit des Programms zu sichern, ist eine zeitlich hinreichend bemessene Phase der Nachsorge vorzusehen.
  • Um den Wissenstransfer und die Begleitforschung zu beleben, sollte eine ressortübergreifende, programmbegleitende Expertengruppe auf Bundesebene eingerichtet werden. Hinzutreten sollten Qualifizierung und Erfahrungsaustausch der beteiligten Akteure auf Landesebene.

Diese Seite