Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Forschungsprojekt: Städtische Infrastrukturen im Stadtumbau unter Wachstums- und Schrumpfungsbedingungen

Ergebnis

Der Infrastrukturbereich, der in der Untersuchung betrachtet wurde, umfasst alle städtebaulich relevanten Einrichtungen der sozialen Infrastruktur und des Gemeinbedarfs in den Bereichen Kultur, Bildung, Gesundheit, Sport, Religion, öffentliche Verwaltung, Integration, ältere Generation sowie Kinder/Jugendliche.

Die Kommunen setzen auf Grundlage der Landesförderrichtlinien ihre Projekte zur Anpassung städtischer Infrastruktur um. Die Untersuchung zeigt, dass sich diese Richtlinien durchaus unterscheiden. So machen manche Richtlinien konkrete Angaben in Bezug auf die Anpassung von städtischer Infrastruktur in der Städtebauförderung, andere Richtlinien formulieren diese Aufgabe eher offen. In Bezug auf die Zweckbindung gelten in den einzelnen Landesrichtlinien teils unterschiedliche Regelungen für die Infrastruktureinrichtungen.

Die Förderdaten führen die Begriffe "Soziale Infrastruktur" und "Gemeinbedarfseinrichtungen" auf, die hier synonym zur städtischen Infrastruktur verwendet wurden. Die Analyse der Daten zeigte, dass sich im Durchschnitt rund ein Viertel der Gesamtmaßnahmen im Stadtumbau mit der Anpassung städtischer Infrastruktur auseinandersetzt und das ziemlich konstant für einen vierjährigen Betrachtungszeitraum zwischen 2013 und 2016. Für das Forschungsvorhaben war neben der Verteilung und Häufigkeit bei der Anpassung städtischer Infrastrukturen vor allem interessant, in welchen Teilbereichen besonders oft Anpassungen städtischer Infrastrukturen stattgefunden haben. So wurden vor allem Einrichtungen der Bildungs- und Kulturinfrastruktur sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendbetreuung angepasst. Kontinuierliche Steigerungen gab es zwischen den Jahren 2013 und 2016 außerdem in den Bereichen öffentliche Verwaltung, Sport und Integration. Es fällt auf, dass auch Maßnahmen, die unter dem Bereich Sonstiges gefasst wurden, einen hohen Anteil ausmachen. Die häufigsten Nennungen in dieser Kategorie umfassen die Bereiche: Bürgerhaus/Stadtteilzentrum, öffentliche Toiletten, Museum/Heimatmuseum, Familienzentrum und Freibad/Hallenbad.

Die Anpassungsprozesse finden in Ost- und Westdeutschland jeweils unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen statt. So sind es in den alten Ländern vor allem wachsende Gemeinden, die Anpassungen der Infrastruktur vornehmen, während in den neuen Ländern eher in schrumpfenden Kommunen angepasst wird.

Dementsprechend werden städtische Infrastrukturen auch deutlich häufiger in Ost- als in Westdeutschland zurück gebaut. So war in den Jahren 2013 bis 2015 die Summe rückgebauter Gebäude der städtischen Infrastruktur im Stadtumbau Ost deutlich höher als im Stadtumbau West, 2016 hat sie sich angenähert.

Zur Bewertung der Umsetzung auf kommunaler Ebene wurden sieben Fallstudien durchgeführt. Interviews mit Experten zum Stadtumbau und Vertretern des jeweils für die Städtebauförderung zuständigen Ministeriums aller 16 Länder ergänzten diese Erkenntnisse. Zwischenergebnisse wurden in einem Workshop mit Vertretern der Kommunal-, Landes- und Bundesebene diskutiert. Die ausgewählten Fallstudien umfassten ein breites Spektrum an Infrastruktureinrichtungen:

  • Da viele Maßnahmen Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen betreffen, spiegelte eine Fallstudie in Arten/Unstrut diesen Themenbereich wider.
  • Der Bedarf der Umnutzung von Einrichtungen aufgrund von demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen und zur Vermeidung von Leerständen steigt. Aus diesem Grund ist ein Umnutzungsprojekt in Bad Oldesloe als Fallstudie ausgewählt worden.
  • Als Einrichtungen mit besonderer Impulswirkung gelten "Community Center" bzw. "Bürgerzentren". Daher befasste sich eine Fallstudie in Remscheid mit dieser Art der Infrastruktur.
  • Die Revitalisierung von Brach- und Konversionsflächen ist ein wichtiges Thema im Stadtumbau. Die Funktion von städtischen Infrastruktureinrichtungen bei der Brachenentwicklung floss durch die Untersuchung einer Fallstudie in Lüneburg ein.
  • Die Rückführung und Verlagerung von städtischer Infrastruktur wurden als weitere Themen durch eine Fallstudie in Cottbus näher beleuchtet.
  • Die interkommunale Kooperation von Kommunen im Rahmen des Stadtumbaus, insbesondere in ländlichen Räumen, gewinnt an Bedeutung. Somit wurde dieses Thema anhand einer Fallstudie in Homberg (Efze) analysiert.
  • Als Querschnittsthemen wurden Integration und Inklusion betrachtet und beispielhaft an einer Maßnahme in Berlin untersucht.

