Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

Stadt-Land-Regionen

Die Stadt-Land-Regionen bilden eine gemeindebezogene, flächendeckende funktionale Regionalisierung des Bundesgebiets. Eine solche Gliederung ist für zahlreiche Fragen der Raumwissenschaft und speziell der Raumbeobachtung eine sinnvolle und wünschenswerte Analyseebene.

Karte zu Stadt-Land-Regionen 2020 Karte Stadt-Land-Regionen

Die Abgrenzung basiert im Kern auf Kriterien der Pendlerverflechtungen und Erreichbarkeiten. Sie stellt einen Ansatz dar, der Vorstellung von regionaler Identität im Sinne sozialökonomischer Verflechtungsräume (Krätke 1995) möglichst nahe zu kommen und komplexe ökologische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge in ihrer räumlichen Dimension abzubilden (Sinz 1995). Dabei wird, bedingt durch die Maßstabsebene und den Regionalisierungsalgorithmus, ein gewisser Schwerpunkt auf ländliche bzw. periphere Räume gelegt. Der so erzeugte Raumbezug stellt eine über die Inanspruchnahme von Infrastruktureinrichtungen der Daseinsvorsorge hinausgehende, funktionsräumliche Gliederung dar, die die alltäglichen Aktionsräume von Leben und Arbeiten, über die reine Versorgungsfunktion hinaus, abbildet (vgl. Mittelbereiche).

Die Stadt-Land-Regionen sollen insbesondere folgende Eigenschaften aufweisen:

  • Sie sollen Stadt-Umland-Verflechtungen mit (potenziellen) räumlichen Interaktionen und Versorgungsfunktionen abbilden
  • Sie sollen eine flächendeckende, disjunkte (überschneidungsfreie) Raumgliederung ohne Exklaven bilden, die zudem auf Gemeinden basiert
  • Sie sollen eine gewisse Mindestgröße aufweisen
  • Es können auch bipolare oder multipolare Regionen gebildet werden
  • Diese Vorgaben bestimmen, dass die Zahl der Regionen in Deutschland zwischen 100 und 1000 liegen muss

Methodik der Abgrenzung

Bei Verfahren, die ohne die Vorgabe von Kernen arbeiten, tragen alle Verflechtungen zur Regionsbildung bei, nicht nur die Kern-Umland-Verflechtungen. Die Zahl der Regionen (und damit Zahl der Kerne) ist flexibel, es muss folglich aber ein Kriterium zur Bestimmung der optimalen Regionszahl gefunden werden. Solche Verfahren führen häufig zu schwer nachvollziehbaren Ergebnissen. Werden dagegen die Kerne vorab definiert, kann die Bildung der Regionen ausschließlich durch die Kern-Umland-Verflechtungen erfolgen. Die Zahl der Kerne bestimmt dann aber auch die Zahl der Regionen. Für die Abgrenzung der Stadt-Land-Regionen wurde ein Ansatz gewählt, der einen Kompromiss aus beiden Methoden darstellt. Es werden ausschließlich Kern-Umland-Verflechtungen verwendet, die endgültige Zahl der Kerne und Regionen ergibt sich dagegen erst im Laufe eines schrittweisen Regionalisierungsprozesses.

Zunächst wird von einer bewusst großzügigen Auswahl an vorläufigen Kernen ausgegangen. Diese potenziellen Kerne weisen ein Mindestmaß an Zentralität und Größe auf nach folgenden Kriterien:

  • Arbeitsplatzzentralität (Zahl der Einpendler ist größer als Zahl der Auspendler)
  • Kein Überwiegen der Wohnfunktion (Zahl der Auspendler kleiner als der Beschäftigen, die in der Gemeinde wohnen und zugleich arbeiten)
  • Bedeutungsüberschuss (Zahl der Beschäftige im tertiären Sektor ist größer als zur rechnerischen Versorgung der eigenen Bevölkerung nötig)
  • Die Verwaltungssitze der Landkreise werden zusätzlich als vorläufige Kerne definiert zur Berücksichtigung von Verwaltungszentralität als weiteres Zentralitätkriterium
  • Die Mindestgröße des Kerns an Tagbevölkerung (Einwohner plus Einpendler minus Auspendler) ist größer als 15.000
  • Es ist der Kern einer Region mit einer Mindestgröße an Tagbevölkerung. Diese Bedingung ist nicht a priori zu testen, sondern ergibt sich aus der Regionalisierung

Für die Verflechtungen der Gemeinden mit den Kernen werden die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pendler herangezogen.  Damit werden die faktischen Aktionsräume der Menschen abgebildet, die durch die Daseinsgrundfunktionen Wohnen und Arbeiten gegeben sind. Die Pendlerdaten werden ergänzt durch die Pkw-Fahrzeiten aus dem Erreichbarkeitsmodell des BBSR. Letztere können als potenzielle Aktionsräume der Menschen aufgefasst werden.

Bei den Stadt-Land-Regionen wird folglich jede Gemeinde einem Kern und damit einer Region zugeordnet, auch wenn die tatsächlichen Verflechtungen nur gering ausgeprägt sind. Die Intensität der aktionsräumlichen Bindungen, die innere Homogenität einer Region kann daher theoretisch sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Es hat sich aber gezeigt, dass verschiedene Varianten dieser Regionalisierung zu robusten und stabilen Ergebnissen führen, die sich nur in Details unterscheiden.
Die Mindestgröße an Tagbevölkerung der Regionen wird bundesweit nicht auf einen einheitlichen Wert gesetzt, sondern erfolgt in Abhängigkeit von Bevölkerungsdichte und -verteilung. Hierzu wird das regionale Bevölkerungspotenzial herangezogen, mit dem die eigentliche Regionsbevölkerung gewichtet wird. Dadurch bleiben in dünn besiedelten Räumen kleinere Regionen erhalten. In dicht besiedelten Räumen werden kleinere Kerne bzw. Regionen nach unten gewichtet und fallen teilweise unter den dort gültigen Schwellenwert. Die großen Zentren werden trotz vordergründig schwerwiegender Umgewichtung der Bevölkerung aber kaum beeinträchtigt.

Referenztabellen

In unserem Download-Bereich finden Sie die Referenztabellen zu den entsprechenden Raumgliederungen.

<< zurück

Diese Seite