Die Fallstudien zeigten unterschiedliche Herangehensweisen und Strategien auf. Als wesentliche Erfolgsfaktoren für die Anpassung städtischer Infrastrukturen ließen sich die kontinuierliche und frühzeitige Beteiligung von Bürgern sowie der Politik, das Einbinden finanzkräftiger Partner für Umsetzung und Betrieb, eine ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Kommunal- und Landesebene sowie die Ausarbeitung von Nutzungs- und Betreiberkonzepten als Grundlage für die Öffnung in das Quartier nennen. Wesentliche Hemmnisse waren eine angespannte kommunale Haushaltslage, zu wenig Fachpersonal für die Betreuung der Projekte, aufwendige Förderverfahren und eine unübersichtliche Förderkulisse sowie fehlende interkommunale Abstimmungen.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Bedeutung der Anpassung städtischer Infrastrukturen im Stadtumbau unter den sich aktuell schnell ändernden Rahmenbedingungen. Wachstums- und Schrumpfungsprozesse finden in manchen Kommunen parallel statt und erfordern Flexibilität auch im Einsatz von Förderinstrumenten und damit verbundenen Zweckbindungen. Die Anforderungen gerade in Bezug auf die Einwerbung ergänzender Fördermittel und die Mittelbündelung zum Beispiel bei multifunktional nutzbaren Infrastrukturen steigen.

Städtische Infrastruktureinrichtungen wie beispielsweise Stadtteil- oder Kulturzentren bieten die Möglichkeit, als Leuchtturmprojekte zu wirken und wichtige Impulse für das Quartier zu setzen. Hierzu müssen jedoch auch bei knappen Haushaltsmitteln der langfristige Betrieb und die Koordinierung der Nutzer gesichert werden. Die Bereiche Klimawandel und Integration sind Herausforderungen, die in den vergangenen Jahren weiter an Bedeutung gewonnen haben. In der Untersuchung zeigte sich, dass der Klimaschutz und der Umgang mit den Klimafolgen von den Kommunen als Querschnittsthemen wahrgenommen und bei der Anpassung städtischer Infrastrukturen mitgedacht werden. Auch das Ziel, die Integration und das Miteinander vor Ort zu fördern, wird zunehmend bei Maßnahmen der Infrastrukturanpassung durch Stadtumbaukommunen verfolgt, indem einerseits zusätzliche Angebote der Integrationsarbeit geschaffen und andererseits Einrichtungen barrierefrei bzw. inklusiv gestaltet werden.

Eine stärkere Unterstützung der kommunalen Ebene bei der Anpassung städtischer Infrastrukturen erscheint auf Grund der Ergebnisse des Gutachtens notwendig. Dies kann nicht nur über eine einfachere Förderantragstellung und Erleichterung der Mittelbündelung geschehen, sondern auch die Erweiterung von Fördergegenständen, z.B. hinsichtlich der Ausstattung und Betriebssicherung, beinhalten. Es wird immer wichtiger, Strategien und Maßnahmen ressortübergreifend und über die eigenen Gemeindegrenzen hinaus abzustimmen. Städtische Infrastrukturen mit regionalem Wirkungsgrad bedürfen interkommunaler Kooperation, die sich sowohl auf die Akquise von Fördermitteln als auch auf eine darüberhinausgehende inhaltliche Zusammenarbeit beziehen muss. Parallel stattfindende Wachstums- und Schrumpfungsprozesse machen einen Blick über das Quartier hinaus auf die Gesamtstadt notwendig. Weiterhin besteht die Notwendigkeit, lokale Akteure, Vertreter der Kommunalpolitik sowie die Bürger frühzeitig in den Planungs- und Umsetzungsprozess einzubeziehen. Nur so können langfristige Akzeptanz und breite Unterstützung für Infrastrukturprojekte gesichert werden.

Aufgrund des anhaltenden Strukturwandels ist davon auszugehen, dass die Anpassung von städtischen Infrastrukturen eine beständige Rolle in der Quartiersentwicklung und im Stadtumbau einnehmen wird. Die Städtebauförderung ist in ihrer Art flexibel einsetzbar, um auf die unterschiedlichen Erfordernisse und strukturellen Veränderungen einzugehen und bedarfsgerechte Maßnahmen zu unterstützen.

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